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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Fünffter Theil/
[Spaltenumbruch] üben. Es muß der Jäger, als eine von
GOtt vernünfftige Seele in Erkäntniß
der Fährde selbst fein die Augen aufma-
chen, und seinen Verstand gebrauchen,
welches öffters, einem jungen Hund zu
helffen, zum Vortheil dienen kan, wann
man fein darneben auff der Seite et-
wan einen Weg, weiche Erde oder Thau-
schlag erblicket, um das gewiste zu spie-
len, weiln ein unvernünfftiger Hund
vielleicht wohl am Geruche zwischen ei-
nem Hirsche und Stück Wild, keinen oder
doch wenigen Unterscheid machen dürff-
te. Wann im Zuge der Hund seine Noth-
durfft gerne thun will, muß mit selben
stille gehalten, und ihm zugesprochen wer-
den: leer aus, leer aus, welches zwar
Gedult erfordert; Dahero schertzweise
gesaget wird, aus der Ursachen verach-
te der Teuffel die Jagd, weil ihn das
verdrossen hätte, stille zu halten: Und
ist hiervon das Sprichwort: Der Hund
scheisset stets zum Possen, das hat ihn
sehr verdrossen. Ferner ist auch währen-
den Zugs, da ohne dieß der Leith-Hund
schon den Thau vor sich hat, nicht mit
ihm an das Wasser zu ziehen und trin-
cken zu lassen, sonst dencket und kucket er
nach jeder Pfütze, und übergehet die
Fährd, kan auch gar leichtlich verschla-
gen: Jngleichen sind auch in Acht zu
nehmen alle vorfallende Hindernisse;
Nehmlich: Wann man auff gebrannte
Städte, Heyde-Plätze, Kohlbrenner-
Flecke, oder beregneten Boden kommet,
ingleichen wo viel Blumen-Geruch, oder
ein Pech-Ofen nahe ist, auch wo Aaß-
und Luder-Plätze, Pferde- oder Ochsen-
Mist angetroffen werden, Flachs-Rö-
sten oder anderer Gestanck ist, weil sol-
ches dem Hunde an der Witterung
schädlich ist, seine Nase einnimmet, daß
er die reinen Atomos der Gefährde des
Wilds gantz nicht empfinden kan; Auch
soll man nicht wider den Wind suchen,
weil ihnen der Wind leicht den Geruch
des Wildes entgegen bringen solte, daß
er die Nasen in die Höhe recken, sich um-
sehen, kucken und die Gefährd überge-
hen lernen würde, auch nicht mit zu lan-
gem Hänge-Seil an Sträuchern, Ge-
träyde, Schilff oder langem Graß füh-
ren, denn sie lernen daran den Kopff in
die Höhe zu richten, über sich hin und
wieder zu schwärmen, und die Gefähr-
de der Erden gar zu vergessen, sondern
fein kurtz halten, und nach Beschaffen-
heit, so er Wild siehet, mit dem eichenen
[Spaltenumbruch] Bruch vorblenden, oder ablieben: Bey
dessen Hartnäckigkeit aber mit dem Hän-
geseil schnellen. Darmit er bey der Lust
bleibe, muß er nicht zu offte bem ühet
werden, sonst ers leicht überdrüßig wer-
den mögte. Gemeiniglich sind die alten
ausgeführten Hunde, denen ihre Hitze
bereits vergangen, und vor blöden Au-
gen nicht sehen, sondern sich eintzig und
allein auf die Nasen verlassen müssen,
die besten zu solchem Gebrauch. Da aber
ein Hund von guter Art, dennoch aber
faul und träge wäre, und man ihn be-
giericher haben wolte, kan ihm ein oder
zweymahl hinter dem Hirsch zu jagen
nicht schaden. Wann nun solcher Ge-
stalt der Hirsch vorgesuchet, zu Holtze ge-
richtet und verbrochen, man auch dieser
Gefährd versichert ist, daß es der Ein-
gang zum Behältnisse und Dickigte sey,
ziehet man auff den harten Wegen, und
Plätzgen umbher, wo man vermeynet,
daß solcher Hirsch geblieben sey: Jst nun
dieselbige Fährd (wornach man gar ei-
gendlich genau sehen muß) wiederumb
über den Weg, und weiter fort, so greifft
er ihm wiederumb vor, hat er es dann
nicht weiter, so ist es alldar blieben, und
stecket in dem Dickigte drinnen; Gehet
es aber wiederumb über den Weg, und
ist noch dieselbige Gefährd, wechselt auch
wiederum zu rücke und offtmahls fünff,
zehen, und mehr mahlen, darff er sich
daran nicht kehren, sondern nimmt die
Gänge sehr genau in acht, wie viel ihrer
seynd: Wann sie nun gerade sind, als
viere oder sechse, bleibet er rückwärts,
wo er herkommen ist, im Gedickigt ste-
hen, sind aber die Gänge ungerade, als
3. 5. oder 7. und so fort, so stecket dersel-
be weiter drüben, wo er hin gewolt hat;
So muß man abermahls weiter vor-
greiffen. Wann aber der Hirsch oder
ein ander Wildpräth zugleich mit vielen
Wieder-Gängen den Jäger irre machen
wolte, muß er dasselbige weitläufftiger
beziehen, biß er alle Ein- und Ausgänge
umbher eingeschlossen hat, und kein Ge-
fährd nicht wiederumb heraus findet,
und dieses heisset nun eigendlich also, man
habe einen jagdbahren Hirsch nach altem
Teutschen Jäger-Gebrauch gebührlich
bestättiget, dann steckt man einen frisch
grünen eichenen Bruch auff den Huth,
zum Zeichen, daß man solchen Tages ei-
nen Hirsch bestättiget habe. Solche U-
bung und Behängen wird alle Jahre,
zum besten der jungen Jäger, Lehrlinge,

und

Fuͤnffter Theil/
[Spaltenumbruch] uͤben. Es muß der Jaͤger, als eine von
GOtt vernuͤnfftige Seele in Erkaͤntniß
der Faͤhrde ſelbſt fein die Augen aufma-
chen, und ſeinen Verſtand gebrauchen,
welches oͤffters, einem jungen Hund zu
helffen, zum Vortheil dienen kan, wann
man fein darneben auff der Seite et-
wan einen Weg, weiche Erde oder Thau-
ſchlag erblicket, um das gewiſte zu ſpie-
len, weiln ein unvernuͤnfftiger Hund
vielleicht wohl am Geruche zwiſchen ei-
nem Hirſche und Stuͤck Wild, keinen oder
doch wenigen Unterſcheid machen duͤrff-
te. Wann im Zuge der Hund ſeine Noth-
durfft gerne thun will, muß mit ſelben
ſtille gehalten, und ihm zugeſprochen wer-
den: leer aus, leer aus, welches zwar
Gedult erfordert; Dahero ſchertzweiſe
geſaget wird, aus der Urſachen verach-
te der Teuffel die Jagd, weil ihn das
verdroſſen haͤtte, ſtille zu halten: Und
iſt hiervon das Sprichwort: Der Hund
ſcheiſſet ſtets zum Poſſen, das hat ihn
ſehr verdroſſen. Ferner iſt auch waͤhren-
den Zugs, da ohne dieß der Leith-Hund
ſchon den Thau vor ſich hat, nicht mit
ihm an das Waſſer zu ziehen und trin-
cken zu laſſen, ſonſt dencket und kucket er
nach jeder Pfuͤtze, und uͤbergehet die
Faͤhrd, kan auch gar leichtlich verſchla-
gen: Jngleichen ſind auch in Acht zu
nehmen alle vorfallende Hinderniſſe;
Nehmlich: Wann man auff gebrannte
Staͤdte, Heyde-Plaͤtze, Kohlbrenner-
Flecke, oder beregneten Boden kommet,
ingleichen wo viel Blumen-Geruch, oder
ein Pech-Ofen nahe iſt, auch wo Aaß-
und Luder-Plaͤtze, Pferde- oder Ochſen-
Miſt angetroffen werden, Flachs-Roͤ-
ſten oder anderer Geſtanck iſt, weil ſol-
ches dem Hunde an der Witterung
ſchaͤdlich iſt, ſeine Naſe einnimmet, daß
er die reinen Atomos der Gefaͤhrde des
Wilds gantz nicht empfinden kan; Auch
ſoll man nicht wider den Wind ſuchen,
weil ihnen der Wind leicht den Geruch
des Wildes entgegen bringen ſolte, daß
er die Naſen in die Hoͤhe recken, ſich um-
ſehen, kucken und die Gefaͤhrd uͤberge-
hen lernen wuͤrde, auch nicht mit zu lan-
gem Haͤnge-Seil an Straͤuchern, Ge-
traͤyde, Schilff oder langem Graß fuͤh-
ren, denn ſie lernen daran den Kopff in
die Hoͤhe zu richten, uͤber ſich hin und
wieder zu ſchwaͤrmen, und die Gefaͤhr-
de der Erden gar zu vergeſſen, ſondern
fein kurtz halten, und nach Beſchaffen-
heit, ſo er Wild ſiehet, mit dem eichenen
[Spaltenumbruch] Bruch vorblenden, oder ablieben: Bey
deſſen Hartnaͤckigkeit aber mit dem Haͤn-
geſeil ſchnellen. Darmit er bey der Luſt
bleibe, muß er nicht zu offte bem uͤhet
werden, ſonſt ers leicht uͤberdruͤßig wer-
den moͤgte. Gemeiniglich ſind die alten
ausgefuͤhrten Hunde, denen ihre Hitze
bereits vergangen, und vor bloͤden Au-
gen nicht ſehen, ſondern ſich eintzig und
allein auf die Naſen verlaſſen muͤſſen,
die beſten zu ſolchem Gebrauch. Da aber
ein Hund von guter Art, dennoch aber
faul und traͤge waͤre, und man ihn be-
giericher haben wolte, kan ihm ein oder
zweymahl hinter dem Hirſch zu jagen
nicht ſchaden. Wann nun ſolcher Ge-
ſtalt der Hirſch vorgeſuchet, zu Holtze ge-
richtet und verbrochen, man auch dieſer
Gefaͤhrd verſichert iſt, daß es der Ein-
gang zum Behaͤltniſſe und Dickigte ſey,
ziehet man auff den harten Wegen, und
Plaͤtzgen umbher, wo man vermeynet,
daß ſolcher Hirſch geblieben ſey: Jſt nun
dieſelbige Faͤhrd (wornach man gar ei-
gendlich genau ſehen muß) wiederumb
uͤber den Weg, und weiter fort, ſo greifft
er ihm wiederumb vor, hat er es dann
nicht weiter, ſo iſt es alldar blieben, und
ſtecket in dem Dickigte drinnen; Gehet
es aber wiederumb uͤber den Weg, und
iſt noch dieſelbige Gefaͤhrd, wechſelt auch
wiederum zu ruͤcke und offtmahls fuͤnff,
zehen, und mehr mahlen, darff er ſich
daran nicht kehren, ſondern nimmt die
Gaͤnge ſehr genau in acht, wie viel ihrer
ſeynd: Wann ſie nun gerade ſind, als
viere oder ſechſe, bleibet er ruͤckwaͤrts,
wo er herkommen iſt, im Gedickigt ſte-
hen, ſind aber die Gaͤnge ungerade, als
3. 5. oder 7. und ſo fort, ſo ſtecket derſel-
be weiter druͤben, wo er hin gewolt hat;
So muß man abermahls weiter vor-
greiffen. Wann aber der Hirſch oder
ein ander Wildpraͤth zugleich mit vielen
Wieder-Gaͤngen den Jaͤger irre machen
wolte, muß er daſſelbige weitlaͤufftiger
beziehen, biß er alle Ein- und Ausgaͤnge
umbher eingeſchloſſen hat, und kein Ge-
faͤhrd nicht wiederumb heraus findet,
und dieſes heiſſet nun eigendlich alſo, man
habe einen jagdbahren Hirſch nach altem
Teutſchen Jaͤger-Gebrauch gebuͤhrlich
beſtaͤttiget, dann ſteckt man einen friſch
gruͤnen eichenen Bruch auff den Huth,
zum Zeichen, daß man ſolchen Tages ei-
nen Hirſch beſtaͤttiget habe. Solche U-
bung und Behaͤngen wird alle Jahre,
zum beſten der jungen Jaͤger, Lehrlinge,

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[258/0394] Fuͤnffter Theil/ uͤben. Es muß der Jaͤger, als eine von GOtt vernuͤnfftige Seele in Erkaͤntniß der Faͤhrde ſelbſt fein die Augen aufma- chen, und ſeinen Verſtand gebrauchen, welches oͤffters, einem jungen Hund zu helffen, zum Vortheil dienen kan, wann man fein darneben auff der Seite et- wan einen Weg, weiche Erde oder Thau- ſchlag erblicket, um das gewiſte zu ſpie- len, weiln ein unvernuͤnfftiger Hund vielleicht wohl am Geruche zwiſchen ei- nem Hirſche und Stuͤck Wild, keinen oder doch wenigen Unterſcheid machen duͤrff- te. Wann im Zuge der Hund ſeine Noth- durfft gerne thun will, muß mit ſelben ſtille gehalten, und ihm zugeſprochen wer- den: leer aus, leer aus, welches zwar Gedult erfordert; Dahero ſchertzweiſe geſaget wird, aus der Urſachen verach- te der Teuffel die Jagd, weil ihn das verdroſſen haͤtte, ſtille zu halten: Und iſt hiervon das Sprichwort: Der Hund ſcheiſſet ſtets zum Poſſen, das hat ihn ſehr verdroſſen. Ferner iſt auch waͤhren- den Zugs, da ohne dieß der Leith-Hund ſchon den Thau vor ſich hat, nicht mit ihm an das Waſſer zu ziehen und trin- cken zu laſſen, ſonſt dencket und kucket er nach jeder Pfuͤtze, und uͤbergehet die Faͤhrd, kan auch gar leichtlich verſchla- gen: Jngleichen ſind auch in Acht zu nehmen alle vorfallende Hinderniſſe; Nehmlich: Wann man auff gebrannte Staͤdte, Heyde-Plaͤtze, Kohlbrenner- Flecke, oder beregneten Boden kommet, ingleichen wo viel Blumen-Geruch, oder ein Pech-Ofen nahe iſt, auch wo Aaß- und Luder-Plaͤtze, Pferde- oder Ochſen- Miſt angetroffen werden, Flachs-Roͤ- ſten oder anderer Geſtanck iſt, weil ſol- ches dem Hunde an der Witterung ſchaͤdlich iſt, ſeine Naſe einnimmet, daß er die reinen Atomos der Gefaͤhrde des Wilds gantz nicht empfinden kan; Auch ſoll man nicht wider den Wind ſuchen, weil ihnen der Wind leicht den Geruch des Wildes entgegen bringen ſolte, daß er die Naſen in die Hoͤhe recken, ſich um- ſehen, kucken und die Gefaͤhrd uͤberge- hen lernen wuͤrde, auch nicht mit zu lan- gem Haͤnge-Seil an Straͤuchern, Ge- traͤyde, Schilff oder langem Graß fuͤh- ren, denn ſie lernen daran den Kopff in die Hoͤhe zu richten, uͤber ſich hin und wieder zu ſchwaͤrmen, und die Gefaͤhr- de der Erden gar zu vergeſſen, ſondern fein kurtz halten, und nach Beſchaffen- heit, ſo er Wild ſiehet, mit dem eichenen Bruch vorblenden, oder ablieben: Bey deſſen Hartnaͤckigkeit aber mit dem Haͤn- geſeil ſchnellen. Darmit er bey der Luſt bleibe, muß er nicht zu offte bem uͤhet werden, ſonſt ers leicht uͤberdruͤßig wer- den moͤgte. Gemeiniglich ſind die alten ausgefuͤhrten Hunde, denen ihre Hitze bereits vergangen, und vor bloͤden Au- gen nicht ſehen, ſondern ſich eintzig und allein auf die Naſen verlaſſen muͤſſen, die beſten zu ſolchem Gebrauch. Da aber ein Hund von guter Art, dennoch aber faul und traͤge waͤre, und man ihn be- giericher haben wolte, kan ihm ein oder zweymahl hinter dem Hirſch zu jagen nicht ſchaden. Wann nun ſolcher Ge- ſtalt der Hirſch vorgeſuchet, zu Holtze ge- richtet und verbrochen, man auch dieſer Gefaͤhrd verſichert iſt, daß es der Ein- gang zum Behaͤltniſſe und Dickigte ſey, ziehet man auff den harten Wegen, und Plaͤtzgen umbher, wo man vermeynet, daß ſolcher Hirſch geblieben ſey: Jſt nun dieſelbige Faͤhrd (wornach man gar ei- gendlich genau ſehen muß) wiederumb uͤber den Weg, und weiter fort, ſo greifft er ihm wiederumb vor, hat er es dann nicht weiter, ſo iſt es alldar blieben, und ſtecket in dem Dickigte drinnen; Gehet es aber wiederumb uͤber den Weg, und iſt noch dieſelbige Gefaͤhrd, wechſelt auch wiederum zu ruͤcke und offtmahls fuͤnff, zehen, und mehr mahlen, darff er ſich daran nicht kehren, ſondern nimmt die Gaͤnge ſehr genau in acht, wie viel ihrer ſeynd: Wann ſie nun gerade ſind, als viere oder ſechſe, bleibet er ruͤckwaͤrts, wo er herkommen iſt, im Gedickigt ſte- hen, ſind aber die Gaͤnge ungerade, als 3. 5. oder 7. und ſo fort, ſo ſtecket derſel- be weiter druͤben, wo er hin gewolt hat; So muß man abermahls weiter vor- greiffen. Wann aber der Hirſch oder ein ander Wildpraͤth zugleich mit vielen Wieder-Gaͤngen den Jaͤger irre machen wolte, muß er daſſelbige weitlaͤufftiger beziehen, biß er alle Ein- und Ausgaͤnge umbher eingeſchloſſen hat, und kein Ge- faͤhrd nicht wiederumb heraus findet, und dieſes heiſſet nun eigendlich alſo, man habe einen jagdbahren Hirſch nach altem Teutſchen Jaͤger-Gebrauch gebuͤhrlich beſtaͤttiget, dann ſteckt man einen friſch gruͤnen eichenen Bruch auff den Huth, zum Zeichen, daß man ſolchen Tages ei- nen Hirſch beſtaͤttiget habe. Solche U- bung und Behaͤngen wird alle Jahre, zum beſten der jungen Jaͤger, Lehrlinge, und

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/394>, abgerufen am 03.05.2024.