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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von den wilden Thieren.
[Spaltenumbruch] lich zu gebrauchen, welche, wenn man
diesen Vogel in der Lerchen Mause-Zeit,
das ist, zu Ende des Augusti, auf der
Hand trägt, sich sonderlich drücken, und
durch Tyras oder Haar-Schlingen mit
Plaisir gefangen werden können. Es hat
dieser Falcke die Art, daß, wenn er einen
Weydemann, oder sonsten Jemanden
mit Hunden im Felde suchen siehet, er be-
[Spaltenumbruch] ständig bey demselben bleibet und über
ihm herumb revieret, damit, wann et-
wan eine Lerche gesprenget wird, er die-
selbe verfolgen könne, welche sich dann
sehr drücket, und davor fürchtet, auch
nur vor einen ausgestopfften Balg feste
lieget, daß man sie mit einem Deck-Garn
leichte tyrassiren kan.

Von der Eule und kleinen Kautz.
[Spaltenumbruch]

Die Eule, als ein Nacht-Räuber,
thut in Phasan-Gärten, auch dem wild
und zahmen Geflügel, bey langen fin-
stern und kalten Nächten, da man nicht
auffpassen kan, und sie des Nachts scharff
sehen, grossen Schaden; bey Tage aber,
da sie ohne diß blöde Gesicht haben, hal-
ten sie sich heimlich und sehr verborgen,
in hohlen Bäumen und Löchern oder
doch in dicken Aesten, und drücken sich
hart am Stamm gantz geschmeidig, weil
sie sonsten, wenn sie erblicket werden, von
allen Vögeln nicht allein hefftig beschrien
und verrathen, sondern auch sehr ver-
folget werden. Man pfleget auch die
Eulen mit dem Habicht zu peitzen, wie
im Oesterreichischen sehr gebräuchlich:
Sie leben sieben biß acht Jahr und ist
nichts an ihnen, als meistens Federn:
Haben einen grossen Kopff und kleinen
Leib, sind geschleyert anzusehen, wie ein
altes Weib, mit grossen Augen und krum-
men Schnabel. Die Käutzlein haben
einerley Gestalt, Art und Natur, wie
die Eulen, nur daß sie umb ein merckli-
[Spaltenumbruch] ches kleiner sind, halten sich in wüsten
Gebäuden und verstöhreten Oertern
auch hohlen Bäumen auf: Sie nehren
sich meistens von derer armen Vögel
Jungen und Eyern, auch Mäusen und
dergleichen, daher ihnen die Vögel sehr
feind sind, und wo sie dieselben nur er-
blicken, sie verrathen und auf sie stechen.
Man braucht sie zum Vogel-Fang bey
denen Leim-Spillen, da die kleinen Vö-
gel, fast gantz blind, wundersam auf diß
ungewohnte Monstrum zufallen und sich
selbst hierdurch schädlich in Leim verwi-
ckeln: Sie bleiben Winters und Som-
mers hier zu Lande und werden zu er-
meldten Vogelfang aus denen Nestern
gehoben und jung aufferzogen. Sonst
kan man die Alten schwerlich fangen:
Man füttert sie mit allerley Fleisch, Sper-
lingen, verstorbenen Lock-Vögeln, Mäu-
sen, Fröschen und dergleichen, nur daß
man ihnen bey Zeiten ihr Gewälle ver-
schaffet; Man kan sich mit ihnen eine
artliche Lust machen, wenn man kleine
Vögel fangen will.

Von denen Raben.
[Spaltenumbruch]

Es mag wohl dieser schändliche Vo-
gel einer mit von denen schädlichsten
Raub-Thieren seyn, zumahl denen Haa-
sen und dem Feder-Wildpräth in der
Satz- und Bruth-Zeit, und hält man
davor, daß dieser Vogel auf eine Stun-
de von denen Aesern und Ludern Wind
erhalten könne. Er horstet auf denen
grösten Tannen und andern Bäumen,
bringet zwey, drey, biß vier Junge aus,
welche mehrentheils auff Ostern aus de-
nen Eyern sind: Er ziehet nicht wie an-
dere Vögel, sondern bleibet Winters-
Zeit allhier zu Lande. Wo ein Paar
Raben in einem Wald hecken, verrathen
sie alles, was sie gewahr werden, durch
[Spaltenumbruch] ihr Geschrey: Sie leiden keine andere
auf ihrem Revier. Der Rabe ist der
vornehmste Galgen-Vogel, so sich von
Cörpern, wo Galgen und Räder stehen,
ernehret; Und hacket denen todten Cör-
pern zuerst die Augen aus: Warumb
er aber solches thue, davon sind die Au-
tores
unterschiedener Meynung. Pli-
nius
und Isiodorus halten dafür, es ge-
schehe dieses darumb, weil er in denen
Augen als in einem Spiegel sein Bild-
niß sehe, dahero er meyne, es wären
andere Raben vorhanden, die ihm den
guten Bissen vorm Maule wegnehmen
wolten, wie sonst die Hunde, wenn
man sie gegen einen Spiegel halte, an-

fahren
U 2

Von den wilden Thieren.
[Spaltenumbruch] lich zu gebrauchen, welche, wenn man
dieſen Vogel in der Lerchen Mauſe-Zeit,
das iſt, zu Ende des Auguſti, auf der
Hand traͤgt, ſich ſonderlich druͤcken, und
durch Tyras oder Haar-Schlingen mit
Plaiſir gefangen werden koͤnnen. Es hat
dieſer Falcke die Art, daß, wenn er einen
Weydemann, oder ſonſten Jemanden
mit Hunden im Felde ſuchen ſiehet, er be-
[Spaltenumbruch] ſtaͤndig bey demſelben bleibet und uͤber
ihm herumb revieret, damit, wann et-
wan eine Lerche geſprenget wird, er die-
ſelbe verfolgen koͤnne, welche ſich dann
ſehr druͤcket, und davor fuͤrchtet, auch
nur vor einen ausgeſtopfften Balg feſte
lieget, daß man ſie mit einem Deck-Garn
leichte tyrasſiren kan.

Von der Eule und kleinen Kautz.
[Spaltenumbruch]

Die Eule, als ein Nacht-Raͤuber,
thut in Phaſan-Gaͤrten, auch dem wild
und zahmen Gefluͤgel, bey langen fin-
ſtern und kalten Naͤchten, da man nicht
auffpaſſen kan, und ſie des Nachts ſcharff
ſehen, groſſen Schaden; bey Tage aber,
da ſie ohne diß bloͤde Geſicht haben, hal-
ten ſie ſich heimlich und ſehr verborgen,
in hohlen Baͤumen und Loͤchern oder
doch in dicken Aeſten, und druͤcken ſich
hart am Stamm gantz geſchmeidig, weil
ſie ſonſten, wenn ſie erblicket werden, von
allen Voͤgeln nicht allein hefftig beſchrien
und verrathen, ſondern auch ſehr ver-
folget werden. Man pfleget auch die
Eulen mit dem Habicht zu peitzen, wie
im Oeſterreichiſchen ſehr gebraͤuchlich:
Sie leben ſieben biß acht Jahr und iſt
nichts an ihnen, als meiſtens Federn:
Haben einen groſſen Kopff und kleinen
Leib, ſind geſchleyert anzuſehen, wie ein
altes Weib, mit groſſen Augen und krum-
men Schnabel. Die Kaͤutzlein haben
einerley Geſtalt, Art und Natur, wie
die Eulen, nur daß ſie umb ein merckli-
[Spaltenumbruch] ches kleiner ſind, halten ſich in wuͤſten
Gebaͤuden und verſtoͤhreten Oertern
auch hohlen Baͤumen auf: Sie nehren
ſich meiſtens von derer armen Voͤgel
Jungen und Eyern, auch Maͤuſen und
dergleichen, daher ihnen die Voͤgel ſehr
feind ſind, und wo ſie dieſelben nur er-
blicken, ſie verrathen und auf ſie ſtechen.
Man braucht ſie zum Vogel-Fang bey
denen Leim-Spillen, da die kleinen Voͤ-
gel, faſt gantz blind, wunderſam auf diß
ungewohnte Monſtrum zufallen und ſich
ſelbſt hierdurch ſchaͤdlich in Leim verwi-
ckeln: Sie bleiben Winters und Som-
mers hier zu Lande und werden zu er-
meldten Vogelfang aus denen Neſtern
gehoben und jung aufferzogen. Sonſt
kan man die Alten ſchwerlich fangen:
Man fuͤttert ſie mit allerley Fleiſch, Sper-
lingen, verſtorbenen Lock-Voͤgeln, Maͤu-
ſen, Froͤſchen und dergleichen, nur daß
man ihnen bey Zeiten ihr Gewaͤlle ver-
ſchaffet; Man kan ſich mit ihnen eine
artliche Luſt machen, wenn man kleine
Voͤgel fangen will.

Von denen Raben.
[Spaltenumbruch]

Es mag wohl dieſer ſchaͤndliche Vo-
gel einer mit von denen ſchaͤdlichſten
Raub-Thieren ſeyn, zumahl denen Haa-
ſen und dem Feder-Wildpraͤth in der
Satz- und Bruth-Zeit, und haͤlt man
davor, daß dieſer Vogel auf eine Stun-
de von denen Aeſern und Ludern Wind
erhalten koͤnne. Er horſtet auf denen
groͤſten Tannen und andern Baͤumen,
bringet zwey, drey, biß vier Junge aus,
welche mehrentheils auff Oſtern aus de-
nen Eyern ſind: Er ziehet nicht wie an-
dere Voͤgel, ſondern bleibet Winters-
Zeit allhier zu Lande. Wo ein Paar
Raben in einem Wald hecken, verrathen
ſie alles, was ſie gewahr werden, durch
[Spaltenumbruch] ihr Geſchrey: Sie leiden keine andere
auf ihrem Revier. Der Rabe iſt der
vornehmſte Galgen-Vogel, ſo ſich von
Coͤrpern, wo Galgen und Raͤder ſtehen,
ernehret; Und hacket denen todten Coͤr-
pern zuerſt die Augen aus: Warumb
er aber ſolches thue, davon ſind die Au-
tores
unterſchiedener Meynung. Pli-
nius
und Iſiodorus halten dafuͤr, es ge-
ſchehe dieſes darumb, weil er in denen
Augen als in einem Spiegel ſein Bild-
niß ſehe, dahero er meyne, es waͤren
andere Raben vorhanden, die ihm den
guten Biſſen vorm Maule wegnehmen
wolten, wie ſonſt die Hunde, wenn
man ſie gegen einen Spiegel halte, an-

fahren
U 2
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[155/0273] Von den wilden Thieren. lich zu gebrauchen, welche, wenn man dieſen Vogel in der Lerchen Mauſe-Zeit, das iſt, zu Ende des Auguſti, auf der Hand traͤgt, ſich ſonderlich druͤcken, und durch Tyras oder Haar-Schlingen mit Plaiſir gefangen werden koͤnnen. Es hat dieſer Falcke die Art, daß, wenn er einen Weydemann, oder ſonſten Jemanden mit Hunden im Felde ſuchen ſiehet, er be- ſtaͤndig bey demſelben bleibet und uͤber ihm herumb revieret, damit, wann et- wan eine Lerche geſprenget wird, er die- ſelbe verfolgen koͤnne, welche ſich dann ſehr druͤcket, und davor fuͤrchtet, auch nur vor einen ausgeſtopfften Balg feſte lieget, daß man ſie mit einem Deck-Garn leichte tyrasſiren kan. Von der Eule und kleinen Kautz. Die Eule, als ein Nacht-Raͤuber, thut in Phaſan-Gaͤrten, auch dem wild und zahmen Gefluͤgel, bey langen fin- ſtern und kalten Naͤchten, da man nicht auffpaſſen kan, und ſie des Nachts ſcharff ſehen, groſſen Schaden; bey Tage aber, da ſie ohne diß bloͤde Geſicht haben, hal- ten ſie ſich heimlich und ſehr verborgen, in hohlen Baͤumen und Loͤchern oder doch in dicken Aeſten, und druͤcken ſich hart am Stamm gantz geſchmeidig, weil ſie ſonſten, wenn ſie erblicket werden, von allen Voͤgeln nicht allein hefftig beſchrien und verrathen, ſondern auch ſehr ver- folget werden. Man pfleget auch die Eulen mit dem Habicht zu peitzen, wie im Oeſterreichiſchen ſehr gebraͤuchlich: Sie leben ſieben biß acht Jahr und iſt nichts an ihnen, als meiſtens Federn: Haben einen groſſen Kopff und kleinen Leib, ſind geſchleyert anzuſehen, wie ein altes Weib, mit groſſen Augen und krum- men Schnabel. Die Kaͤutzlein haben einerley Geſtalt, Art und Natur, wie die Eulen, nur daß ſie umb ein merckli- ches kleiner ſind, halten ſich in wuͤſten Gebaͤuden und verſtoͤhreten Oertern auch hohlen Baͤumen auf: Sie nehren ſich meiſtens von derer armen Voͤgel Jungen und Eyern, auch Maͤuſen und dergleichen, daher ihnen die Voͤgel ſehr feind ſind, und wo ſie dieſelben nur er- blicken, ſie verrathen und auf ſie ſtechen. Man braucht ſie zum Vogel-Fang bey denen Leim-Spillen, da die kleinen Voͤ- gel, faſt gantz blind, wunderſam auf diß ungewohnte Monſtrum zufallen und ſich ſelbſt hierdurch ſchaͤdlich in Leim verwi- ckeln: Sie bleiben Winters und Som- mers hier zu Lande und werden zu er- meldten Vogelfang aus denen Neſtern gehoben und jung aufferzogen. Sonſt kan man die Alten ſchwerlich fangen: Man fuͤttert ſie mit allerley Fleiſch, Sper- lingen, verſtorbenen Lock-Voͤgeln, Maͤu- ſen, Froͤſchen und dergleichen, nur daß man ihnen bey Zeiten ihr Gewaͤlle ver- ſchaffet; Man kan ſich mit ihnen eine artliche Luſt machen, wenn man kleine Voͤgel fangen will. Von denen Raben. Es mag wohl dieſer ſchaͤndliche Vo- gel einer mit von denen ſchaͤdlichſten Raub-Thieren ſeyn, zumahl denen Haa- ſen und dem Feder-Wildpraͤth in der Satz- und Bruth-Zeit, und haͤlt man davor, daß dieſer Vogel auf eine Stun- de von denen Aeſern und Ludern Wind erhalten koͤnne. Er horſtet auf denen groͤſten Tannen und andern Baͤumen, bringet zwey, drey, biß vier Junge aus, welche mehrentheils auff Oſtern aus de- nen Eyern ſind: Er ziehet nicht wie an- dere Voͤgel, ſondern bleibet Winters- Zeit allhier zu Lande. Wo ein Paar Raben in einem Wald hecken, verrathen ſie alles, was ſie gewahr werden, durch ihr Geſchrey: Sie leiden keine andere auf ihrem Revier. Der Rabe iſt der vornehmſte Galgen-Vogel, ſo ſich von Coͤrpern, wo Galgen und Raͤder ſtehen, ernehret; Und hacket denen todten Coͤr- pern zuerſt die Augen aus: Warumb er aber ſolches thue, davon ſind die Au- tores unterſchiedener Meynung. Pli- nius und Iſiodorus halten dafuͤr, es ge- ſchehe dieſes darumb, weil er in denen Augen als in einem Spiegel ſein Bild- niß ſehe, dahero er meyne, es waͤren andere Raben vorhanden, die ihm den guten Biſſen vorm Maule wegnehmen wolten, wie ſonſt die Hunde, wenn man ſie gegen einen Spiegel halte, an- fahren U 2

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/273>, abgerufen am 22.11.2024.