Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.Anderer Theil/ [Spaltenumbruch]
ters die Natur eine wündersameTransmutationem Animalium vornimmt, wie mir bekant, daß einmahls bey har- tem Winter im Meißner-Lande, im Amt Pirne, von einem grossen schwartzen Hunde eben dergleichen Wölffe erzeuget und beym Lilien-Steine gefangen wor- den sind, davon einer zu Alt Dreßden im Jäger-Hoff abgemahlet, wo auch e- benfalls ein rother zu sehen. Daß sich zu Mastzeiten gar offters die zahmen mit denen wilden Sauen leichtlich ver- mischen, so auch gar die Hirten nicht ver- wehren können, habe bereits oben ge- dacht, und ist wohl Jederman bekant, daher die weissen und bunden wilden Sauen und vice versa die schwartzen zahmen Sauen kommen; Wiewohl ich von solcher Transmutation von alten er- fahrnen Jägern discursive judiciren ge- höret, daß auf dergleichen ungewöhnliche Veränderung derer Thiere als ein Prae- sagium meist etwas merckwürdiges im Lande sich begeben habe, so ich aber in seinem Werth und Unwerth beruhen las- sen will. Es hat ferner Gott der All- mächtige die unvernünfftigen Thiere auch mit äuserlichen Sinnen begabet, daß sie 1. Hören, wenn die Hunde bellen, Menschen schreyen, oder geschossen wird, 2. Sehen, was auf sie langsam oder sach- te geschlichen oder gelauffen kommt; 3. Fühlen, wann sie verletzet werden, so sie durch Schreyen oder Blöcken anzeigen; 4. Schmecken, den Unterscheid gesunder Kräuter, oder madigter Eicheln; 5. Rie- chen, oder im Wind vernehmen, und mehr als zu weit ihre Feinde vermer- cken. So haben sie auch von innerlichen Sinnen etwas wundersames, als Me- moriam, vel Recordationem Animi, ei- ne Erinnerung der Sache, so an dem Orte geschehen, z. E. wenn nach einem Thier geschossen oder geschlagen worden, solches aber entkommen, behält es dieses in frischem Andencken; Ferner auch Sen- sum communem, das Dichten und Trach- ten, da es sein Kalb zu verbergen, dem Hunde zu entkommen, und sich zu ret- ten sorget; Und Phantasiam aut Impressio- nem, vel Imaginationem oder die Ein- bildung, da die Thiere sich auf der Erde [Spaltenumbruch] in eine Grube drücken, in Meynung, es könne sie daselbsten Niemand sehen, oder aber vor einem ungefehr ersehenen schwartzen oder weissen Stamm, Schat- ten, Stroh, oder Federn sich entsetzen und hierdurch eine Furcht einbilden. Fer- ner hat der liebe Gott die wilden Thiere mit Häuten, und Haaren zur Kleidung versorget, dieselben vor grosser Winters- Kälte, Frost, Schnee und Eiß zu beschir- men; Auch denen Thieren der Erden schnelle Füsse, denen Vögeln in der Lufft Federn und Flügel, und denen Fischen das Schwimmen unterm Wasser umb ihren Feinden zu entfliehen, weißlich ge- ordnet. Dahero z. E. die Hirsche, wann sie Hoffnung haben, über den Zeug zu springen und ihre Freyheit zu erlangen, aus Liebe und Begierde zur Freyheit, darauff alle Müh anwenden, und, so sie entkommen, sich darüber freuen und ver- gnügt sind. Hierüber haben die Thiere vor denen Menschen, Raub-Thieren und Hunden einen Zorn und Abscheu, füh- len Schmertzen in der Geburth, sind mitleidig, so sie ihr Kalb schreyen hören, wissen die Gelegenheit des Orts, ob es da sicher sey oder nicht, verdächtig oder ohne Gefahr, sich daselbst auffzuhalten. Was nun ein wildes Thier, jegliches nach seiner Art, vor eine Nahrung zu sich ge- nommen, und im Magen verdauet hat, dergleichen Nahrungs-Safft wird durch die Putrefaction generiret, solcher wird per Spiritus dissipiret und endlich der Saame, als ein Extract hieraus coagu- liret, das andere wird durch die Leber in Blut verwandelt und durch die Adern ausgetheilet. Der Rest aber, als die Excrementa, Koth und Wasser behalten ihren natürlichen Ablauff gewöhnlich durch ihre erschaffene Röhren. Und die- ses wäre nun ungefehr die Natur und Eigenschafft derer wilden Thiere in ge- nere, soviel man bißhero ergründen kön- nen und mir bekant ist. Es würde auch sonder Zweiffel alles und jedes specialis- sime ad minutissima deutlich zu beschrei- ben, menschlicher Vernunfft allzuschwer und zu weitläufftig fallen. Welches der Schöpffer aller Creaturen sich nicht un- billig allein reserviret hat. Vom Unterscheid wilder Thiere. [Spaltenumbruch]
Die von dem grossen Gott lebendig er- fen
Anderer Theil/ [Spaltenumbruch]
ters die Natur eine wuͤnderſameTransmutationem Animalium vornim̃t, wie mir bekant, daß einmahls bey har- tem Winter im Meißner-Lande, im Amt Pirne, von einem groſſen ſchwartzen Hunde eben dergleichen Woͤlffe erzeuget und beym Lilien-Steine gefangen wor- den ſind, davon einer zu Alt Dreßden im Jaͤger-Hoff abgemahlet, wo auch e- benfalls ein rother zu ſehen. Daß ſich zu Maſtzeiten gar offters die zahmen mit denen wilden Sauen leichtlich ver- miſchen, ſo auch gar die Hirten nicht ver- wehren koͤnnen, habe bereits oben ge- dacht, und iſt wohl Jederman bekant, daher die weiſſen und bunden wilden Sauen und vice verſa die ſchwartzen zahmen Sauen kommen; Wiewohl ich von ſolcher Transmutation von alten er- fahrnen Jaͤgern diſcurſive judiciren ge- hoͤret, daß auf dergleichen ungewoͤhnliche Veraͤnderung derer Thiere als ein Præ- ſagium meiſt etwas merckwuͤrdiges im Lande ſich begeben habe, ſo ich aber in ſeinem Werth und Unwerth beruhen laſ- ſen will. Es hat ferner Gott der All- maͤchtige die unvernuͤnfftigen Thiere auch mit aͤuſerlichen Sinnen begabet, daß ſie 1. Hoͤren, wenn die Hunde bellen, Menſchen ſchreyen, oder geſchoſſen wird, 2. Sehen, was auf ſie langſam oder ſach- te geſchlichen oder gelauffen kommt; 3. Fuͤhlen, wann ſie verletzet werden, ſo ſie durch Schreyen oder Bloͤcken anzeigen; 4. Schmecken, den Unterſcheid geſunder Kraͤuter, oder madigter Eicheln; 5. Rie- chen, oder im Wind vernehmen, und mehr als zu weit ihre Feinde vermer- cken. So haben ſie auch von innerlichen Sinnen etwas wunderſames, als Me- moriam, vel Recordationem Animi, ei- ne Erinnerung der Sache, ſo an dem Orte geſchehen, z. E. wenn nach einem Thier geſchoſſen oder geſchlagen worden, ſolches aber entkommen, behaͤlt es dieſes in friſchem Andencken; Ferner auch Sen- ſum communem, das Dichten und Trach- ten, da es ſein Kalb zu verbergen, dem Hunde zu entkommen, und ſich zu ret- ten ſorget; Und Phantaſiam aut Impresſio- nem, vel Imaginationem oder die Ein- bildung, da die Thiere ſich auf der Erde [Spaltenumbruch] in eine Grube druͤcken, in Meynung, es koͤnne ſie daſelbſten Niemand ſehen, oder aber vor einem ungefehr erſehenen ſchwartzen oder weiſſen Stamm, Schat- ten, Stroh, oder Federn ſich entſetzen und hierdurch eine Furcht einbilden. Fer- ner hat der liebe Gott die wilden Thiere mit Haͤuten, und Haaren zur Kleidung verſorget, dieſelben vor groſſer Winters- Kaͤlte, Froſt, Schnee und Eiß zu beſchir- men; Auch denen Thieren der Erden ſchnelle Fuͤſſe, denen Voͤgeln in der Lufft Federn und Fluͤgel, und denen Fiſchen das Schwimmen unterm Waſſer umb ihren Feinden zu entfliehen, weißlich ge- ordnet. Dahero z. E. die Hirſche, wann ſie Hoffnung haben, uͤber den Zeug zu ſpringen und ihre Freyheit zu erlangen, aus Liebe und Begierde zur Freyheit, darauff alle Muͤh anwenden, und, ſo ſie entkommen, ſich daruͤber freuen und ver- gnuͤgt ſind. Hieruͤber haben die Thiere vor denen Menſchen, Raub-Thieren und Hunden einen Zorn und Abſcheu, fuͤh- len Schmertzen in der Geburth, ſind mitleidig, ſo ſie ihr Kalb ſchreyen hoͤren, wiſſen die Gelegenheit des Orts, ob es da ſicher ſey oder nicht, verdaͤchtig oder ohne Gefahr, ſich daſelbſt auffzuhalten. Was nun ein wildes Thier, jegliches nach ſeiner Art, vor eine Nahrung zu ſich ge- nommen, und im Magen verdauet hat, dergleichen Nahrungs-Safft wird durch die Putrefaction generiret, ſolcher wird per Spiritus disſipiret und endlich der Saame, als ein Extract hieraus coagu- liret, das andere wird durch die Leber in Blut verwandelt und durch die Adern ausgetheilet. Der Reſt aber, als die Excrementa, Koth und Waſſer behalten ihren natuͤrlichen Ablauff gewoͤhnlich durch ihre erſchaffene Roͤhren. Und die- ſes waͤre nun ungefehr die Natur und Eigenſchafft derer wilden Thiere in ge- nere, ſoviel man bißhero ergruͤnden koͤn- nen und mir bekant iſt. Es wuͤrde auch ſonder Zweiffel alles und jedes ſpecialis- ſime ad minutisſima deutlich zu beſchrei- ben, menſchlicher Vernunfft allzuſchwer und zu weitlaͤufftig fallen. Welches der Schoͤpffer aller Creaturen ſich nicht un- billig allein reſerviret hat. Vom Unterſcheid wilder Thiere. [Spaltenumbruch]
Die von dem groſſen Gott lebendig er- fen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0168" n="82"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderer Theil/</hi></fw><lb/><cb/> ters die Natur eine wuͤnderſame<lb/><hi rendition="#aq">Transmutationem Animalium</hi> vornim̃t,<lb/> wie mir bekant, daß einmahls bey har-<lb/> tem Winter im Meißner-Lande, im Amt<lb/> Pirne, von einem groſſen ſchwartzen<lb/> Hunde eben dergleichen Woͤlffe erzeuget<lb/> und beym Lilien-Steine gefangen wor-<lb/> den ſind, davon einer zu Alt Dreßden<lb/> im Jaͤger-Hoff abgemahlet, wo auch e-<lb/> benfalls ein rother zu ſehen. Daß ſich<lb/> zu Maſtzeiten gar offters die zahmen<lb/> mit denen wilden Sauen leichtlich ver-<lb/> miſchen, ſo auch gar die Hirten nicht ver-<lb/> wehren koͤnnen, habe bereits oben ge-<lb/> dacht, und iſt wohl Jederman bekant,<lb/> daher die weiſſen und bunden wilden<lb/> Sauen und <hi rendition="#aq">vice verſa</hi> die ſchwartzen<lb/> zahmen Sauen kommen; Wiewohl ich<lb/> von ſolcher <hi rendition="#aq">Transmutation</hi> von alten er-<lb/> fahrnen Jaͤgern <hi rendition="#aq">diſcurſive judicir</hi>en ge-<lb/> hoͤret, daß auf dergleichen ungewoͤhnliche<lb/> Veraͤnderung derer Thiere als ein <hi rendition="#aq">Præ-<lb/> ſagium</hi> meiſt etwas merckwuͤrdiges im<lb/> Lande ſich begeben habe, ſo ich aber in<lb/> ſeinem Werth und Unwerth beruhen laſ-<lb/> ſen will. Es hat ferner Gott der All-<lb/> maͤchtige die unvernuͤnfftigen Thiere<lb/> auch mit aͤuſerlichen Sinnen begabet,<lb/> daß ſie 1. Hoͤren, wenn die Hunde bellen,<lb/> Menſchen ſchreyen, oder geſchoſſen wird,<lb/> 2. Sehen, was auf ſie langſam oder ſach-<lb/> te geſchlichen oder gelauffen kommt; 3.<lb/> Fuͤhlen, wann ſie verletzet werden, ſo ſie<lb/> durch Schreyen oder Bloͤcken anzeigen;<lb/> 4. Schmecken, den Unterſcheid geſunder<lb/> Kraͤuter, oder madigter Eicheln; 5. Rie-<lb/> chen, oder im Wind vernehmen, und<lb/> mehr als zu weit ihre Feinde vermer-<lb/> cken. So haben ſie auch von innerlichen<lb/> Sinnen etwas wunderſames, als <hi rendition="#aq">Me-<lb/> moriam, vel Recordationem Animi,</hi> ei-<lb/> ne Erinnerung der Sache, ſo an dem<lb/> Orte geſchehen, z. E. wenn nach einem<lb/> Thier geſchoſſen oder geſchlagen worden,<lb/> ſolches aber entkommen, behaͤlt es dieſes<lb/> in friſchem Andencken; Ferner auch <hi rendition="#aq">Sen-<lb/> ſum communem,</hi> das Dichten und Trach-<lb/> ten, da es ſein Kalb zu verbergen, dem<lb/> Hunde zu entkommen, und ſich zu ret-<lb/> ten ſorget; Und <hi rendition="#aq">Phantaſiam aut Impresſio-<lb/> nem, vel Imaginationem</hi> oder die Ein-<lb/> bildung, da die Thiere ſich auf der Erde<lb/><cb/> in eine Grube druͤcken, in Meynung, es<lb/> koͤnne ſie daſelbſten Niemand ſehen, oder<lb/> aber vor einem ungefehr erſehenen<lb/> ſchwartzen oder weiſſen Stamm, Schat-<lb/> ten, Stroh, oder Federn ſich entſetzen<lb/> und hierdurch eine Furcht einbilden. Fer-<lb/> ner hat der liebe Gott die wilden Thiere<lb/> mit Haͤuten, und Haaren zur Kleidung<lb/> verſorget, dieſelben vor groſſer Winters-<lb/> Kaͤlte, Froſt, Schnee und Eiß zu beſchir-<lb/> men; Auch denen Thieren der Erden<lb/> ſchnelle Fuͤſſe, denen Voͤgeln in der Lufft<lb/> Federn und Fluͤgel, und denen Fiſchen<lb/> das Schwimmen unterm Waſſer umb<lb/> ihren Feinden zu entfliehen, weißlich ge-<lb/> ordnet. Dahero z. E. die Hirſche, wann<lb/> ſie Hoffnung haben, uͤber den Zeug zu<lb/> ſpringen und ihre Freyheit zu erlangen,<lb/> aus Liebe und Begierde zur Freyheit,<lb/> darauff alle Muͤh anwenden, und, ſo ſie<lb/> entkommen, ſich daruͤber freuen und ver-<lb/> gnuͤgt ſind. Hieruͤber haben die Thiere<lb/> vor denen Menſchen, Raub-Thieren und<lb/> Hunden einen Zorn und Abſcheu, fuͤh-<lb/> len Schmertzen in der Geburth, ſind<lb/> mitleidig, ſo ſie ihr Kalb ſchreyen hoͤren,<lb/> wiſſen die Gelegenheit des Orts, ob es<lb/> da ſicher ſey oder nicht, verdaͤchtig oder<lb/> ohne Gefahr, ſich daſelbſt auffzuhalten.<lb/> Was nun ein wildes Thier, jegliches nach<lb/> ſeiner Art, vor eine Nahrung zu ſich ge-<lb/> nommen, und im Magen verdauet hat,<lb/> dergleichen Nahrungs-Safft wird durch<lb/> die <hi rendition="#aq">Putrefaction generir</hi>et, ſolcher wird<lb/><hi rendition="#aq">per Spiritus disſipir</hi>et und endlich der<lb/> Saame, als ein <hi rendition="#aq">Extract</hi> hieraus <hi rendition="#aq">coagu-<lb/> lir</hi>et, das andere wird durch die Leber in<lb/> Blut verwandelt und durch die Adern<lb/> ausgetheilet. Der Reſt aber, als die<lb/><hi rendition="#aq">Excrementa,</hi> Koth und Waſſer behalten<lb/> ihren natuͤrlichen Ablauff gewoͤhnlich<lb/> durch ihre erſchaffene Roͤhren. Und die-<lb/> ſes waͤre nun ungefehr die Natur und<lb/> Eigenſchafft derer wilden Thiere <hi rendition="#aq">in ge-<lb/> nere,</hi> ſoviel man bißhero ergruͤnden koͤn-<lb/> nen und mir bekant iſt. Es wuͤrde auch<lb/> ſonder Zweiffel alles und jedes <hi rendition="#aq">ſpecialis-<lb/> ſime ad minutisſima</hi> deutlich zu beſchrei-<lb/> ben, menſchlicher Vernunfft allzuſchwer<lb/> und zu weitlaͤufftig fallen. Welches der<lb/> Schoͤpffer aller Creaturen ſich nicht un-<lb/> billig allein <hi rendition="#aq">reſervir</hi>et hat.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Vom Unterſcheid wilder Thiere.</hi> </head><lb/> <cb/> <p>Die von dem groſſen Gott lebendig er-<lb/> ſchaffene Creaturen ſind zweyerley, als<lb/> die Vernuͤnfftigen und Unvernuͤnfftigen.<lb/><cb/> Die Vernuͤnfftigen ſind wir Menſchen,<lb/> die wir durch Goͤttliche ſonderbahre Gna-<lb/> de nach dem Goͤttlichen Ebenbilde erſchaf-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">fen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0168]
Anderer Theil/
ters die Natur eine wuͤnderſame
Transmutationem Animalium vornim̃t,
wie mir bekant, daß einmahls bey har-
tem Winter im Meißner-Lande, im Amt
Pirne, von einem groſſen ſchwartzen
Hunde eben dergleichen Woͤlffe erzeuget
und beym Lilien-Steine gefangen wor-
den ſind, davon einer zu Alt Dreßden
im Jaͤger-Hoff abgemahlet, wo auch e-
benfalls ein rother zu ſehen. Daß ſich
zu Maſtzeiten gar offters die zahmen
mit denen wilden Sauen leichtlich ver-
miſchen, ſo auch gar die Hirten nicht ver-
wehren koͤnnen, habe bereits oben ge-
dacht, und iſt wohl Jederman bekant,
daher die weiſſen und bunden wilden
Sauen und vice verſa die ſchwartzen
zahmen Sauen kommen; Wiewohl ich
von ſolcher Transmutation von alten er-
fahrnen Jaͤgern diſcurſive judiciren ge-
hoͤret, daß auf dergleichen ungewoͤhnliche
Veraͤnderung derer Thiere als ein Præ-
ſagium meiſt etwas merckwuͤrdiges im
Lande ſich begeben habe, ſo ich aber in
ſeinem Werth und Unwerth beruhen laſ-
ſen will. Es hat ferner Gott der All-
maͤchtige die unvernuͤnfftigen Thiere
auch mit aͤuſerlichen Sinnen begabet,
daß ſie 1. Hoͤren, wenn die Hunde bellen,
Menſchen ſchreyen, oder geſchoſſen wird,
2. Sehen, was auf ſie langſam oder ſach-
te geſchlichen oder gelauffen kommt; 3.
Fuͤhlen, wann ſie verletzet werden, ſo ſie
durch Schreyen oder Bloͤcken anzeigen;
4. Schmecken, den Unterſcheid geſunder
Kraͤuter, oder madigter Eicheln; 5. Rie-
chen, oder im Wind vernehmen, und
mehr als zu weit ihre Feinde vermer-
cken. So haben ſie auch von innerlichen
Sinnen etwas wunderſames, als Me-
moriam, vel Recordationem Animi, ei-
ne Erinnerung der Sache, ſo an dem
Orte geſchehen, z. E. wenn nach einem
Thier geſchoſſen oder geſchlagen worden,
ſolches aber entkommen, behaͤlt es dieſes
in friſchem Andencken; Ferner auch Sen-
ſum communem, das Dichten und Trach-
ten, da es ſein Kalb zu verbergen, dem
Hunde zu entkommen, und ſich zu ret-
ten ſorget; Und Phantaſiam aut Impresſio-
nem, vel Imaginationem oder die Ein-
bildung, da die Thiere ſich auf der Erde
in eine Grube druͤcken, in Meynung, es
koͤnne ſie daſelbſten Niemand ſehen, oder
aber vor einem ungefehr erſehenen
ſchwartzen oder weiſſen Stamm, Schat-
ten, Stroh, oder Federn ſich entſetzen
und hierdurch eine Furcht einbilden. Fer-
ner hat der liebe Gott die wilden Thiere
mit Haͤuten, und Haaren zur Kleidung
verſorget, dieſelben vor groſſer Winters-
Kaͤlte, Froſt, Schnee und Eiß zu beſchir-
men; Auch denen Thieren der Erden
ſchnelle Fuͤſſe, denen Voͤgeln in der Lufft
Federn und Fluͤgel, und denen Fiſchen
das Schwimmen unterm Waſſer umb
ihren Feinden zu entfliehen, weißlich ge-
ordnet. Dahero z. E. die Hirſche, wann
ſie Hoffnung haben, uͤber den Zeug zu
ſpringen und ihre Freyheit zu erlangen,
aus Liebe und Begierde zur Freyheit,
darauff alle Muͤh anwenden, und, ſo ſie
entkommen, ſich daruͤber freuen und ver-
gnuͤgt ſind. Hieruͤber haben die Thiere
vor denen Menſchen, Raub-Thieren und
Hunden einen Zorn und Abſcheu, fuͤh-
len Schmertzen in der Geburth, ſind
mitleidig, ſo ſie ihr Kalb ſchreyen hoͤren,
wiſſen die Gelegenheit des Orts, ob es
da ſicher ſey oder nicht, verdaͤchtig oder
ohne Gefahr, ſich daſelbſt auffzuhalten.
Was nun ein wildes Thier, jegliches nach
ſeiner Art, vor eine Nahrung zu ſich ge-
nommen, und im Magen verdauet hat,
dergleichen Nahrungs-Safft wird durch
die Putrefaction generiret, ſolcher wird
per Spiritus disſipiret und endlich der
Saame, als ein Extract hieraus coagu-
liret, das andere wird durch die Leber in
Blut verwandelt und durch die Adern
ausgetheilet. Der Reſt aber, als die
Excrementa, Koth und Waſſer behalten
ihren natuͤrlichen Ablauff gewoͤhnlich
durch ihre erſchaffene Roͤhren. Und die-
ſes waͤre nun ungefehr die Natur und
Eigenſchafft derer wilden Thiere in ge-
nere, ſoviel man bißhero ergruͤnden koͤn-
nen und mir bekant iſt. Es wuͤrde auch
ſonder Zweiffel alles und jedes ſpecialis-
ſime ad minutisſima deutlich zu beſchrei-
ben, menſchlicher Vernunfft allzuſchwer
und zu weitlaͤufftig fallen. Welches der
Schoͤpffer aller Creaturen ſich nicht un-
billig allein reſerviret hat.
Vom Unterſcheid wilder Thiere.
Die von dem groſſen Gott lebendig er-
ſchaffene Creaturen ſind zweyerley, als
die Vernuͤnfftigen und Unvernuͤnfftigen.
Die Vernuͤnfftigen ſind wir Menſchen,
die wir durch Goͤttliche ſonderbahre Gna-
de nach dem Goͤttlichen Ebenbilde erſchaf-
fen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |