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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Erster Theil/
[Spaltenumbruch] len Ernst bedacht seyn muß: Dafern sich
aber solches durch Vermehrung über-
häuffen, und denen Unterthanen an ih-
ren Früchten, davon sie leben und ihre
Gaben abtragen müssen, gar zu viel
Schaden thun würde, ist es verantwort-
licher zu Hirsch-Feist-Zeit entweder der
Herrschafft zur Lust einige Stück schiessen
lassen, oder ein Bestättigungs-Jagen an-
zustellen, und also in etwas denen ar-
men Leuten Erleichterung zu geben, son-
[Spaltenumbruch] derlich sind die Sauen nicht sogar zu scho-
nen, als welche ohnediß sich genugsam
vermehren können, auch in dem Geträy-
de- und Frucht-Feldern durch ihr schäd-
liches Umwühlen oder Brechen grossen
Verderb zu verursachen pflegen. Sol-
te aber wegen stetigen schiessen alles aus-
gerottet seyn, müste man lieber zahm er-
zogene Thiere, oder Wild gezeichnet frey
herum gehen lassen, damit sie sich sodann
vermehren.

Ein Gehäge natürlich anzulegen.
[Spaltenumbruch]

Jm vorigen Capitel habe gemeldet
von der Wild-Bahn und Gehäge, auch
wie solches gebürlicher maassen, in guter
Ordnung nützlich zu erhalten wann es
von Natur, Art und Gelegenheit von sich
selbst alldar Wildpräth erzeuget, oder
an benachbahrte Gräntzen hierüber un-
gehindert zu wechseln pfleget. Wann
aber zuweilen umb einen Wald, Heyde
oder Holtz-Revier kein Gehäge ist, und
denselben dennoch der liebe GOtt durch
die gütige Natur mit Eichen- und Buch-
Mast, Wasser und Graß, Kiefern oder
Fichten, ja mit dickverwachsenen Behält-
nüssen und allen nöthigen Requisitis ge-
nädiglich versorget und mit trefflichen
Gelegenheiten, Bergen und Gründen,
und was nur zu wünschen, herrlich be-
gabet, hingegen sich alldar kein Wild-
präth halten will, ob schon der Eigen-
thums-Herr so sehnlich verlangete zu
seiner Augen-Lust einiges Wildpräth in
seinem Wald dann und wann stehend zu
sehen, auch daß zu seiner Renomee rei-
sende Leute alldar einiges Wildpräth er-
blicken mögten, wenigstens daß man doch
in seinem Revier Spuren und Gefähr-
de des Wildes ansichtig werden könte,
und nicht so alles rein und öde von al-
lem Wild verstöhret und verheeret sey,
ohne welches Wild das Jagen eine nichts-
würdige Sache, und lächerlich seyn wür-
de, also sich die Jagd-Lust auf einmahl
hierdurch endigte; So habe dem geneig-
ten Leser hiermit nach meiner Einfalt ei-
ne wohlgemeynte Methode vorschlagen
wollen: Nemlich, es muß vor allen Din-
gen ein solcher zum Gehäge des Wildes
destinirter Wald von allem und jeden
Rind-Schaaff- und Schweine-Vieh-hü-
then gäntzlich verschonet seyn, ja, wo
möglich, keine grosse Land-Strassen hin-
durch passiret, nach häuffiges Land-Volck,
Pültzen, Morgeln, Heydel- und Preus-
[Spaltenumbruch] sel-Beere zu lesen, oder umblauffen und
schreyen, Holtz-lesen und Streuling-
harcken verstattet, vielweniger darin-
nen gar geschossen und geplatzet, oder mit
Hunden gejaget, geschrien und gehetzet,
oder Feuer und Lermen gemachet wer-
den, sondern es muß der Wald von al-
lem diesem Unfug gäntzlich befreyet seyn
und bleiben, darff auch alldar kein Holtz-
hauen, Verkauffen und Fahren vorge-
nommen werden, wo es anders nach
Wunsch ergehen soll, in Summa es muß
alldar alles einsam und stille seyn, daß
es sicher zuseyn vermercket, und alldar
bleibet. Vors andere muß man es
hauptsächlich mit denen Benachbarten
halten, und mit ihnen nach Condition
ihres Standes accordiren, und zwar
wann es vornehme Eigenthumbs-Her-
ren, ob sie nicht aus nachbarlicher Freund-
schafft, oder etwan gegen ein gewisses
Deputat Wild, jährlich perpetuirlich,
oder auff gewisse Zeit etliche zahme Thie-
re, so man an einem Ohr halb verschnit-
ten zeichnen könte, in ihren Revieren
ungehindert passiren und repassiren las-
sen wolten, damit diese zahme Thiere, so
des Frühlings aus Neugierigkeit weit
und breit nach der neuauffgeschossenen
grünen Saat herumb streiffen, ihre Käl-
ber nach Belieben ohnschädlich setzen kön-
ten, mit denenselben des Herbsts zur
Brunfft, und Winters zu ihres Herrn
Fütterung glücklich wieder kommen
möchten. Da es aber Pacht-Leute, wel-
che schon geitziger, auch mehr interessiret
sind, müste mit solchen, wann sie das Ja-
gen von ihren Eigenthums-Herren
würcklich gepachtet, anders contrahiret
werden, ausser diesen müste man mit
dem rechten Herrn richtig contrahiren;
Daferne man nun dieses alles wohl versi-
chert, bauet man in dem Wald einen war-
men Stall, und hält vier oder sechs Stück

gute

Erſter Theil/
[Spaltenumbruch] len Ernſt bedacht ſeyn muß: Dafern ſich
aber ſolches durch Vermehrung uͤber-
haͤuffen, und denen Unterthanen an ih-
ren Fruͤchten, davon ſie leben und ihre
Gaben abtragen muͤſſen, gar zu viel
Schaden thun wuͤrde, iſt es verantwort-
licher zu Hirſch-Feiſt-Zeit entweder der
Herrſchafft zur Luſt einige Stuͤck ſchieſſen
laſſen, oder ein Beſtaͤttigungs-Jagen an-
zuſtellen, und alſo in etwas denen ar-
men Leuten Erleichterung zu geben, ſon-
[Spaltenumbruch] derlich ſind die Sauen nicht ſogar zu ſcho-
nen, als welche ohnediß ſich genugſam
vermehren koͤnnen, auch in dem Getraͤy-
de- und Frucht-Feldern durch ihr ſchaͤd-
liches Umwuͤhlen oder Brechen groſſen
Verderb zu verurſachen pflegen. Sol-
te aber wegen ſtetigen ſchieſſen alles aus-
gerottet ſeyn, muͤſte man lieber zahm er-
zogene Thiere, oder Wild gezeichnet frey
herum gehen laſſen, damit ſie ſich ſodann
vermehren.

Ein Gehaͤge natuͤrlich anzulegen.
[Spaltenumbruch]

Jm vorigen Capitel habe gemeldet
von der Wild-Bahn und Gehaͤge, auch
wie ſolches gebuͤrlicher maaſſen, in guter
Ordnung nuͤtzlich zu erhalten wann es
von Natur, Art und Gelegenheit von ſich
ſelbſt alldar Wildpraͤth erzeuget, oder
an benachbahrte Graͤntzen hieruͤber un-
gehindert zu wechſeln pfleget. Wann
aber zuweilen umb einen Wald, Heyde
oder Holtz-Revier kein Gehaͤge iſt, und
denſelben dennoch der liebe GOtt durch
die guͤtige Natur mit Eichen- und Buch-
Maſt, Waſſer und Graß, Kiefern oder
Fichten, ja mit dickverwachſenen Behaͤlt-
nuͤſſen und allen noͤthigen Requiſitis ge-
naͤdiglich verſorget und mit trefflichen
Gelegenheiten, Bergen und Gruͤnden,
und was nur zu wuͤnſchen, herrlich be-
gabet, hingegen ſich alldar kein Wild-
praͤth halten will, ob ſchon der Eigen-
thums-Herr ſo ſehnlich verlangete zu
ſeiner Augen-Luſt einiges Wildpraͤth in
ſeinem Wald dann und wann ſtehend zu
ſehen, auch daß zu ſeiner Renomee rei-
ſende Leute alldar einiges Wildpraͤth er-
blicken moͤgten, wenigſtens daß man doch
in ſeinem Revier Spuren und Gefaͤhr-
de des Wildes anſichtig werden koͤnte,
und nicht ſo alles rein und oͤde von al-
lem Wild verſtoͤhret und verheeret ſey,
ohne welches Wild das Jagen eine nichts-
wuͤrdige Sache, und laͤcherlich ſeyn wuͤr-
de, alſo ſich die Jagd-Luſt auf einmahl
hierdurch endigte; So habe dem geneig-
ten Leſer hiermit nach meiner Einfalt ei-
ne wohlgemeynte Methode vorſchlagen
wollen: Nemlich, es muß vor allen Din-
gen ein ſolcher zum Gehaͤge des Wildes
deſtinirter Wald von allem und jeden
Rind-Schaaff- und Schweine-Vieh-huͤ-
then gaͤntzlich verſchonet ſeyn, ja, wo
moͤglich, keine groſſe Land-Straſſen hin-
durch paſſiret, nach haͤuffiges Land-Volck,
Puͤltzen, Morgeln, Heydel- und Preuſ-
[Spaltenumbruch] ſel-Beere zu leſen, oder umblauffen und
ſchreyen, Holtz-leſen und Streuling-
harcken verſtattet, vielweniger darin-
nen gar geſchoſſen und geplatzet, oder mit
Hunden gejaget, geſchrien und gehetzet,
oder Feuer und Lermen gemachet wer-
den, ſondern es muß der Wald von al-
lem dieſem Unfug gaͤntzlich befreyet ſeyn
und bleiben, darff auch alldar kein Holtz-
hauen, Verkauffen und Fahren vorge-
nommen werden, wo es anders nach
Wunſch ergehen ſoll, in Summa es muß
alldar alles einſam und ſtille ſeyn, daß
es ſicher zuſeyn vermercket, und alldar
bleibet. Vors andere muß man es
hauptſaͤchlich mit denen Benachbarten
halten, und mit ihnen nach Condition
ihres Standes accordiren, und zwar
wann es vornehme Eigenthumbs-Her-
ren, ob ſie nicht aus nachbarlicher Freund-
ſchafft, oder etwan gegen ein gewiſſes
Deputat Wild, jaͤhrlich perpetuirlich,
oder auff gewiſſe Zeit etliche zahme Thie-
re, ſo man an einem Ohr halb verſchnit-
ten zeichnen koͤnte, in ihren Revieren
ungehindert pasſiren und repasſiren laſ-
ſen wolten, damit dieſe zahme Thiere, ſo
des Fruͤhlings aus Neugierigkeit weit
und breit nach der neuauffgeſchoſſenen
gruͤnen Saat herumb ſtreiffen, ihre Kaͤl-
ber nach Belieben ohnſchaͤdlich ſetzen koͤn-
ten, mit denenſelben des Herbſts zur
Brunfft, und Winters zu ihres Herrn
Fuͤtterung gluͤcklich wieder kommen
moͤchten. Da es aber Pacht-Leute, wel-
che ſchon geitziger, auch mehr intereſſiret
ſind, muͤſte mit ſolchen, wann ſie das Ja-
gen von ihren Eigenthums-Herren
wuͤrcklich gepachtet, anders contrahiret
werden, auſſer dieſen muͤſte man mit
dem rechten Herrn richtig contrahiren;
Daferne man nun dieſes alles wohl verſi-
chert, bauet man in dem Wald einen war-
men Stall, und haͤlt vier oder ſechs Stuͤck

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/136>, abgerufen am 21.11.2024.