Behufs Abdrehens der Reifen von Eisenbahnwagenrädern findet man wohl die Spitzen nur zum Ausrichten benutzt, während das eigentliche Stützen der Axen durch Backen stattfindet, welche an den beiden, einander gegenüberliegenden Planscheiben fest geschraubt werden. 1) An Walzen bildet man, solange die Spitzen sie tragen, nur die beiden Zapfen aus, und stützt sie dann, indem diese Zapfen in Lager gebettet werden. 2) Nahe ver- wandt hiermit ist die Stützung durch sogenannte Brillen (Lünetten). Diese unterscheiden sich von dem vorhin angegebenen Verfahren dadurch, dass sie die von den Spitzen gebotene Stützung nur ergänzen. Die Brillen werden in gleicher Weise auch zu weiterer Stützung von in Futtern be- befestigten Werkstücken benutzt, weshalb sie auch in Bezug auf diese hier mit erörtert werden sollen.
Das Wort Brille (oder Lünette) deutet an, dass es sich um einen ge- schlossenen Ring handelt, in welchem sich -- wie die gedrehten Zapfen der Walzen in Lagern -- ein bereits rund gedrehter Theil des Werkstückes lagert. Man verwendet thatsächlich im vorliegenden Sinne nicht selten ge-
[Abbildung]
Fig. 261.
schlossene Ringe, welche aus Stahl gefertigt und gehärtet sind. Zweitheilige Zapfenlager mit höl- zernem Futter, welche früher beliebt waren, sind
[Abbildung]
Fig. 262.
[Abbildung]
Fig. 263.
fast ganz ausser Gebrauch gekommen. Dagegen verwendet man folgende nach- stellbaren, dem vorliegenden Zweck dienenden Einrichtungen. Die eigentlich stützenden Flächen sind durchweg eben, sie berühren das Werkstück je nur in einem schmalen Streifen, weshalb eine möglichst grosse Härte der Flächen selbstverständlich ist. Man kann allgemein die Stützung in allen zur Werkstückaxe winkelrechten Richtungen erreichen, wenn man drei Stützflächen gleichförmig um das Werkstück vertheilt, wie Fig. 261 dar- stellt. Es sind drei Stahlschienen b, deren Enden die Stützflächen bieten, an einem ringförmigen Bock a so befestigt, dass sie in der Halbmesserrichtung verstellt werden können. Diese Bauart leidet an dem Uebelstande, dass das Gestell a einen geschlossenen Ring bildet, also sowohl beim Einbringen wie Fortnehmen des Werkstückes Schwierigkeiten bereitet. Etwas bequemer ist die durch Fig. 262 dargestellte Anordnung, 3) die einer weiteren Er- läuterung nicht bedarf; es sei nur erwähnt, dass nach Wegnahme einer der hakenförmig gebogenen Schienen entweder die Brille oder das Werkstück
1) Vergl. Dingl. polyt. Journ., 1873, Bd. 209, S. 407, mit Abb.
2) Dingl. polyt. Journ., 1861, Bd. 160, S. 252, mit Abb.
3) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ingen. 1885, S. 811.
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I. Theil. Die spanabnehmenden Werkzeugmaschinen.
Behufs Abdrehens der Reifen von Eisenbahnwagenrädern findet man wohl die Spitzen nur zum Ausrichten benutzt, während das eigentliche Stützen der Axen durch Backen stattfindet, welche an den beiden, einander gegenüberliegenden Planscheiben fest geschraubt werden. 1) An Walzen bildet man, solange die Spitzen sie tragen, nur die beiden Zapfen aus, und stützt sie dann, indem diese Zapfen in Lager gebettet werden. 2) Nahe ver- wandt hiermit ist die Stützung durch sogenannte Brillen (Lünetten). Diese unterscheiden sich von dem vorhin angegebenen Verfahren dadurch, dass sie die von den Spitzen gebotene Stützung nur ergänzen. Die Brillen werden in gleicher Weise auch zu weiterer Stützung von in Futtern be- befestigten Werkstücken benutzt, weshalb sie auch in Bezug auf diese hier mit erörtert werden sollen.
Das Wort Brille (oder Lünette) deutet an, dass es sich um einen ge- schlossenen Ring handelt, in welchem sich — wie die gedrehten Zapfen der Walzen in Lagern — ein bereits rund gedrehter Theil des Werkstückes lagert. Man verwendet thatsächlich im vorliegenden Sinne nicht selten ge-
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Fig. 261.
schlossene Ringe, welche aus Stahl gefertigt und gehärtet sind. Zweitheilige Zapfenlager mit höl- zernem Futter, welche früher beliebt waren, sind
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Fig. 262.
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Fig. 263.
fast ganz ausser Gebrauch gekommen. Dagegen verwendet man folgende nach- stellbaren, dem vorliegenden Zweck dienenden Einrichtungen. Die eigentlich stützenden Flächen sind durchweg eben, sie berühren das Werkstück je nur in einem schmalen Streifen, weshalb eine möglichst grosse Härte der Flächen selbstverständlich ist. Man kann allgemein die Stützung in allen zur Werkstückaxe winkelrechten Richtungen erreichen, wenn man drei Stützflächen gleichförmig um das Werkstück vertheilt, wie Fig. 261 dar- stellt. Es sind drei Stahlschienen b, deren Enden die Stützflächen bieten, an einem ringförmigen Bock a so befestigt, dass sie in der Halbmesserrichtung verstellt werden können. Diese Bauart leidet an dem Uebelstande, dass das Gestell a einen geschlossenen Ring bildet, also sowohl beim Einbringen wie Fortnehmen des Werkstückes Schwierigkeiten bereitet. Etwas bequemer ist die durch Fig. 262 dargestellte Anordnung, 3) die einer weiteren Er- läuterung nicht bedarf; es sei nur erwähnt, dass nach Wegnahme einer der hakenförmig gebogenen Schienen entweder die Brille oder das Werkstück
1) Vergl. Dingl. polyt. Journ., 1873, Bd. 209, S. 407, mit Abb.
2) Dingl. polyt. Journ., 1861, Bd. 160, S. 252, mit Abb.
3) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ingen. 1885, S. 811.
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I. Theil. Die spanabnehmenden Werkzeugmaschinen.
Behufs Abdrehens der Reifen von Eisenbahnwagenrädern findet man
wohl die Spitzen nur zum Ausrichten benutzt, während das eigentliche
Stützen der Axen durch Backen stattfindet, welche an den beiden, einander
gegenüberliegenden Planscheiben fest geschraubt werden. 1) An Walzen
bildet man, solange die Spitzen sie tragen, nur die beiden Zapfen aus, und
stützt sie dann, indem diese Zapfen in Lager gebettet werden. 2) Nahe ver-
wandt hiermit ist die Stützung durch sogenannte Brillen (Lünetten). Diese
unterscheiden sich von dem vorhin angegebenen Verfahren dadurch, dass
sie die von den Spitzen gebotene Stützung nur ergänzen. Die Brillen
werden in gleicher Weise auch zu weiterer Stützung von in Futtern be-
befestigten Werkstücken benutzt, weshalb sie auch in Bezug auf diese hier
mit erörtert werden sollen.
Das Wort Brille (oder Lünette) deutet an, dass es sich um einen ge-
schlossenen Ring handelt, in welchem sich — wie die gedrehten Zapfen
der Walzen in Lagern — ein bereits rund gedrehter Theil des Werkstückes
lagert. Man verwendet thatsächlich im vorliegenden Sinne nicht selten ge-
[Abbildung Fig. 261.]
schlossene Ringe, welche aus Stahl gefertigt und
gehärtet sind. Zweitheilige Zapfenlager mit höl-
zernem Futter, welche früher beliebt waren, sind
[Abbildung Fig. 262.]
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fast ganz ausser Gebrauch gekommen. Dagegen verwendet man folgende nach-
stellbaren, dem vorliegenden Zweck dienenden Einrichtungen. Die eigentlich
stützenden Flächen sind durchweg eben, sie berühren das Werkstück je
nur in einem schmalen Streifen, weshalb eine möglichst grosse Härte der
Flächen selbstverständlich ist. Man kann allgemein die Stützung in allen
zur Werkstückaxe winkelrechten Richtungen erreichen, wenn man drei
Stützflächen gleichförmig um das Werkstück vertheilt, wie Fig. 261 dar-
stellt. Es sind drei Stahlschienen b, deren Enden die Stützflächen bieten, an
einem ringförmigen Bock a so befestigt, dass sie in der Halbmesserrichtung
verstellt werden können. Diese Bauart leidet an dem Uebelstande, dass
das Gestell a einen geschlossenen Ring bildet, also sowohl beim Einbringen
wie Fortnehmen des Werkstückes Schwierigkeiten bereitet. Etwas bequemer
ist die durch Fig. 262 dargestellte Anordnung, 3) die einer weiteren Er-
läuterung nicht bedarf; es sei nur erwähnt, dass nach Wegnahme einer der
hakenförmig gebogenen Schienen entweder die Brille oder das Werkstück
1) Vergl. Dingl. polyt. Journ., 1873, Bd. 209, S. 407, mit Abb.
2) Dingl. polyt. Journ., 1861, Bd. 160, S. 252, mit Abb.
3) Zeitschr. d. Ver. deutscher Ingen. 1885, S. 811.
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Fischer, Hermann: Die Werkzeugmaschinen. Bd. 1: Die Metallbearbeitungs-Maschinen. [Textband]. Berlin, 1900, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_werkzeugmaschinen01_1900/145>, abgerufen am 16.02.2025.
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