Fischer, Christian August: Ueber Collegien und Collegienhefte. Bonn, 1826.hat. In stolzem Uebermuthe trat Napoleon Alles mit Füßen, was Gesetz der Moral, was Recht der Menschen heißt. Im Wahnsinn seiner Eitelkeit sah er sich für den Herrn der Erde, für das Fatum des ganzen Menschengeschlechts an. Ihm erschienen die Völker nur als bewußtlose Massen, zur Befriedigung seiner Herrschsucht bestimmt; jeder seiner Pulsschläge, jede Minute seines Lebens, bereiteten das Unglück und den Tod von Tausenden vor. Doch erbarmungslos, und mit kaltem Stolze, blickte er auf den Jammer und das Elend der Erde herab. - Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, erhielt der Krieg gegen ihn, auch einen moralisch-religiösen Zweck, der dem politischen Bündnisse der Monarchen, noch eine besondere Erhabenheit gab. Die Thränen des Schmerzes, die Stimmen der Verzweiflung, waren zum Himmel emporgestiegen; der Allmächtige selbst schleuderte seine Blitze auf das Haupt des Eroberers herab. So bekam der ganze Lauf der Begebenheiten, jenes religiöse romantisch-kriegerische Interesse, das die schönsten Perioden der Vorzeit zurückruft. - Mit trügerischem Lächeln hatte dem Helden des Zufalls, sein Schicksal bis in die innersten Gemächer des alten ehrwürdigen Kremls geführt, und still und düster lag die schwarze, das Schicksal der Welt verhüllende Nacht, auf der heiligen Zaarenstadt. - Da winkte der Schutzgeist Rußlands! - Ein einziger Funke, und Moskwa war ein leuchtendes Flammenmeer, und in Asche lag die Schöpfung Napoleons! - Mit Entsetzen sah dieser dem schrecklichen Schauspiel von der Spitze des Kremls zu. - Ein Riesengeist war ihm entgegengetreten, eine unsichtbare Hand riß ihn gewaltsam zurück, und drohend wandelten an ihm die blutigen Schatten der Bourbonen vorüber, wie Zaubergestalten der Nemesis. - Aber in hohen glänzenden Wo- hat. In stolzem Uebermuthe trat Napoleon Alles mit Füßen, was Gesetz der Moral, was Recht der Menschen heißt. Im Wahnsinn seiner Eitelkeit sah er sich für den Herrn der Erde, für das Fatum des ganzen Menschengeschlechts an. Ihm erschienen die Völker nur als bewußtlose Massen, zur Befriedigung seiner Herrschsucht bestimmt; jeder seiner Pulsschläge, jede Minute seines Lebens, bereiteten das Unglück und den Tod von Tausenden vor. Doch erbarmungslos, und mit kaltem Stolze, blickte er auf den Jammer und das Elend der Erde herab. – Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, erhielt der Krieg gegen ihn, auch einen moralisch-religiösen Zweck, der dem politischen Bündnisse der Monarchen, noch eine besondere Erhabenheit gab. Die Thränen des Schmerzes, die Stimmen der Verzweiflung, waren zum Himmel emporgestiegen; der Allmächtige selbst schleuderte seine Blitze auf das Haupt des Eroberers herab. So bekam der ganze Lauf der Begebenheiten, jenes religiöse romantisch-kriegerische Interesse, das die schönsten Perioden der Vorzeit zurückruft. – Mit trügerischem Lächeln hatte dem Helden des Zufalls, sein Schicksal bis in die innersten Gemächer des alten ehrwürdigen Kremls geführt, und still und düster lag die schwarze, das Schicksal der Welt verhüllende Nacht, auf der heiligen Zaarenstadt. – Da winkte der Schutzgeist Rußlands! – Ein einziger Funke, und Moskwa war ein leuchtendes Flammenmeer, und in Asche lag die Schöpfung Napoleons! – Mit Entsetzen sah dieser dem schrecklichen Schauspiel von der Spitze des Kremls zu. – Ein Riesengeist war ihm entgegengetreten, eine unsichtbare Hand riß ihn gewaltsam zurück, und drohend wandelten an ihm die blutigen Schatten der Bourbonen vorüber, wie Zaubergestalten der Nemesis. – Aber in hohen glänzenden Wo- <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0021" n="17"/> hat. In stolzem Uebermuthe trat <hi rendition="#g">Napoleon</hi> Alles mit Füßen, was Gesetz der Moral, was Recht der Menschen heißt. Im Wahnsinn seiner Eitelkeit sah er sich für den Herrn der Erde, für das Fatum des ganzen Menschengeschlechts an. Ihm erschienen die Völker nur als bewußtlose Massen, zur Befriedigung seiner Herrschsucht bestimmt; jeder seiner Pulsschläge, jede Minute seines Lebens, bereiteten das Unglück und den Tod von Tausenden vor. Doch erbarmungslos, und mit kaltem Stolze, blickte er auf den Jammer und das Elend der Erde herab. – Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, erhielt der Krieg gegen ihn, auch einen moralisch-religiösen Zweck, der dem politischen Bündnisse der Monarchen, noch eine besondere Erhabenheit gab. Die Thränen des Schmerzes, die Stimmen der Verzweiflung, waren zum Himmel emporgestiegen; der Allmächtige selbst schleuderte seine Blitze auf das Haupt des Eroberers herab. So bekam der ganze Lauf der Begebenheiten, jenes religiöse romantisch-kriegerische Interesse, das die schönsten Perioden der Vorzeit zurückruft. – Mit trügerischem Lächeln hatte dem Helden des Zufalls, sein Schicksal bis in die innersten Gemächer des alten ehrwürdigen Kremls geführt, und still und düster lag die schwarze, das Schicksal der Welt verhüllende Nacht, auf der heiligen Zaarenstadt. – Da winkte der Schutzgeist Rußlands! – Ein einziger Funke, und Moskwa war ein leuchtendes Flammenmeer, und in Asche lag die Schöpfung <hi rendition="#g">Napoleons</hi>! – Mit Entsetzen sah dieser dem schrecklichen Schauspiel von der Spitze des Kremls zu. – Ein Riesengeist war ihm entgegengetreten, eine unsichtbare Hand riß ihn gewaltsam zurück, und drohend wandelten an ihm die blutigen Schatten der Bourbonen vorüber, wie Zaubergestalten der Nemesis. – Aber in hohen glänzenden Wo-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [17/0021]
hat. In stolzem Uebermuthe trat Napoleon Alles mit Füßen, was Gesetz der Moral, was Recht der Menschen heißt. Im Wahnsinn seiner Eitelkeit sah er sich für den Herrn der Erde, für das Fatum des ganzen Menschengeschlechts an. Ihm erschienen die Völker nur als bewußtlose Massen, zur Befriedigung seiner Herrschsucht bestimmt; jeder seiner Pulsschläge, jede Minute seines Lebens, bereiteten das Unglück und den Tod von Tausenden vor. Doch erbarmungslos, und mit kaltem Stolze, blickte er auf den Jammer und das Elend der Erde herab. – Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, erhielt der Krieg gegen ihn, auch einen moralisch-religiösen Zweck, der dem politischen Bündnisse der Monarchen, noch eine besondere Erhabenheit gab. Die Thränen des Schmerzes, die Stimmen der Verzweiflung, waren zum Himmel emporgestiegen; der Allmächtige selbst schleuderte seine Blitze auf das Haupt des Eroberers herab. So bekam der ganze Lauf der Begebenheiten, jenes religiöse romantisch-kriegerische Interesse, das die schönsten Perioden der Vorzeit zurückruft. – Mit trügerischem Lächeln hatte dem Helden des Zufalls, sein Schicksal bis in die innersten Gemächer des alten ehrwürdigen Kremls geführt, und still und düster lag die schwarze, das Schicksal der Welt verhüllende Nacht, auf der heiligen Zaarenstadt. – Da winkte der Schutzgeist Rußlands! – Ein einziger Funke, und Moskwa war ein leuchtendes Flammenmeer, und in Asche lag die Schöpfung Napoleons! – Mit Entsetzen sah dieser dem schrecklichen Schauspiel von der Spitze des Kremls zu. – Ein Riesengeist war ihm entgegengetreten, eine unsichtbare Hand riß ihn gewaltsam zurück, und drohend wandelten an ihm die blutigen Schatten der Bourbonen vorüber, wie Zaubergestalten der Nemesis. – Aber in hohen glänzenden Wo-
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Zitationshilfe: | Fischer, Christian August: Ueber Collegien und Collegienhefte. Bonn, 1826, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_collegienhefte_1826/21>, abgerufen am 07.07.2024. |