Finen, Eberhard: Eine selige Veränderung Worauf die Christen harren und die darinn zu suchende Beste Veränderung. Braunschweig, 1720.
Wir sahen dis an Dir nur
leyder! allzu viel. Du wurdest bald hernach der Kranckheit selbst zum Ziel, Die
Glieder waren matt, die Kräfte gantz verschwunden, An deren statt sich Angst und
Ohnmacht eingefunden. In dieser Deiner Angst, in dieser Deiner Noht Begehrtest
Du von mir auf Deiner Liebsten Tod Ein Klag- und Trost-Gedicht, wie schlecht es
sonst auch klinget, Was meine Poesie bey solchen Fällen singet. Doch nahm ich
solches an, und überschickte Dir Ein Lied, in welchem ich von Ihrer Tugend Zier,
So viel die Zeit vergönnt, ein Bild entworfen hatte, Wiewol es sonst nichts war
als nur ein blosser Schatte. Mein Vers, der nichts von Farb und grossem Zieraht
weis, War viel zu schlecht vor Sie und Ihrer Tugend Preis: Und wenn Ihr Ruhm aus
Zelt der Sternen solte dringen, So hätt' ein beßrer Schwan von solchem müssen
singen. Doch ach! daß leider schon mein überschicktes Blat Im lezten Todes-Kampf
Dich angetroffen hat! So bald es überkam, so woltest Du Dein Leben Dem, der es
Dir ertheilt, auch wieder übergeben. Gewiß! hier siehet man, was wahre Liebe
thut, Und wie dieselbe blos in dem Geliebten ruht, Sie scheut auch nicht den
Tod, nur jenes zu erwerben. So wil Petrarcha gern bey seiner Laura sterben, Und
Abelardens Leib Helissens Nachbar seyn. So stürzt sich Plautius selbst in die
Flamm' hinein, Durch welche kurtz vorher sein Ehgemahl verzehret. Also wird
Paetus auch durch gleiches Schwerdt versehret, Das noch von Arriens vergoßnem
Blut geraucht, Und Priami Gewehr in eignes Blut getaucht, Rachdem er Thisben Tod
und sich verlohren schätzet, Weswegen ihn nichts mehr als gleicher Tod ergetzet.
Darum erbleichst Du auch / Wolsel'ger / höchst vergnügt /
Wir sahen dis an Dir nur
leyder! allzu viel. Du wurdest bald hernach der Kranckheit selbst zum Ziel, Die
Glieder waren matt, die Kräfte gantz verschwunden, An deren statt sich Angst und
Ohnmacht eingefunden. In dieser Deiner Angst, in dieser Deiner Noht Begehrtest
Du von mir auf Deiner Liebsten Tod Ein Klag- und Trost-Gedicht, wie schlecht es
sonst auch klinget, Was meine Poesie bey solchen Fällen singet. Doch nahm ich
solches an, und überschickte Dir Ein Lied, in welchem ich von Ihrer Tugend Zier,
So viel die Zeit vergönnt, ein Bild entworfen hatte, Wiewol es sonst nichts war
als nur ein blosser Schatte. Mein Vers, der nichts von Farb und grossem Zieraht
weis, War viel zu schlecht vor Sie und Ihrer Tugend Preis: Und wenn Ihr Ruhm aus
Zelt der Sternen solte dringen, So hätt’ ein beßrer Schwan von solchem müssen
singen. Doch ach! daß leider schon mein überschicktes Blat Im lezten Todes-Kampf
Dich angetroffen hat! So bald es überkam, so woltest Du Dein Leben Dem, der es
Dir ertheilt, auch wieder übergeben. Gewiß! hier siehet man, was wahre Liebe
thut, Und wie dieselbe blos in dem Geliebten ruht, Sie scheut auch nicht den
Tod, nur jenes zu erwerben. So wil Petrarcha gern bey seiner Laura sterben, Und
Abelardens Leib Helissens Nachbar seyn. So stürzt sich Plautius selbst in die
Flamm’ hinein, Durch welche kurtz vorher sein Ehgemahl verzehret. Also wird
Paetus auch durch gleiches Schwerdt versehret, Das noch von Arriens vergoßnem
Blut geraucht, Und Priami Gewehr in eignes Blut getaucht, Rachdem er Thisben Tod
und sich verlohren schätzet, Weswegen ihn nichts mehr als gleicher Tod ergetzet.
Darum erbleichst Du auch / Wolsel’ger / höchst vergnügt /
<TEI> <text> <body> <div> <l><pb facs="#f0065" n="61"/> Wir sahen dis an Dir nur leyder! allzu viel. Du wurdest bald hernach der Kranckheit selbst zum Ziel, Die Glieder waren matt, die Kräfte gantz verschwunden, An deren statt sich Angst und Ohnmacht eingefunden. In dieser Deiner Angst, in dieser Deiner Noht Begehrtest Du von mir auf Deiner Liebsten Tod Ein Klag- und Trost-Gedicht, wie schlecht es sonst auch klinget, Was meine Poesie bey solchen Fällen singet. Doch nahm ich solches an, und überschickte Dir Ein Lied, in welchem ich von Ihrer Tugend Zier, So viel die Zeit vergönnt, ein Bild entworfen hatte, Wiewol es sonst nichts war als nur ein blosser Schatte. Mein Vers, der nichts von Farb und grossem Zieraht weis, War viel zu schlecht vor Sie und Ihrer Tugend Preis: Und wenn Ihr Ruhm aus Zelt der Sternen solte dringen, So hätt’ ein beßrer Schwan von solchem müssen singen. Doch ach! daß leider schon mein überschicktes Blat Im lezten Todes-Kampf Dich angetroffen hat! So bald es überkam, so woltest Du Dein Leben Dem, der es Dir ertheilt, auch wieder übergeben. Gewiß! hier siehet man, was wahre Liebe thut, Und wie dieselbe blos in dem Geliebten ruht, Sie scheut auch nicht den Tod, nur jenes zu erwerben. So wil Petrarcha gern bey seiner Laura sterben, Und Abelardens Leib Helissens Nachbar seyn. So stürzt sich Plautius selbst in die Flamm’ hinein, Durch welche kurtz vorher sein Ehgemahl verzehret. Also wird Paetus auch durch gleiches Schwerdt versehret, Das noch von Arriens vergoßnem Blut geraucht, Und Priami Gewehr in eignes Blut getaucht, Rachdem er Thisben Tod und sich verlohren schätzet, Weswegen ihn nichts mehr als gleicher Tod ergetzet. Darum erbleichst Du auch / Wolsel’ger / höchst vergnügt / </l> </div> </body> </text> </TEI> [61/0065]
Wir sahen dis an Dir nur leyder! allzu viel. Du wurdest bald hernach der Kranckheit selbst zum Ziel, Die Glieder waren matt, die Kräfte gantz verschwunden, An deren statt sich Angst und Ohnmacht eingefunden. In dieser Deiner Angst, in dieser Deiner Noht Begehrtest Du von mir auf Deiner Liebsten Tod Ein Klag- und Trost-Gedicht, wie schlecht es sonst auch klinget, Was meine Poesie bey solchen Fällen singet. Doch nahm ich solches an, und überschickte Dir Ein Lied, in welchem ich von Ihrer Tugend Zier, So viel die Zeit vergönnt, ein Bild entworfen hatte, Wiewol es sonst nichts war als nur ein blosser Schatte. Mein Vers, der nichts von Farb und grossem Zieraht weis, War viel zu schlecht vor Sie und Ihrer Tugend Preis: Und wenn Ihr Ruhm aus Zelt der Sternen solte dringen, So hätt’ ein beßrer Schwan von solchem müssen singen. Doch ach! daß leider schon mein überschicktes Blat Im lezten Todes-Kampf Dich angetroffen hat! So bald es überkam, so woltest Du Dein Leben Dem, der es Dir ertheilt, auch wieder übergeben. Gewiß! hier siehet man, was wahre Liebe thut, Und wie dieselbe blos in dem Geliebten ruht, Sie scheut auch nicht den Tod, nur jenes zu erwerben. So wil Petrarcha gern bey seiner Laura sterben, Und Abelardens Leib Helissens Nachbar seyn. So stürzt sich Plautius selbst in die Flamm’ hinein, Durch welche kurtz vorher sein Ehgemahl verzehret. Also wird Paetus auch durch gleiches Schwerdt versehret, Das noch von Arriens vergoßnem Blut geraucht, Und Priami Gewehr in eignes Blut getaucht, Rachdem er Thisben Tod und sich verlohren schätzet, Weswegen ihn nichts mehr als gleicher Tod ergetzet. Darum erbleichst Du auch / Wolsel’ger / höchst vergnügt /
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Eine selige Veränderung Worauf die Christen harren und die darinn zu suchende Beste Veränderung. Braunschweig, 1720, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_veraenderung_1720/65>, abgerufen am 16.02.2025. |