Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Finen, Eberhard: Der Gläubigen Nicht untergehende Lebens-Sonne. Braunschweig, 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

Tag ohne Abend / ein Licht ohne Finsterniß; deutlicher: Ein Wolstand ohne Ende und Veränderung.

Beydes fasset der Prophet in eine verblümte Redens-Art / genommen von dem grossen Licht / welches GOtt erschaffen den Tag zu erleuchten / ich meyne die Sonne. Diese / wenn sie aufgehet und scheinet / setzet den von ihr beleuchteten Erd-Kreiß mit Licht und Wärme in ein besonderes Wolseyn und Vergnügen. Daher denn auch / wie bereits erwehnet / zum öfftern ein solcher vergnügter Zustand und Wolbefinden so wol im Geistlichen als Leiblichen mit dem Sonnen-Schein; und hingegen Unglück und Betrübniß mit einem wolckigten Himmel und der Nacht verglichen wird. Auf welche Zeit denn nun der Prophet diesen Sonnen-Schein / diesen Wolstand verheisse / davon sind unterschiedene Gedancken: Einige von denen Auslegern deuten es auf die Erlösung der Juden aus der Babylonischen Gefängniß; Andere auf den Zustand der Kirchen Neues Testaments / andere auf den Zustand der triumphirenden Kirche in dem Himmel. Alle drey Meynungen haben zwar nichts Ungereimtes / doch wil wol die letzte Meynung die Zulänglichste seyn / massen dieselbe von dem Heil. Geist selbst legitimiret worden / in der Apoc. XXI, 23. da von dem neuen Jerusalem / das ist / von der triumphirenden Kirche stehet: Die Stadt darff keiner Sonnen und des Monden / daß sie ihr scheinen / denn die Herrligkeit GOttes erleuchtet sie / und v. 25. da wird keine Nacht seyn; Man sichet wol daß der Geist eben das hier wiederholet / was er vorhin durch Jesaiam bald nach angeführten Worten vorher verkündiget: Der HERR wird dein ewiges Licht seyn. So ists denn nicht die irrdische Sonne / die den Zustand der Gläubigen soll glückselig machen; Denn die wird so lange sie seyn wird / auf- und nieder gehen; auch nicht ein Wolstand / der auf der unbeständigen Welt zu hoffen; Denn der hat auch seinen Wechsel; Sondern es ist dasjenige / was ewig / was unveränderlich beruhigen und erfreuen kan / das ist: GOtt und JEsus / die wie eine hell-scheinende Sonne die Auserwehlten in der Ewigkeit bescheinen / und in seeliger Anschau und unaussprechlich süssen Genuß einer ewigen Liebe vergnügen werden. Nun diese Sonne soll nicht untergehen. Was das Volck GOttes / dem Jesaias predigte / an dem Sonnen-Licht wahrnahm / nemlich daß dieß Licht nicht beständig / sondern zuweilen durch die vorgezogene

Tag ohne Abend / ein Licht ohne Finsterniß; deutlicher: Ein Wolstand ohne Ende und Veränderung.

Beydes fasset der Prophet in eine verblümte Redens-Art / genommen von dem grossen Licht / welches GOtt erschaffen den Tag zu erleuchten / ich meyne die Sonne. Diese / wenn sie aufgehet und scheinet / setzet den von ihr beleuchteten Erd-Kreiß mit Licht und Wärme in ein besonderes Wolseyn und Vergnügen. Daher denn auch / wie bereits erwehnet / zum öfftern ein solcher vergnügter Zustand und Wolbefinden so wol im Geistlichen als Leiblichen mit dem Sonnen-Schein; und hingegen Unglück und Betrübniß mit einem wolckigten Himmel und der Nacht verglichen wird. Auf welche Zeit denn nun der Prophet diesen Sonnen-Schein / diesen Wolstand verheisse / davon sind unterschiedene Gedancken: Einige von denen Auslegern deuten es auf die Erlösung der Juden aus der Babylonischen Gefängniß; Andere auf den Zustand der Kirchen Neues Testaments / andere auf den Zustand der triumphirenden Kirche in dem Himmel. Alle drey Meynungen haben zwar nichts Ungereimtes / doch wil wol die letzte Meynung die Zulänglichste seyn / massen dieselbe von dem Heil. Geist selbst legitimiret worden / in der Apoc. XXI, 23. da von dem neuen Jerusalem / das ist / von der triumphirenden Kirche stehet: Die Stadt darff keiner Sonnen und des Monden / daß sie ihr scheinen / denn die Herrligkeit GOttes erleuchtet sie / und v. 25. da wird keine Nacht seyn; Man sichet wol daß der Geist eben das hier wiederholet / was er vorhin durch Jesaiam bald nach angeführten Worten vorher verkündiget: Der HERR wird dein ewiges Licht seyn. So ists denn nicht die irrdische Sonne / die den Zustand der Gläubigen soll glückselig machen; Denn die wird so lange sie seyn wird / auf- und nieder gehen; auch nicht ein Wolstand / der auf der unbeständigen Welt zu hoffen; Denn der hat auch seinen Wechsel; Sondern es ist dasjenige / was ewig / was unveränderlich beruhigen und erfreuen kan / das ist: GOtt und JEsus / die wie eine hell-scheinende Sonne die Auserwehlten in der Ewigkeit bescheinen / und in seeliger Anschau und unaussprechlich süssen Genuß einer ewigen Liebe vergnügen werden. Nun diese Sonne soll nicht untergehen. Was das Volck GOttes / dem Jesaias predigte / an dem Sonnen-Licht wahrnahm / nemlich daß dieß Licht nicht beständig / sondern zuweilen durch die vorgezogene

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0008" n="4"/>
Tag ohne Abend / ein Licht ohne
                     Finsterniß; deutlicher: Ein Wolstand ohne Ende und Veränderung.</p>
        <p>Beydes fasset der Prophet in eine verblümte Redens-Art / genommen von dem grossen
                     Licht / welches GOtt erschaffen den Tag zu erleuchten / ich meyne die Sonne.
                     Diese / wenn sie aufgehet und scheinet / setzet den von ihr beleuchteten
                     Erd-Kreiß mit Licht und Wärme in ein besonderes Wolseyn und Vergnügen. Daher
                     denn auch / wie bereits erwehnet / zum öfftern ein solcher vergnügter Zustand
                     und Wolbefinden so wol im Geistlichen als Leiblichen mit dem Sonnen-Schein; und
                     hingegen Unglück und Betrübniß mit einem wolckigten Himmel und der Nacht
                     verglichen wird. Auf welche Zeit denn nun der Prophet diesen Sonnen-Schein /
                     diesen Wolstand verheisse / davon sind unterschiedene Gedancken: Einige von
                     denen Auslegern deuten es auf die Erlösung der Juden aus der Babylonischen
                     Gefängniß; Andere auf den Zustand der Kirchen Neues Testaments / andere auf den
                     Zustand der triumphirenden Kirche in dem Himmel. Alle drey Meynungen haben zwar
                     nichts Ungereimtes / doch wil wol die letzte Meynung die Zulänglichste seyn /
                     massen dieselbe von dem Heil. Geist selbst legitimiret worden / in der Apoc.
                     XXI, 23. da von dem neuen Jerusalem / das ist / von der triumphirenden Kirche
                     stehet: Die Stadt darff keiner Sonnen und des Monden / daß sie ihr scheinen /
                     denn die Herrligkeit GOttes erleuchtet sie / und v. 25. da wird keine Nacht
                     seyn; Man sichet wol daß der Geist eben das hier wiederholet / was er vorhin
                     durch Jesaiam bald nach angeführten Worten vorher verkündiget: Der HERR wird
                     dein ewiges Licht seyn. So ists denn nicht die irrdische Sonne / die den Zustand
                     der Gläubigen soll glückselig machen; Denn die wird so lange sie seyn wird /
                     auf- und nieder gehen; auch nicht ein Wolstand / der auf der unbeständigen Welt
                     zu hoffen; Denn der hat auch seinen Wechsel; Sondern es ist dasjenige / was ewig
                     / was unveränderlich beruhigen und erfreuen kan / das ist: GOtt und JEsus / die
                     wie eine hell-scheinende Sonne die Auserwehlten in der Ewigkeit bescheinen / und
                     in seeliger Anschau und unaussprechlich süssen Genuß einer ewigen Liebe
                     vergnügen werden. Nun diese Sonne soll nicht untergehen. Was das Volck GOttes /
                     dem Jesaias predigte / an dem Sonnen-Licht wahrnahm / nemlich daß dieß Licht
                     nicht beständig / sondern zuweilen durch die vorgezogene
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0008] Tag ohne Abend / ein Licht ohne Finsterniß; deutlicher: Ein Wolstand ohne Ende und Veränderung. Beydes fasset der Prophet in eine verblümte Redens-Art / genommen von dem grossen Licht / welches GOtt erschaffen den Tag zu erleuchten / ich meyne die Sonne. Diese / wenn sie aufgehet und scheinet / setzet den von ihr beleuchteten Erd-Kreiß mit Licht und Wärme in ein besonderes Wolseyn und Vergnügen. Daher denn auch / wie bereits erwehnet / zum öfftern ein solcher vergnügter Zustand und Wolbefinden so wol im Geistlichen als Leiblichen mit dem Sonnen-Schein; und hingegen Unglück und Betrübniß mit einem wolckigten Himmel und der Nacht verglichen wird. Auf welche Zeit denn nun der Prophet diesen Sonnen-Schein / diesen Wolstand verheisse / davon sind unterschiedene Gedancken: Einige von denen Auslegern deuten es auf die Erlösung der Juden aus der Babylonischen Gefängniß; Andere auf den Zustand der Kirchen Neues Testaments / andere auf den Zustand der triumphirenden Kirche in dem Himmel. Alle drey Meynungen haben zwar nichts Ungereimtes / doch wil wol die letzte Meynung die Zulänglichste seyn / massen dieselbe von dem Heil. Geist selbst legitimiret worden / in der Apoc. XXI, 23. da von dem neuen Jerusalem / das ist / von der triumphirenden Kirche stehet: Die Stadt darff keiner Sonnen und des Monden / daß sie ihr scheinen / denn die Herrligkeit GOttes erleuchtet sie / und v. 25. da wird keine Nacht seyn; Man sichet wol daß der Geist eben das hier wiederholet / was er vorhin durch Jesaiam bald nach angeführten Worten vorher verkündiget: Der HERR wird dein ewiges Licht seyn. So ists denn nicht die irrdische Sonne / die den Zustand der Gläubigen soll glückselig machen; Denn die wird so lange sie seyn wird / auf- und nieder gehen; auch nicht ein Wolstand / der auf der unbeständigen Welt zu hoffen; Denn der hat auch seinen Wechsel; Sondern es ist dasjenige / was ewig / was unveränderlich beruhigen und erfreuen kan / das ist: GOtt und JEsus / die wie eine hell-scheinende Sonne die Auserwehlten in der Ewigkeit bescheinen / und in seeliger Anschau und unaussprechlich süssen Genuß einer ewigen Liebe vergnügen werden. Nun diese Sonne soll nicht untergehen. Was das Volck GOttes / dem Jesaias predigte / an dem Sonnen-Licht wahrnahm / nemlich daß dieß Licht nicht beständig / sondern zuweilen durch die vorgezogene

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_lebenssonne_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_lebenssonne_1710/8
Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Der Gläubigen Nicht untergehende Lebens-Sonne. Braunschweig, 1710, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_lebenssonne_1710/8>, abgerufen am 25.04.2024.