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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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was Erde war / den verblichenen Cörper. Es ist so gar lange nicht / da ich mich über den unglückseeligen April beklagte / in dessen Tagen der Tod so manche schöne Blume in die Erde kriechen heissen / aber das Unglück hat uns seit dem noch mehr betroffen / und zu guterletzt / wolte er diesen auch noch wegnehmen. Der letzte April muste der letzte Tag seines Lebens seyn. Aber dennoch soll dieser Mond den Nahmen ab aperiendo von Eröffnen behalten / denn er hat unsern seelig Verstorbenen und so viel andern das Paradieß eröfnet. Den Tod will ich aber nicht mehr unhöflich schelten / daß er die Frembden bey uns nicht besser accommodiret / denn er kehret sich so wenig an böse als gute Worte / und der ihn ohne Ohren gemahlet / hat groß Recht dazu. Es heist von ihm / surdo narratur fabula, wenn der Taube höret / so höret er auch. Verhoffentlich bedenckt er sich / und will im Majo / da der Himmel angefangen sich freundlich gegen uns zu bezeigen / nicht wieder anfangen / wie er den April beschlossen. Und wenn ich recht bedencke / so stirbt der Wohlseelige bey uns zwar als ein Frembder / aber so hat ihn der Tod nicht angesehen / denn mit demselben war er nicht mehr frembd / sondern schon lange bekandt. Was war seine schwache Leibes-constitution und endliches Lager anders / als ein steter Umgang mit dem Tode? und ist also sonder zweiffel froh / daß er dieses Umgangs mit dem Tode durch den Tod entübriget worden. Wieman aber / wenn das Lügenhaffte Gerüchte einen / der noch lebt / todt gesagt / zu weissagen pfleget / das werde sein langes Leben bedeuten; so kan ich wol mit Warheit sagen: daß der Sehl. Herr Pfennisack nicht todt gesagt / sondern wahrhafftig todt ist / das bedeut sein langes Leben / sein langes Leben der Seelen nach / die nun so lange lebet / als die Ewigkeit währet / sein langes Leben nach den hinterlassenen Nachruhm / der in so vieler Hertzen und Gemühtern auffs

was Erde war / den verblichenen Cörper. Es ist so gar lange nicht / da ich mich über den unglückseeligen April beklagte / in dessen Tagen der Tod so manche schöne Blume in die Erde kriechen heissen / aber das Unglück hat uns seit dem noch mehr betroffen / und zu guterletzt / wolte er diesen auch noch wegnehmen. Der letzte April muste der letzte Tag seines Lebens seyn. Aber dennoch soll dieser Mond den Nahmen ab aperiendo von Eröffnen behalten / deñ er hat unsern seelig Verstorbenen und so viel andern das Paradieß eröfnet. Den Tod will ich aber nicht mehr unhöflich schelten / daß er die Frembden bey uns nicht besser accommodiret / denn er kehret sich so wenig an böse als gute Worte / und der ihn ohne Ohren gemahlet / hat groß Recht dazu. Es heist von ihm / surdo narratur fabula, weñ der Taube höret / so höret er auch. Verhoffentlich bedenckt er sich / und will im Majo / da der Himmel angefangen sich freundlich gegen uns zu bezeigen / nicht wieder anfangen / wie er den April beschlossen. Und wenn ich recht bedencke / so stirbt der Wohlseelige bey uns zwar als ein Frembder / aber so hat ihn der Tod nicht angesehen / deñ mit demselben war er nicht mehr frembd / sondern schon lange bekandt. Was war seine schwache Leibes-constitution und endliches Lager anders / als ein steter Umgang mit dem Tode? und ist also sonder zweiffel froh / daß er dieses Umgangs mit dem Tode durch den Tod entübriget worden. Wieman aber / wenn das Lügenhaffte Gerüchte einen / der noch lebt / todt gesagt / zu weissagen pfleget / das werde sein langes Leben bedeuten; so kan ich wol mit Warheit sagen: daß der Sehl. Herr Pfennisack nicht todt gesagt / sondern wahrhafftig todt ist / das bedeut sein langes Leben / sein langes Leben der Seelen nach / die nun so lange lebet / als die Ewigkeit währet / sein langes Leben nach den hinterlassenen Nachruhm / der in so vieler Hertzen und Gemühtern auffs

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[27/0033] was Erde war / den verblichenen Cörper. Es ist so gar lange nicht / da ich mich über den unglückseeligen April beklagte / in dessen Tagen der Tod so manche schöne Blume in die Erde kriechen heissen / aber das Unglück hat uns seit dem noch mehr betroffen / und zu guterletzt / wolte er diesen auch noch wegnehmen. Der letzte April muste der letzte Tag seines Lebens seyn. Aber dennoch soll dieser Mond den Nahmen ab aperiendo von Eröffnen behalten / deñ er hat unsern seelig Verstorbenen und so viel andern das Paradieß eröfnet. Den Tod will ich aber nicht mehr unhöflich schelten / daß er die Frembden bey uns nicht besser accommodiret / denn er kehret sich so wenig an böse als gute Worte / und der ihn ohne Ohren gemahlet / hat groß Recht dazu. Es heist von ihm / surdo narratur fabula, weñ der Taube höret / so höret er auch. Verhoffentlich bedenckt er sich / und will im Majo / da der Himmel angefangen sich freundlich gegen uns zu bezeigen / nicht wieder anfangen / wie er den April beschlossen. Und wenn ich recht bedencke / so stirbt der Wohlseelige bey uns zwar als ein Frembder / aber so hat ihn der Tod nicht angesehen / deñ mit demselben war er nicht mehr frembd / sondern schon lange bekandt. Was war seine schwache Leibes-constitution und endliches Lager anders / als ein steter Umgang mit dem Tode? und ist also sonder zweiffel froh / daß er dieses Umgangs mit dem Tode durch den Tod entübriget worden. Wieman aber / wenn das Lügenhaffte Gerüchte einen / der noch lebt / todt gesagt / zu weissagen pfleget / das werde sein langes Leben bedeuten; so kan ich wol mit Warheit sagen: daß der Sehl. Herr Pfennisack nicht todt gesagt / sondern wahrhafftig todt ist / das bedeut sein langes Leben / sein langes Leben der Seelen nach / die nun so lange lebet / als die Ewigkeit währet / sein langes Leben nach den hinterlassenen Nachruhm / der in so vieler Hertzen und Gemühtern auffs

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/33>, abgerufen am 19.04.2024.