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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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so hat er 1000 mahl so viel davor gewonnen / den gantzen Himmel. O unvergleichlicher Gewinn! ich wolte daß der Himmel mit Worten könte beschrieben werden / so wolte ich itzo so viel davon reden / als ich immer könte / denn das weiß ich: In coelo non datur hyperbole. O denn lucrosa jactura! so heist es wenn der Schiffmann das was das Schiff beschweret auswirfft / sein Leben aber und das beste salviret / so heist es auch wenn man den Leib der Erden / die Seele den Himmel lieffert.

Aber noch eins fällt mir hierbey ein. Bey den Hircanern soll vor diesen die Gewohnheit gewesen seyn / daß man die todten Cörper gewissen Hunden vorgeworffen / welche man dazu gehalten und Canes sepulchrales genennet. Ich nenne solche Canes sepulchrales, solche Leichen-Hunde / diejenigen / welche sich nicht gescheuet den Sehl. mit allerhand Lügen sowol auff seinen Tod-Bette als auch nach seinem Tode zuzusetzen. Die welche die Anfänger hievon gewesen / mögen GOTT ja bitten / daß er sie auff ihren Todbette nicht erfahren lasse / was sie so schändlich von dem Sehl. gelogen. Es ist ja nichts neues / daß Leute / an deren Frömmigkeit niemand zweiffelt / in delirio, welches die Kranckheit mit sich bringet / härtere Worte reden / und sich ungebührlicher bezeigen / als der Sehl. Verstorbene gethan. Indessen glaube man mir / als einem Diener GOttes / daß alles was ich obgesagt / die Warheit sey.

Doch was gehen uns die gifftigen Fliegen an / welche sich um die Wunden der Pferde setzen / von denen es heist: Tantum ulcera lambunt. Diese Hoch-ansehnliche Versammlung hat mit ihrer höchst-angenehmen Gegenwart bezeugen wollen / daß sie eine bessere Opinion von dem Sehl. gehabt / da sie dessen Leiche so ansehnlich auß der Welt begleiten wollen. Dessen hinterbliebene Anverwandten sind davor höchlich verbunden / und sagen durch meinen Mund unterdienstl. Danck: Solten sie in der That selbst danckbahr zu werden keine Gelegenheit hahen / so wünschen sie allen / denen es noch gut seyn möchte in der Welt eine Zeitlang zu leben / daß sie noch lange nicht sterben mögen.

Solte aber der Sehl. als ein guter Consulent auß seiner Grufft noch ein Consilium und dabey einen Wunsch ertheilen / so würde das Coniilium dieses seyn; daß ein jeder die Acten seines Lebens heyzeiten revidire / und sehe wie er ihm im Himmel favorabilem judicem erwecke. Der Wunsch aber! daß sie in der Welt nimmer einen Advocaten nöhtig haben / und den Process vor Gottes Gericht eben so glücklich als er endigen mögen.

so hat er 1000 mahl so viel davor gewonnen / den gantzen Himmel. O unvergleichlicher Gewinn! ich wolte daß der Himmel mit Worten könte beschrieben werden / so wolte ich itzo so viel davon reden / als ich immer könte / deñ das weiß ich: In coelo non datur hyperbole. O deñ lucrosa jactura! so heist es wenn der Schiffmañ das was das Schiff beschweret auswirfft / sein Leben aber und das beste salviret / so heist es auch wenn man den Leib der Erden / die Seele den Himmel lieffert.

Aber noch eins fällt mir hierbey ein. Bey den Hircanern soll vor diesen die Gewohnheit gewesen seyn / daß man die todten Cörper gewissen Hunden vorgeworffen / welche man dazu gehalten und Canes sepulchrales genennet. Ich nenne solche Canes sepulchrales, solche Leichen-Hunde / diejenigen / welche sich nicht gescheuet den Sehl. mit allerhand Lügen sowol auff seinen Tod-Bette als auch nach seinem Tode zuzusetzen. Die welche die Anfänger hievon gewesen / mögen GOTT ja bitten / daß er sie auff ihren Todbette nicht erfahren lasse / was sie so schändlich von dem Sehl. gelogen. Es ist ja nichts neues / daß Leute / an deren Frömmigkeit niemand zweiffelt / in delirio, welches die Kranckheit mit sich bringet / härtere Worte reden / und sich ungebührlicher bezeigen / als der Sehl. Verstorbene gethan. Indessen glaube man mir / als einem Diener GOttes / daß alles was ich obgesagt / die Warheit sey.

Doch was gehen uns die gifftigen Fliegen an / welche sich um die Wunden der Pferde setzen / von denen es heist: Tantum ulcera lambunt. Diese Hoch-ansehnliche Versam̃lung hat mit ihrer höchst-angenehmen Gegenwart bezeugen wollen / daß sie eine bessere Opinion von dem Sehl. gehabt / da sie dessen Leiche so ansehnlich auß der Welt begleiten wollen. Dessen hinterbliebene Anverwandten sind davor höchlich verbunden / und sagen durch meinen Mund unterdienstl. Danck: Solten sie in der That selbst danckbahr zu werden keine Gelegenheit hahen / so wünschen sie allen / denen es noch gut seyn möchte in der Welt eine Zeitlang zu leben / daß sie noch lange nicht sterben mögen.

Solte aber der Sehl. als ein guter Consulent auß seiner Grufft noch ein Consilium und dabey einen Wunsch ertheilen / so würde das Coniilium dieses seyn; daß ein jeder die Acten seines Lebens heyzeiten revidire / und sehe wie er ihm im Himmel favorabilem judicem erwecke. Der Wunsch aber! daß sie in der Welt nimmer einen Advocaten nöhtig haben / und den Process vor Gottes Gericht eben so glücklich als er endigen mögen.

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                     schändlich von dem Sehl. gelogen. Es ist ja nichts neues / daß Leute / an deren
                     Frömmigkeit niemand zweiffelt / in delirio, welches die Kranckheit mit sich
                     bringet / härtere Worte reden / und sich ungebührlicher bezeigen / als der Sehl.
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[16/0022] so hat er 1000 mahl so viel davor gewonnen / den gantzen Himmel. O unvergleichlicher Gewinn! ich wolte daß der Himmel mit Worten könte beschrieben werden / so wolte ich itzo so viel davon reden / als ich immer könte / deñ das weiß ich: In coelo non datur hyperbole. O deñ lucrosa jactura! so heist es wenn der Schiffmañ das was das Schiff beschweret auswirfft / sein Leben aber und das beste salviret / so heist es auch wenn man den Leib der Erden / die Seele den Himmel lieffert. Aber noch eins fällt mir hierbey ein. Bey den Hircanern soll vor diesen die Gewohnheit gewesen seyn / daß man die todten Cörper gewissen Hunden vorgeworffen / welche man dazu gehalten und Canes sepulchrales genennet. Ich nenne solche Canes sepulchrales, solche Leichen-Hunde / diejenigen / welche sich nicht gescheuet den Sehl. mit allerhand Lügen sowol auff seinen Tod-Bette als auch nach seinem Tode zuzusetzen. Die welche die Anfänger hievon gewesen / mögen GOTT ja bitten / daß er sie auff ihren Todbette nicht erfahren lasse / was sie so schändlich von dem Sehl. gelogen. Es ist ja nichts neues / daß Leute / an deren Frömmigkeit niemand zweiffelt / in delirio, welches die Kranckheit mit sich bringet / härtere Worte reden / und sich ungebührlicher bezeigen / als der Sehl. Verstorbene gethan. Indessen glaube man mir / als einem Diener GOttes / daß alles was ich obgesagt / die Warheit sey. Doch was gehen uns die gifftigen Fliegen an / welche sich um die Wunden der Pferde setzen / von denen es heist: Tantum ulcera lambunt. Diese Hoch-ansehnliche Versam̃lung hat mit ihrer höchst-angenehmen Gegenwart bezeugen wollen / daß sie eine bessere Opinion von dem Sehl. gehabt / da sie dessen Leiche so ansehnlich auß der Welt begleiten wollen. Dessen hinterbliebene Anverwandten sind davor höchlich verbunden / und sagen durch meinen Mund unterdienstl. Danck: Solten sie in der That selbst danckbahr zu werden keine Gelegenheit hahen / so wünschen sie allen / denen es noch gut seyn möchte in der Welt eine Zeitlang zu leben / daß sie noch lange nicht sterben mögen. Solte aber der Sehl. als ein guter Consulent auß seiner Grufft noch ein Consilium und dabey einen Wunsch ertheilen / so würde das Coniilium dieses seyn; daß ein jeder die Acten seines Lebens heyzeiten revidire / und sehe wie er ihm im Himmel favorabilem judicem erwecke. Der Wunsch aber! daß sie in der Welt nimmer einen Advocaten nöhtig haben / und den Process vor Gottes Gericht eben so glücklich als er endigen mögen.

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/22>, abgerufen am 25.04.2024.