fällt, welche der Seele ein selbstständiges Leben und eine den Leib bewegende Thätigkeit zuschreibt, oder aber daß man in der Ausdrucksbewegung eben nicht den Ausdruck eines psychischen Produktes, sondern die Entwickelung eines psychophysischen Vorganges erblickt.
Auf Grund dieser Ausführungen kommen wir nun in Betreff des Bedeutungswerthes, den wir dem in der Sprache vorliegenden Erzeugniß unserer körperlich-geistigen Organi¬ sation zuzuschreiben berechtigt sind, zu folgendem Resultat: wollen wir daran festhalten, daß der sprachliche Ausdruck irgend ein Wirkliches, was abgesehen von der sprachlichen Form auf das Recht des Vorhandenseins Anspruch habe, zu bedeuten und somit zum Gegenstand unseres Denkens und Erkennens zu machen vermöge, so können wir das nur, wenn wir einestheils auf dem Standpunkte des naiven Realismus verharren, d. h. die Wirklichkeit als gegeben annehmen, ohne daran zu denken, daß wir sie doch erst wahrnehmen müssen, damit sie gegeben sei, anderentheils Geist und Körper als selbstständige in einem Subordina¬ tionsverhältniß zu einander stehende Bestandtheile der menschlichen Natur betrachten. Wenn wir aber Ernst machen mit der Einsicht, daß wir ein Wirkliches immer nur als Resultat eines Vorganges besitzen können, dessen Schauplatz wir selbst als empfindende, wahrnehmende, vor¬ stellende, denkende Wesen sind, und wenn wir zugleich auf Grund der Einsicht in den Parallelismus geistiger und körperlicher Vorgänge die Ueberzeugung gewonnen haben, daß ein geistiges Resultat und sein sinnlich wahrnehmbarer
fällt, welche der Seele ein ſelbſtſtändiges Leben und eine den Leib bewegende Thätigkeit zuſchreibt, oder aber daß man in der Ausdrucksbewegung eben nicht den Ausdruck eines pſychiſchen Produktes, ſondern die Entwickelung eines pſychophyſiſchen Vorganges erblickt.
Auf Grund dieſer Ausführungen kommen wir nun in Betreff des Bedeutungswerthes, den wir dem in der Sprache vorliegenden Erzeugniß unſerer körperlich-geiſtigen Organi¬ ſation zuzuſchreiben berechtigt ſind, zu folgendem Reſultat: wollen wir daran feſthalten, daß der ſprachliche Ausdruck irgend ein Wirkliches, was abgeſehen von der ſprachlichen Form auf das Recht des Vorhandenſeins Anſpruch habe, zu bedeuten und ſomit zum Gegenſtand unſeres Denkens und Erkennens zu machen vermöge, ſo können wir das nur, wenn wir einestheils auf dem Standpunkte des naiven Realismus verharren, d. h. die Wirklichkeit als gegeben annehmen, ohne daran zu denken, daß wir ſie doch erſt wahrnehmen müſſen, damit ſie gegeben ſei, anderentheils Geiſt und Körper als ſelbſtſtändige in einem Subordina¬ tionsverhältniß zu einander ſtehende Beſtandtheile der menſchlichen Natur betrachten. Wenn wir aber Ernſt machen mit der Einſicht, daß wir ein Wirkliches immer nur als Reſultat eines Vorganges beſitzen können, deſſen Schauplatz wir ſelbſt als empfindende, wahrnehmende, vor¬ ſtellende, denkende Weſen ſind, und wenn wir zugleich auf Grund der Einſicht in den Parallelismus geiſtiger und körperlicher Vorgänge die Ueberzeugung gewonnen haben, daß ein geiſtiges Reſultat und ſein ſinnlich wahrnehmbarer
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fällt, welche der Seele ein ſelbſtſtändiges Leben und eine
den Leib bewegende Thätigkeit zuſchreibt, oder aber daß
man in der Ausdrucksbewegung eben nicht den Ausdruck
eines pſychiſchen Produktes, ſondern die Entwickelung eines
pſychophyſiſchen Vorganges erblickt.
Auf Grund dieſer Ausführungen kommen wir nun in
Betreff des Bedeutungswerthes, den wir dem in der Sprache
vorliegenden Erzeugniß unſerer körperlich-geiſtigen Organi¬
ſation zuzuſchreiben berechtigt ſind, zu folgendem Reſultat:
wollen wir daran feſthalten, daß der ſprachliche Ausdruck
irgend ein Wirkliches, was abgeſehen von der ſprachlichen
Form auf das Recht des Vorhandenſeins Anſpruch habe,
zu bedeuten und ſomit zum Gegenſtand unſeres Denkens
und Erkennens zu machen vermöge, ſo können wir das
nur, wenn wir einestheils auf dem Standpunkte des naiven
Realismus verharren, d. h. die Wirklichkeit als gegeben
annehmen, ohne daran zu denken, daß wir ſie doch erſt
wahrnehmen müſſen, damit ſie gegeben ſei, anderentheils
Geiſt und Körper als ſelbſtſtändige in einem Subordina¬
tionsverhältniß zu einander ſtehende Beſtandtheile der
menſchlichen Natur betrachten. Wenn wir aber Ernſt
machen mit der Einſicht, daß wir ein Wirkliches immer
nur als Reſultat eines Vorganges beſitzen können, deſſen
Schauplatz wir ſelbſt als empfindende, wahrnehmende, vor¬
ſtellende, denkende Weſen ſind, und wenn wir zugleich auf
Grund der Einſicht in den Parallelismus geiſtiger und
körperlicher Vorgänge die Ueberzeugung gewonnen haben,
daß ein geiſtiges Reſultat und ſein ſinnlich wahrnehmbarer
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/21>, abgerufen am 16.07.2024.
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