Nothwendigkeit versetzt, die künstlerische Thätigkeit der wissenschaftlichen gegenüberzustellen und ihr eine besondere Bedeutung zu erfinden, damit sie neben jener vornehmsten und im Grunde als allein wichtig betrachteten Aufgabe des menschlichen Geistes doch einiger Daseinsberechtigung sich erfreuen könne. Nun aber sehen wir den Künstler neben den Forscher treten. In beiden ist derselbe Trieb mächtig, der den Menschen beherrscht, sobald sich ein höheres Leben in ihm entwickelt; der Trieb, die Welt, in der er sich findet, sich anzueignen, das enge, kümmerliche, ver¬ worrene Bewußtsein des Seins, auf das er sich zunächst beschränkt sieht, thätig zur Klarheit und zum Reichthum zu entwickeln. Erkennen wir, daß das Denken seinen An¬ spruch, diese Aufgabe in ihrem ganzen Umfange lösen zu können, nicht aufrecht erhalten kann, so eröffnet sich uns zugleich die Einsicht, daß dem Menschen noch andere Fähig¬ keiten verliehen sind, durch die er in Regionen der Wirk¬ lichkeit vorzudringen vermag, die der an die Formen des Denkens gebundenen Erkenntniß von allem Anfang an unzugänglich bleiben müssen. Wir brauchen nicht nach einer Aufgabe zu suchen, die im Gegensatz zu der ernsten Aufgabe des Erkennens der Kunst gestellt wäre; vielmehr brauchen wir nur unbefangenen Auges zu sehen, was der Künstler thatsächlich thut, um zu begreifen, daß er eine Seite der Welt faßt, die nur durch seine Mittel zu fassen ist, und zu einem Bewußtsein der Wirklichkeit gelangt, das durch kein Denken jemals erreicht werden kann.
So wenig sich das Denken beruhigen kann, ehe es
Nothwendigkeit verſetzt, die künſtleriſche Thätigkeit der wiſſenſchaftlichen gegenüberzuſtellen und ihr eine beſondere Bedeutung zu erfinden, damit ſie neben jener vornehmſten und im Grunde als allein wichtig betrachteten Aufgabe des menſchlichen Geiſtes doch einiger Daſeinsberechtigung ſich erfreuen könne. Nun aber ſehen wir den Künſtler neben den Forſcher treten. In beiden iſt derſelbe Trieb mächtig, der den Menſchen beherrſcht, ſobald ſich ein höheres Leben in ihm entwickelt; der Trieb, die Welt, in der er ſich findet, ſich anzueignen, das enge, kümmerliche, ver¬ worrene Bewußtſein des Seins, auf das er ſich zunächſt beſchränkt ſieht, thätig zur Klarheit und zum Reichthum zu entwickeln. Erkennen wir, daß das Denken ſeinen An¬ ſpruch, dieſe Aufgabe in ihrem ganzen Umfange löſen zu können, nicht aufrecht erhalten kann, ſo eröffnet ſich uns zugleich die Einſicht, daß dem Menſchen noch andere Fähig¬ keiten verliehen ſind, durch die er in Regionen der Wirk¬ lichkeit vorzudringen vermag, die der an die Formen des Denkens gebundenen Erkenntniß von allem Anfang an unzugänglich bleiben müſſen. Wir brauchen nicht nach einer Aufgabe zu ſuchen, die im Gegenſatz zu der ernſten Aufgabe des Erkennens der Kunſt geſtellt wäre; vielmehr brauchen wir nur unbefangenen Auges zu ſehen, was der Künſtler thatſächlich thut, um zu begreifen, daß er eine Seite der Welt faßt, die nur durch ſeine Mittel zu faſſen iſt, und zu einem Bewußtſein der Wirklichkeit gelangt, das durch kein Denken jemals erreicht werden kann.
So wenig ſich das Denken beruhigen kann, ehe es
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Nothwendigkeit verſetzt, die künſtleriſche Thätigkeit der
wiſſenſchaftlichen gegenüberzuſtellen und ihr eine beſondere
Bedeutung zu erfinden, damit ſie neben jener vornehmſten
und im Grunde als allein wichtig betrachteten Aufgabe
des menſchlichen Geiſtes doch einiger Daſeinsberechtigung
ſich erfreuen könne. Nun aber ſehen wir den Künſtler
neben den Forſcher treten. In beiden iſt derſelbe Trieb
mächtig, der den Menſchen beherrſcht, ſobald ſich ein höheres
Leben in ihm entwickelt; der Trieb, die Welt, in der er
ſich findet, ſich anzueignen, das enge, kümmerliche, ver¬
worrene Bewußtſein des Seins, auf das er ſich zunächſt
beſchränkt ſieht, thätig zur Klarheit und zum Reichthum
zu entwickeln. Erkennen wir, daß das Denken ſeinen An¬
ſpruch, dieſe Aufgabe in ihrem ganzen Umfange löſen zu
können, nicht aufrecht erhalten kann, ſo eröffnet ſich uns
zugleich die Einſicht, daß dem Menſchen noch andere Fähig¬
keiten verliehen ſind, durch die er in Regionen der Wirk¬
lichkeit vorzudringen vermag, die der an die Formen des
Denkens gebundenen Erkenntniß von allem Anfang an
unzugänglich bleiben müſſen. Wir brauchen nicht nach
einer Aufgabe zu ſuchen, die im Gegenſatz zu der ernſten
Aufgabe des Erkennens der Kunſt geſtellt wäre; vielmehr
brauchen wir nur unbefangenen Auges zu ſehen, was der
Künſtler thatſächlich thut, um zu begreifen, daß er eine
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iſt, und zu einem Bewußtſein der Wirklichkeit gelangt,
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/123>, abgerufen am 18.07.2024.
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