Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Reden sind nicht müde geworden, euch einzu¬
schärfen, daß euch durchaus nichts helfen kann,
denn ihr euch selber, und sie finden nöthig, es
bis auf den lezten Augenblik zu wiederholen.
Wohl mögen Regen, und Than, und unfrucht¬
bare oder fruchtbare Jahre, gemacht werden,
durch eine uns unbekannte, und nicht unter
unsrer Gewalt stehende Macht; aber die ganz
eigenthümliche Zeit der Menschen, die mensch¬
lichen Verhältnisse, machen nur die Menschen
sich selber, und schlechthin keine außer ihnen
befindliche Macht. Nur wenn sie alle insge¬
sammt gleich blind und unwissend sind, fallen
sie dieser verborgenen Macht anheim: aber es
steht bei ihnen, nicht blind und unwissend zu
seyn. Zwar in welchem höhern oder niedern
Grade es uns übel gehen wird, dies mag
abhängen theils von jener unbekannten Macht,
ganz besonders aber von dem Verstande, und
dem guten Willen derer, denen wir unterwor¬
fen sind. Ob aber jemals es uns wieder wohl
gehen soll, dies hängt ganz allein von uns ab,
und es wird sicherlich nie wieder irgend ein
Wohlseyn an uns kommen, wenn wir nicht

G g

Reden ſind nicht muͤde geworden, euch einzu¬
ſchaͤrfen, daß euch durchaus nichts helfen kann,
denn ihr euch ſelber, und ſie finden noͤthig, es
bis auf den lezten Augenblik zu wiederholen.
Wohl moͤgen Regen, und Than, und unfrucht¬
bare oder fruchtbare Jahre, gemacht werden,
durch eine uns unbekannte, und nicht unter
unſrer Gewalt ſtehende Macht; aber die ganz
eigenthuͤmliche Zeit der Menſchen, die menſch¬
lichen Verhaͤltniſſe, machen nur die Menſchen
ſich ſelber, und ſchlechthin keine außer ihnen
befindliche Macht. Nur wenn ſie alle insge¬
ſammt gleich blind und unwiſſend ſind, fallen
ſie dieſer verborgenen Macht anheim: aber es
ſteht bei ihnen, nicht blind und unwiſſend zu
ſeyn. Zwar in welchem hoͤhern oder niedern
Grade es uns uͤbel gehen wird, dies mag
abhaͤngen theils von jener unbekannten Macht,
ganz beſonders aber von dem Verſtande, und
dem guten Willen derer, denen wir unterwor¬
fen ſind. Ob aber jemals es uns wieder wohl
gehen ſoll, dies haͤngt ganz allein von uns ab,
und es wird ſicherlich nie wieder irgend ein
Wohlſeyn an uns kommen, wenn wir nicht

G g
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0471" n="465"/>
Reden &#x017F;ind nicht mu&#x0364;de geworden, euch einzu¬<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;rfen, daß euch durchaus nichts helfen kann,<lb/>
denn ihr euch &#x017F;elber, und &#x017F;ie finden no&#x0364;thig, es<lb/>
bis auf den lezten Augenblik zu wiederholen.<lb/>
Wohl mo&#x0364;gen Regen, und Than, und unfrucht¬<lb/>
bare oder fruchtbare Jahre, gemacht werden,<lb/>
durch eine uns unbekannte, und nicht unter<lb/>
un&#x017F;rer Gewalt &#x017F;tehende Macht; aber die ganz<lb/>
eigenthu&#x0364;mliche Zeit der Men&#x017F;chen, die men&#x017F;ch¬<lb/>
lichen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, machen nur die Men&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elber, und &#x017F;chlechthin keine außer ihnen<lb/>
befindliche Macht. Nur wenn &#x017F;ie alle insge¬<lb/>
&#x017F;ammt gleich blind und unwi&#x017F;&#x017F;end &#x017F;ind, fallen<lb/>
&#x017F;ie die&#x017F;er verborgenen Macht anheim: aber es<lb/>
&#x017F;teht bei ihnen, nicht blind und unwi&#x017F;&#x017F;end zu<lb/>
&#x017F;eyn. Zwar in welchem ho&#x0364;hern oder niedern<lb/>
Grade es uns u&#x0364;bel gehen wird, dies mag<lb/>
abha&#x0364;ngen theils von jener unbekannten Macht,<lb/>
ganz be&#x017F;onders aber von dem Ver&#x017F;tande, und<lb/>
dem guten Willen derer, denen wir unterwor¬<lb/>
fen &#x017F;ind. Ob aber jemals es uns wieder wohl<lb/>
gehen &#x017F;oll, dies ha&#x0364;ngt ganz allein von uns ab,<lb/>
und es wird &#x017F;icherlich nie wieder irgend ein<lb/>
Wohl&#x017F;eyn an uns kommen, wenn wir nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[465/0471] Reden ſind nicht muͤde geworden, euch einzu¬ ſchaͤrfen, daß euch durchaus nichts helfen kann, denn ihr euch ſelber, und ſie finden noͤthig, es bis auf den lezten Augenblik zu wiederholen. Wohl moͤgen Regen, und Than, und unfrucht¬ bare oder fruchtbare Jahre, gemacht werden, durch eine uns unbekannte, und nicht unter unſrer Gewalt ſtehende Macht; aber die ganz eigenthuͤmliche Zeit der Menſchen, die menſch¬ lichen Verhaͤltniſſe, machen nur die Menſchen ſich ſelber, und ſchlechthin keine außer ihnen befindliche Macht. Nur wenn ſie alle insge¬ ſammt gleich blind und unwiſſend ſind, fallen ſie dieſer verborgenen Macht anheim: aber es ſteht bei ihnen, nicht blind und unwiſſend zu ſeyn. Zwar in welchem hoͤhern oder niedern Grade es uns uͤbel gehen wird, dies mag abhaͤngen theils von jener unbekannten Macht, ganz beſonders aber von dem Verſtande, und dem guten Willen derer, denen wir unterwor¬ fen ſind. Ob aber jemals es uns wieder wohl gehen ſoll, dies haͤngt ganz allein von uns ab, und es wird ſicherlich nie wieder irgend ein Wohlſeyn an uns kommen, wenn wir nicht G g

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/471
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/471>, abgerufen am 24.11.2024.