Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

dern sie nur steigern, und dieses ergiebt sich
von selbst. Jene Erziehung ist zugleich, wie
wir schon oben darauf deuteten, die einzig
mögliche Erziehung für Philosophie, und das
einige Mittel, diese leztere allgemein zu machen.

Mit dieser bürgerlichen, und religiösen Er¬
ziehung nun ist die Erziehung beschlossen, und
der Zögling zu entlassen, und so wären wir
denn fürs erste in Absicht des Inhalts der
vorgeschlagenen Erziehung im Reinen.

Es müsse niemals das Erkenntnißvermögen
des Zöglings angeregt werden, ohne daß die
Liebe für den erkannten Gegenstand es zugleich
werde, indem außerdem die Erkenntniß todt,
und eben so niemals die Liebe, ohne daß sie
der Erkenntniß klar werde, indem außerdem
die Liebe blind bleibe: ist einer der Hauptgrund¬
sätze der von uns vorgeschlagnen Erziehung, mit
welchem auch Pestalozzi seinem ganzen Denk¬
gebäude zufolge einverstanden seyn muß. Die
Anregung und Entwiklung dieser Liebe nun
knüpft sich an den folgegemäßen Lehrgang am
Faden der Empfindung, und der Anschauung,
von selbst, und kommt, ohne allen unsern Vor¬
satz, oder Zuthun. Das Kind hat einen na¬

dern ſie nur ſteigern, und dieſes ergiebt ſich
von ſelbſt. Jene Erziehung iſt zugleich, wie
wir ſchon oben darauf deuteten, die einzig
moͤgliche Erziehung fuͤr Philoſophie, und das
einige Mittel, dieſe leztere allgemein zu machen.

Mit dieſer buͤrgerlichen, und religioͤſen Er¬
ziehung nun iſt die Erziehung beſchloſſen, und
der Zoͤgling zu entlaſſen, und ſo waͤren wir
denn fuͤrs erſte in Abſicht des Inhalts der
vorgeſchlagenen Erziehung im Reinen.

Es muͤſſe niemals das Erkenntnißvermoͤgen
des Zoͤglings angeregt werden, ohne daß die
Liebe fuͤr den erkannten Gegenſtand es zugleich
werde, indem außerdem die Erkenntniß todt,
und eben ſo niemals die Liebe, ohne daß ſie
der Erkenntniß klar werde, indem außerdem
die Liebe blind bleibe: iſt einer der Hauptgrund¬
ſaͤtze der von uns vorgeſchlagnen Erziehung, mit
welchem auch Peſtalozzi ſeinem ganzen Denk¬
gebaͤude zufolge einverſtanden ſeyn muß. Die
Anregung und Entwiklung dieſer Liebe nun
knuͤpft ſich an den folgegemaͤßen Lehrgang am
Faden der Empfindung, und der Anſchauung,
von ſelbſt, und kommt, ohne allen unſern Vor¬
ſatz, oder Zuthun. Das Kind hat einen na¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0320" n="314"/>
dern &#x017F;ie nur &#x017F;teigern, und die&#x017F;es ergiebt &#x017F;ich<lb/>
von &#x017F;elb&#x017F;t. Jene Erziehung i&#x017F;t zugleich, wie<lb/>
wir &#x017F;chon oben darauf deuteten, die einzig<lb/>
mo&#x0364;gliche Erziehung fu&#x0364;r Philo&#x017F;ophie, und das<lb/>
einige Mittel, die&#x017F;e leztere allgemein zu machen.</p><lb/>
        <p>Mit die&#x017F;er bu&#x0364;rgerlichen, und religio&#x0364;&#x017F;en Er¬<lb/>
ziehung nun i&#x017F;t die Erziehung be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
der Zo&#x0364;gling zu entla&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;o wa&#x0364;ren wir<lb/>
denn fu&#x0364;rs er&#x017F;te in Ab&#x017F;icht des Inhalts der<lb/>
vorge&#x017F;chlagenen Erziehung im Reinen.</p><lb/>
        <p>Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e niemals das Erkenntnißvermo&#x0364;gen<lb/>
des Zo&#x0364;glings angeregt werden, ohne daß die<lb/>
Liebe fu&#x0364;r den erkannten Gegen&#x017F;tand es zugleich<lb/>
werde, indem außerdem die Erkenntniß todt,<lb/>
und eben &#x017F;o niemals die Liebe, ohne daß &#x017F;ie<lb/>
der Erkenntniß klar werde, indem außerdem<lb/>
die Liebe blind bleibe: i&#x017F;t einer der Hauptgrund¬<lb/>
&#x017F;a&#x0364;tze der von uns vorge&#x017F;chlagnen Erziehung, mit<lb/>
welchem auch Pe&#x017F;talozzi &#x017F;einem ganzen Denk¬<lb/>
geba&#x0364;ude zufolge einver&#x017F;tanden &#x017F;eyn muß. Die<lb/>
Anregung und Entwiklung die&#x017F;er Liebe nun<lb/>
knu&#x0364;pft &#x017F;ich an den folgegema&#x0364;ßen Lehrgang am<lb/>
Faden der Empfindung, und der An&#x017F;chauung,<lb/>
von &#x017F;elb&#x017F;t, und kommt, ohne allen un&#x017F;ern Vor¬<lb/>
&#x017F;atz, oder Zuthun. Das Kind hat einen na¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0320] dern ſie nur ſteigern, und dieſes ergiebt ſich von ſelbſt. Jene Erziehung iſt zugleich, wie wir ſchon oben darauf deuteten, die einzig moͤgliche Erziehung fuͤr Philoſophie, und das einige Mittel, dieſe leztere allgemein zu machen. Mit dieſer buͤrgerlichen, und religioͤſen Er¬ ziehung nun iſt die Erziehung beſchloſſen, und der Zoͤgling zu entlaſſen, und ſo waͤren wir denn fuͤrs erſte in Abſicht des Inhalts der vorgeſchlagenen Erziehung im Reinen. Es muͤſſe niemals das Erkenntnißvermoͤgen des Zoͤglings angeregt werden, ohne daß die Liebe fuͤr den erkannten Gegenſtand es zugleich werde, indem außerdem die Erkenntniß todt, und eben ſo niemals die Liebe, ohne daß ſie der Erkenntniß klar werde, indem außerdem die Liebe blind bleibe: iſt einer der Hauptgrund¬ ſaͤtze der von uns vorgeſchlagnen Erziehung, mit welchem auch Peſtalozzi ſeinem ganzen Denk¬ gebaͤude zufolge einverſtanden ſeyn muß. Die Anregung und Entwiklung dieſer Liebe nun knuͤpft ſich an den folgegemaͤßen Lehrgang am Faden der Empfindung, und der Anſchauung, von ſelbſt, und kommt, ohne allen unſern Vor¬ ſatz, oder Zuthun. Das Kind hat einen na¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/320
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/320>, abgerufen am 23.11.2024.