lange bleiben, bis sie vollendet ist, und vollen¬ det seyn kann; jene halbe Erziehung ist um nichts besser, denn gar keine; sie läßt es eben beim Alten, und wenn man dies will, so er¬ spare man sich lieber auch das Halbe, und er¬ kläre gleich von vorn herein geradezu, daß man nicht wolle, daß der Menschheit geholfen werde. Unter jener Voraussetzung nun kann in der bloßen National-Erziehung, so lange dieselbe dauert, Lesen und Schreiben zu nichts nützen, wohl aber kann es sehr schädlich werden, in¬ dem es von der unmittelbaren Anschauung zum bloßen Zeichen, und von der Aufmerksamkeit, die da weiß, daß sie nichts fasse, wenn sie es nicht jezt und zur Stelle faßt, zur Zerstreutheit, die sich ihres Niederschreibens tröstet, und ir¬ gend einmal vom Papiere lernen will, was sie wahrscheinlich nie lernen wird, und überhaupt zu der den Umgang mit Buchstaben so oft be¬ gleitenden Träumerei leichtlich verleiten könnte, so wie es dieses auch bisher gethan hat. Erst am völligen Schlusse der Erziehung, und als das lezte Geschenk derselben mit auf den Weg, könnten diese Künste mitgetheilt, und der Zög¬ ling geleitet werden durch Zergliederung der
lange bleiben, bis ſie vollendet iſt, und vollen¬ det ſeyn kann; jene halbe Erziehung iſt um nichts beſſer, denn gar keine; ſie laͤßt es eben beim Alten, und wenn man dies will, ſo er¬ ſpare man ſich lieber auch das Halbe, und er¬ klaͤre gleich von vorn herein geradezu, daß man nicht wolle, daß der Menſchheit geholfen werde. Unter jener Vorausſetzung nun kann in der bloßen National-Erziehung, ſo lange dieſelbe dauert, Leſen und Schreiben zu nichts nuͤtzen, wohl aber kann es ſehr ſchaͤdlich werden, in¬ dem es von der unmittelbaren Anſchauung zum bloßen Zeichen, und von der Aufmerkſamkeit, die da weiß, daß ſie nichts faſſe, wenn ſie es nicht jezt und zur Stelle faßt, zur Zerſtreutheit, die ſich ihres Niederſchreibens troͤſtet, und ir¬ gend einmal vom Papiere lernen will, was ſie wahrſcheinlich nie lernen wird, und uͤberhaupt zu der den Umgang mit Buchſtaben ſo oft be¬ gleitenden Traͤumerei leichtlich verleiten koͤnnte, ſo wie es dieſes auch bisher gethan hat. Erſt am voͤlligen Schluſſe der Erziehung, und als das lezte Geſchenk derſelben mit auf den Weg, koͤnnten dieſe Kuͤnſte mitgetheilt, und der Zoͤg¬ ling geleitet werden durch Zergliederung der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0306"n="300"/>
lange bleiben, bis ſie vollendet iſt, und vollen¬<lb/>
det ſeyn kann; jene halbe Erziehung iſt um<lb/>
nichts beſſer, denn gar keine; ſie laͤßt es eben<lb/>
beim Alten, und wenn man dies will, ſo er¬<lb/>ſpare man ſich lieber auch das Halbe, und er¬<lb/>
klaͤre gleich von vorn herein geradezu, daß man<lb/>
nicht wolle, daß der Menſchheit geholfen werde.<lb/>
Unter jener Vorausſetzung nun kann in der<lb/>
bloßen National-Erziehung, ſo lange dieſelbe<lb/>
dauert, Leſen und Schreiben zu nichts nuͤtzen,<lb/>
wohl aber kann es ſehr ſchaͤdlich werden, in¬<lb/>
dem es von der unmittelbaren Anſchauung zum<lb/>
bloßen Zeichen, und von der Aufmerkſamkeit,<lb/>
die da weiß, daß ſie nichts faſſe, wenn ſie es<lb/>
nicht jezt und zur Stelle faßt, zur Zerſtreutheit,<lb/>
die ſich ihres Niederſchreibens troͤſtet, und ir¬<lb/>
gend einmal vom Papiere lernen will, was ſie<lb/>
wahrſcheinlich nie lernen wird, und uͤberhaupt<lb/>
zu der den Umgang mit Buchſtaben ſo oft be¬<lb/>
gleitenden Traͤumerei leichtlich verleiten koͤnnte,<lb/>ſo wie es dieſes auch bisher gethan hat. Erſt<lb/>
am voͤlligen Schluſſe der Erziehung, und als<lb/>
das lezte Geſchenk derſelben mit auf den Weg,<lb/>
koͤnnten dieſe Kuͤnſte mitgetheilt, und der Zoͤg¬<lb/>
ling geleitet werden durch Zergliederung der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[300/0306]
lange bleiben, bis ſie vollendet iſt, und vollen¬
det ſeyn kann; jene halbe Erziehung iſt um
nichts beſſer, denn gar keine; ſie laͤßt es eben
beim Alten, und wenn man dies will, ſo er¬
ſpare man ſich lieber auch das Halbe, und er¬
klaͤre gleich von vorn herein geradezu, daß man
nicht wolle, daß der Menſchheit geholfen werde.
Unter jener Vorausſetzung nun kann in der
bloßen National-Erziehung, ſo lange dieſelbe
dauert, Leſen und Schreiben zu nichts nuͤtzen,
wohl aber kann es ſehr ſchaͤdlich werden, in¬
dem es von der unmittelbaren Anſchauung zum
bloßen Zeichen, und von der Aufmerkſamkeit,
die da weiß, daß ſie nichts faſſe, wenn ſie es
nicht jezt und zur Stelle faßt, zur Zerſtreutheit,
die ſich ihres Niederſchreibens troͤſtet, und ir¬
gend einmal vom Papiere lernen will, was ſie
wahrſcheinlich nie lernen wird, und uͤberhaupt
zu der den Umgang mit Buchſtaben ſo oft be¬
gleitenden Traͤumerei leichtlich verleiten koͤnnte,
ſo wie es dieſes auch bisher gethan hat. Erſt
am voͤlligen Schluſſe der Erziehung, und als
das lezte Geſchenk derſelben mit auf den Weg,
koͤnnten dieſe Kuͤnſte mitgetheilt, und der Zoͤg¬
ling geleitet werden durch Zergliederung der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/306>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.