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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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richtiger ausdrücken würde, was ist Liebe des
Einzelnen zu seiner Nation?

Sind wir bisher im Gange unsrer Unter¬
suchung richtig verfahren, so muß hiebei zu¬
gleich erhellen, daß nur der Deutsche -- der ur¬
sprüngliche, und nicht in einer willkührlichen
Satzung erstorbene Mensch, wahrhaft ein Volk
hat, und auf eins zu rechnen befugt ist, und daß
nur er der eigentlichen und vernunftgemäßen
Liebe zu seiner Nation fähig ist.

Wir bahnen uns den Weg zur Lösung der
gestellten Aufgabe durch folgende, fürs erste
außer dem Zusammenhange des bisherigen zu
liegen scheinende Bemerkung.

Die Religion, wie wir dies schon in unsrer
dritten Rede angemerkt haben, vermag durch¬
aus hinweg zu versetzen über alle Zeit, und
über das ganze gegenwärtige, und sinnliche
Leben, ohne darum der Rechtlichkeit, Sittlich¬
keit, und Heiligkeit des von diesem Glauben
ergriffenen Lebens den mindesten Abbruch zu
thun. Man kann, auch bei der sichern Ueber¬
zeugung, daß alles unser Wirken auf dieser
Erde nicht die mindeste Spur hinter sich lassen,
und nicht die mindeste Frucht bringen werde,

richtiger ausdruͤcken wuͤrde, was iſt Liebe des
Einzelnen zu ſeiner Nation?

Sind wir bisher im Gange unſrer Unter¬
ſuchung richtig verfahren, ſo muß hiebei zu¬
gleich erhellen, daß nur der Deutſche — der ur¬
ſpruͤngliche, und nicht in einer willkuͤhrlichen
Satzung erſtorbene Menſch, wahrhaft ein Volk
hat, und auf eins zu rechnen befugt iſt, und daß
nur er der eigentlichen und vernunftgemaͤßen
Liebe zu ſeiner Nation faͤhig iſt.

Wir bahnen uns den Weg zur Loͤſung der
geſtellten Aufgabe durch folgende, fuͤrs erſte
außer dem Zuſammenhange des bisherigen zu
liegen ſcheinende Bemerkung.

Die Religion, wie wir dies ſchon in unſrer
dritten Rede angemerkt haben, vermag durch¬
aus hinweg zu verſetzen uͤber alle Zeit, und
uͤber das ganze gegenwaͤrtige, und ſinnliche
Leben, ohne darum der Rechtlichkeit, Sittlich¬
keit, und Heiligkeit des von dieſem Glauben
ergriffenen Lebens den mindeſten Abbruch zu
thun. Man kann, auch bei der ſichern Ueber¬
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und nicht die mindeſte Frucht bringen werde,

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[244/0250] richtiger ausdruͤcken wuͤrde, was iſt Liebe des Einzelnen zu ſeiner Nation? Sind wir bisher im Gange unſrer Unter¬ ſuchung richtig verfahren, ſo muß hiebei zu¬ gleich erhellen, daß nur der Deutſche — der ur¬ ſpruͤngliche, und nicht in einer willkuͤhrlichen Satzung erſtorbene Menſch, wahrhaft ein Volk hat, und auf eins zu rechnen befugt iſt, und daß nur er der eigentlichen und vernunftgemaͤßen Liebe zu ſeiner Nation faͤhig iſt. Wir bahnen uns den Weg zur Loͤſung der geſtellten Aufgabe durch folgende, fuͤrs erſte außer dem Zuſammenhange des bisherigen zu liegen ſcheinende Bemerkung. Die Religion, wie wir dies ſchon in unſrer dritten Rede angemerkt haben, vermag durch¬ aus hinweg zu verſetzen uͤber alle Zeit, und uͤber das ganze gegenwaͤrtige, und ſinnliche Leben, ohne darum der Rechtlichkeit, Sittlich¬ keit, und Heiligkeit des von dieſem Glauben ergriffenen Lebens den mindeſten Abbruch zu thun. Man kann, auch bei der ſichern Ueber¬ zeugung, daß alles unſer Wirken auf dieſer Erde nicht die mindeſte Spur hinter ſich laſſen, und nicht die mindeſte Frucht bringen werde,

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/250>, abgerufen am 25.11.2024.