Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Triebfeder, statt findet; und ein Drittes ist
nicht möglich. Nehmet ihr das erste an, so
befindet ihr euch in einem alles Denken, und
allen Mechanismus aufhebenden Zirkel; das
ganze Werk kann die Triebfeder zwingen, nur,
in wiefern es selbst von jener gezwungen ist,
sie zu zwingen, also, in wiefern die Triebfeder,
nur mittelbar, sich selbst zwingt; zwingt sie aber
sich selbst nicht, welchem Mangel wir ja eben
abhelfen wollten, so erfolgt überhaupt keine
Bewegung. Nehmt ihr das zweite an, so be¬
kennt ihr, daß der Ursprung aller Bewegung in
eurem Werke von einer in eurer Berechnung,
und Anordnung gar nicht eingetretenen und
durch euren Mechanismus gar nicht gebunde¬
nen Kraft ausgehe, die ohne Zweifel, ohne euer
Zuthun, nach ihren eignen euch unbekannten
Gesetzen, wirkt, wie sie kann. In jedem der
beiden Fälle müßt ihr euch als Stümper, und
ohnmächtige Praler bekennen.

Dies hat man denn auch gefühlt, und in
diesem Lehrgebäude, das, auf seinen Zwang
rechnend, um die übrigen Bürger unbesorgt seyn
kann, wenigstens den Fürsten, von welchem alle
gesellschaftliche Bewegung ausgeht, durch al¬

Triebfeder, ſtatt findet; und ein Drittes iſt
nicht moͤglich. Nehmet ihr das erſte an, ſo
befindet ihr euch in einem alles Denken, und
allen Mechanismus aufhebenden Zirkel; das
ganze Werk kann die Triebfeder zwingen, nur,
in wiefern es ſelbſt von jener gezwungen iſt,
ſie zu zwingen, alſo, in wiefern die Triebfeder,
nur mittelbar, ſich ſelbſt zwingt; zwingt ſie aber
ſich ſelbſt nicht, welchem Mangel wir ja eben
abhelfen wollten, ſo erfolgt uͤberhaupt keine
Bewegung. Nehmt ihr das zweite an, ſo be¬
kennt ihr, daß der Urſprung aller Bewegung in
eurem Werke von einer in eurer Berechnung,
und Anordnung gar nicht eingetretenen und
durch euren Mechanismus gar nicht gebunde¬
nen Kraft ausgehe, die ohne Zweifel, ohne euer
Zuthun, nach ihren eignen euch unbekannten
Geſetzen, wirkt, wie ſie kann. In jedem der
beiden Faͤlle muͤßt ihr euch als Stuͤmper, und
ohnmaͤchtige Praler bekennen.

Dies hat man denn auch gefuͤhlt, und in
dieſem Lehrgebaͤude, das, auf ſeinen Zwang
rechnend, um die uͤbrigen Buͤrger unbeſorgt ſeyn
kann, wenigſtens den Fuͤrſten, von welchem alle
geſellſchaftliche Bewegung ausgeht, durch al¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0225" n="219"/>
Triebfeder, &#x017F;tatt findet; und ein Drittes i&#x017F;t<lb/>
nicht mo&#x0364;glich. Nehmet ihr das er&#x017F;te an, &#x017F;o<lb/>
befindet ihr euch in einem alles Denken, und<lb/>
allen Mechanismus aufhebenden Zirkel; das<lb/>
ganze Werk kann die Triebfeder zwingen, nur,<lb/>
in wiefern es &#x017F;elb&#x017F;t von jener gezwungen i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;ie zu zwingen, al&#x017F;o, in wiefern die Triebfeder,<lb/>
nur mittelbar, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zwingt; zwingt &#x017F;ie aber<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht, welchem Mangel wir ja eben<lb/>
abhelfen wollten, &#x017F;o erfolgt u&#x0364;berhaupt keine<lb/>
Bewegung. Nehmt ihr das zweite an, &#x017F;o be¬<lb/>
kennt ihr, daß der Ur&#x017F;prung aller Bewegung in<lb/>
eurem Werke von einer in eurer Berechnung,<lb/>
und Anordnung gar nicht eingetretenen und<lb/>
durch euren Mechanismus gar nicht gebunde¬<lb/>
nen Kraft ausgehe, die ohne Zweifel, ohne euer<lb/>
Zuthun, nach ihren eignen euch unbekannten<lb/>
Ge&#x017F;etzen, wirkt, wie &#x017F;ie kann. In jedem der<lb/>
beiden Fa&#x0364;lle mu&#x0364;ßt ihr euch als Stu&#x0364;mper, und<lb/>
ohnma&#x0364;chtige Praler bekennen.</p><lb/>
        <p>Dies hat man denn auch gefu&#x0364;hlt, und in<lb/>
die&#x017F;em Lehrgeba&#x0364;ude, das, auf &#x017F;einen Zwang<lb/>
rechnend, um die u&#x0364;brigen Bu&#x0364;rger unbe&#x017F;orgt &#x017F;eyn<lb/>
kann, wenig&#x017F;tens den Fu&#x0364;r&#x017F;ten, von welchem alle<lb/>
ge&#x017F;ell&#x017F;chaftliche Bewegung ausgeht, durch al¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0225] Triebfeder, ſtatt findet; und ein Drittes iſt nicht moͤglich. Nehmet ihr das erſte an, ſo befindet ihr euch in einem alles Denken, und allen Mechanismus aufhebenden Zirkel; das ganze Werk kann die Triebfeder zwingen, nur, in wiefern es ſelbſt von jener gezwungen iſt, ſie zu zwingen, alſo, in wiefern die Triebfeder, nur mittelbar, ſich ſelbſt zwingt; zwingt ſie aber ſich ſelbſt nicht, welchem Mangel wir ja eben abhelfen wollten, ſo erfolgt uͤberhaupt keine Bewegung. Nehmt ihr das zweite an, ſo be¬ kennt ihr, daß der Urſprung aller Bewegung in eurem Werke von einer in eurer Berechnung, und Anordnung gar nicht eingetretenen und durch euren Mechanismus gar nicht gebunde¬ nen Kraft ausgehe, die ohne Zweifel, ohne euer Zuthun, nach ihren eignen euch unbekannten Geſetzen, wirkt, wie ſie kann. In jedem der beiden Faͤlle muͤßt ihr euch als Stuͤmper, und ohnmaͤchtige Praler bekennen. Dies hat man denn auch gefuͤhlt, und in dieſem Lehrgebaͤude, das, auf ſeinen Zwang rechnend, um die uͤbrigen Buͤrger unbeſorgt ſeyn kann, wenigſtens den Fuͤrſten, von welchem alle geſellſchaftliche Bewegung ausgeht, durch al¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/225
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/225>, abgerufen am 09.05.2024.