Unter den einzelnen, und besondern Mit¬ teln den Deutschen Geist wieder zu heben, würde es ein sehr kräftiges seyn, wenn wir eine begeisternde Geschichte der Deutschen aus diesem Zeitraume hätten, die da National- und Volks-Buch würde, so wie Bibel, oder Gesangbuch es sind, so lange, bis wir selbst wiederum etwas des Aufzeichnens werthes hervorbrächten. Nur müßte eine solche Ge¬ schichte nicht etwa chronikenmäßig die Tha¬ ten und Ereignisse aufzählen, sondern sie müßte uns, wunderbar ergreifend, und ohne unser eigenes Zuthun oder klares Bewußtseyn, mitten hinein versetzen in das Leben jener Zeit, so daß wir selbst mit ihnen zu gehen, zu stehen, zu beschließen, zu handeln schie¬ nen, und dies nicht durch kindische und tän¬ delnde Erdichtung, wie es so viele historische Romane gethan haben, sondern durch Wahr¬ heit; und aus diesem ihren Leben müßte sie die Thaten und Ereignisse, als Belege des¬ selben, hervorblühen lassen. Ein solches Werk könnte zwar nur die Frucht von aus¬ gebreiteten Kenntnissen seyn, und von For¬
Unter den einzelnen, und beſondern Mit¬ teln den Deutſchen Geiſt wieder zu heben, wuͤrde es ein ſehr kraͤftiges ſeyn, wenn wir eine begeiſternde Geſchichte der Deutſchen aus dieſem Zeitraume haͤtten, die da National- und Volks-Buch wuͤrde, ſo wie Bibel, oder Geſangbuch es ſind, ſo lange, bis wir ſelbſt wiederum etwas des Aufzeichnens werthes hervorbraͤchten. Nur muͤßte eine ſolche Ge¬ ſchichte nicht etwa chronikenmaͤßig die Tha¬ ten und Ereigniſſe aufzaͤhlen, ſondern ſie muͤßte uns, wunderbar ergreifend, und ohne unſer eigenes Zuthun oder klares Bewußtſeyn, mitten hinein verſetzen in das Leben jener Zeit, ſo daß wir ſelbſt mit ihnen zu gehen, zu ſtehen, zu beſchließen, zu handeln ſchie¬ nen, und dies nicht durch kindiſche und taͤn¬ delnde Erdichtung, wie es ſo viele hiſtoriſche Romane gethan haben, ſondern durch Wahr¬ heit; und aus dieſem ihren Leben muͤßte ſie die Thaten und Ereigniſſe, als Belege deſ¬ ſelben, hervorbluͤhen laſſen. Ein ſolches Werk koͤnnte zwar nur die Frucht von aus¬ gebreiteten Kenntniſſen ſeyn, und von For¬
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[205/0211]
Unter den einzelnen, und beſondern Mit¬
teln den Deutſchen Geiſt wieder zu heben,
wuͤrde es ein ſehr kraͤftiges ſeyn, wenn wir
eine begeiſternde Geſchichte der Deutſchen aus
dieſem Zeitraume haͤtten, die da National-
und Volks-Buch wuͤrde, ſo wie Bibel, oder
Geſangbuch es ſind, ſo lange, bis wir ſelbſt
wiederum etwas des Aufzeichnens werthes
hervorbraͤchten. Nur muͤßte eine ſolche Ge¬
ſchichte nicht etwa chronikenmaͤßig die Tha¬
ten und Ereigniſſe aufzaͤhlen, ſondern ſie
muͤßte uns, wunderbar ergreifend, und ohne
unſer eigenes Zuthun oder klares Bewußtſeyn,
mitten hinein verſetzen in das Leben jener
Zeit, ſo daß wir ſelbſt mit ihnen zu gehen,
zu ſtehen, zu beſchließen, zu handeln ſchie¬
nen, und dies nicht durch kindiſche und taͤn¬
delnde Erdichtung, wie es ſo viele hiſtoriſche
Romane gethan haben, ſondern durch Wahr¬
heit; und aus dieſem ihren Leben muͤßte ſie
die Thaten und Ereigniſſe, als Belege deſ¬
ſelben, hervorbluͤhen laſſen. Ein ſolches
Werk koͤnnte zwar nur die Frucht von aus¬
gebreiteten Kenntniſſen ſeyn, und von For¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/211>, abgerufen am 25.11.2024.
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