das Ausland eine andere Aufgabe der Ver¬ nunft und der Philosophie an die neue Welt, die Errichtung des vollkommnen Staats, leicht, und mit feuriger Kühnheit ergriffen, und kurz darauf dieselbe also fallen lassen, daß es durch seinen jetzigen Zustand genö¬ thiget ist, den bloßen Gedanken der Aufgabe als ein Verbrechen zu verdammen, und alles anwenden müßte, um, wenn es könnte, jene Bestrebungen aus den Jahrbüchern seiner Geschichte auszutilgen. Der Grund dieses Erfolgs liegt am Tage: Der vernunftge¬ mäße Staat läßt sich nicht durch künstliche Vorkehrungen aus jedem vorhandenen Stoffe aufbauen, sondern die Nation muß zu dem¬ selben erst gebildet, und herauferzogen wer¬ den. Nur diejenige Nation, welche zuför¬ derst die Aufgabe der Erziehung zum voll¬ kommnen Menschen, durch die wirkliche Aus¬ übung, gelößt haben wird, wird sodann auch jene des vollkommnen Staats lösen.
Auch die zulezt genannte Aufgabe der Er¬ ziehung ist seit unsrer Kirchen-Verbesserung vom Auslande geistvoll, aber im Sinne
das Ausland eine andere Aufgabe der Ver¬ nunft und der Philoſophie an die neue Welt, die Errichtung des vollkommnen Staats, leicht, und mit feuriger Kuͤhnheit ergriffen, und kurz darauf dieſelbe alſo fallen laſſen, daß es durch ſeinen jetzigen Zuſtand genoͤ¬ thiget iſt, den bloßen Gedanken der Aufgabe als ein Verbrechen zu verdammen, und alles anwenden muͤßte, um, wenn es koͤnnte, jene Beſtrebungen aus den Jahrbuͤchern ſeiner Geſchichte auszutilgen. Der Grund dieſes Erfolgs liegt am Tage: Der vernunftge¬ maͤße Staat laͤßt ſich nicht durch kuͤnſtliche Vorkehrungen aus jedem vorhandenen Stoffe aufbauen, ſondern die Nation muß zu dem¬ ſelben erſt gebildet, und herauferzogen wer¬ den. Nur diejenige Nation, welche zufoͤr¬ derſt die Aufgabe der Erziehung zum voll¬ kommnen Menſchen, durch die wirkliche Aus¬ uͤbung, geloͤßt haben wird, wird ſodann auch jene des vollkommnen Staats loͤſen.
Auch die zulezt genannte Aufgabe der Er¬ ziehung iſt ſeit unſrer Kirchen-Verbeſſerung vom Auslande geiſtvoll, aber im Sinne
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[197/0203]
das Ausland eine andere Aufgabe der Ver¬
nunft und der Philoſophie an die neue Welt,
die Errichtung des vollkommnen Staats,
leicht, und mit feuriger Kuͤhnheit ergriffen,
und kurz darauf dieſelbe alſo fallen laſſen,
daß es durch ſeinen jetzigen Zuſtand genoͤ¬
thiget iſt, den bloßen Gedanken der Aufgabe
als ein Verbrechen zu verdammen, und alles
anwenden muͤßte, um, wenn es koͤnnte, jene
Beſtrebungen aus den Jahrbuͤchern ſeiner
Geſchichte auszutilgen. Der Grund dieſes
Erfolgs liegt am Tage: Der vernunftge¬
maͤße Staat laͤßt ſich nicht durch kuͤnſtliche
Vorkehrungen aus jedem vorhandenen Stoffe
aufbauen, ſondern die Nation muß zu dem¬
ſelben erſt gebildet, und herauferzogen wer¬
den. Nur diejenige Nation, welche zufoͤr¬
derſt die Aufgabe der Erziehung zum voll¬
kommnen Menſchen, durch die wirkliche Aus¬
uͤbung, geloͤßt haben wird, wird ſodann auch
jene des vollkommnen Staats loͤſen.
Auch die zulezt genannte Aufgabe der Er¬
ziehung iſt ſeit unſrer Kirchen-Verbeſſerung
vom Auslande geiſtvoll, aber im Sinne
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/203>, abgerufen am 22.11.2024.
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