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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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I. Buch. II. Theil. I. Titel. V. Abschnitt.
für jene Person überhaupt 2) das Bewustseyn
dieser Verbindlichkeit
bey der Willensbestim-
mung zu der Handlung oder Unterlassung,
aus welcher der rechtswidrige Effect entstan-
den ist, 3 die Erkenntniss, dass die unternom-
mene Handlung oder Unterlassung unter der
Verbindlichkeit
stehe, 4) die physische Möglich-
keit
, die Handlung zu thun oder unterlassen
und den gesetzwidrigen Effect zu verhüthen.
Wo Eins dieser Requisite mangelt, ist das Ver-
brechen unverschuldet, weil nur unter diesen
Bedingungen eine Gesetzwidrigkeit des Be-
gehrens in Rücksicht auf Culpa denkbar ist. *)

§. 64.

Die Culpa zerfällt in Rücksicht der Hand-
lungen oder Unterlassungen, welche die
Uebertretung ohne Absicht der Person be-
gründen können, in vier Arten. Diese Hand-
lungen können I. innere Handlungen, und zwar
unterlassener Gebrauch des Erkenntnissvermö-
gens
seyn. Gebrauchte die Person mit Ernst
ihre Erkenntnisskräfte, um die Erkenntniss
zu erlangen, aus derem Nichtdaseyn die Ue-
bertretung entsprang, so war ihre Unwissen-
heit
oder ihr Irrthum unverschuldet (error-
ignorantia invincibilis), wenn sie die Erkennt-
niss überhaupt oder die wahre Erkenntniss
dennoch nicht erlangte. Denn die Culpa setzt
physische Möglichkeit voraus (§. 63.). Es war
aber der Person (subjective) unmöglich die
wahre Erkenntniss zu erlangen, wenn sie sie

erhal-
*) Vergl. die Betrachtungen über Dolus und Culpa. Betr.
III. -- IX.

I. Buch. II. Theil. I. Titel. V. Abſchnitt.
für jene Perſon überhaupt 2) das Bewuſtſeyn
dieſer Verbindlichkeit
bey der Willensbeſtim-
mung zu der Handlung oder Unterlaſſung,
aus welcher der rechtswidrige Effect entſtan-
den iſt, 3 die Erkenntniſs, daſs die unternom-
mene Handlung oder Unterlaſſung unter der
Verbindlichkeit
ſtehe, 4) die phyſiſche Möglich-
keit
, die Handlung zu thun oder unterlaſſen
und den geſetzwidrigen Effect zu verhüthen.
Wo Eins dieſer Requiſite mangelt, iſt das Ver-
brechen unverſchuldet, weil nur unter dieſen
Bedingungen eine Geſetzwidrigkeit des Be-
gehrens in Rückſicht auf Culpa denkbar iſt. *)

§. 64.

Die Culpa zerfällt in Rückſicht der Hand-
lungen oder Unterlaſſungen, welche die
Uebertretung ohne Abſicht der Perſon be-
gründen können, in vier Arten. Dieſe Hand-
lungen können I. innere Handlungen, und zwar
unterlaſſener Gebrauch des Erkenntniſsvermö-
gens
ſeyn. Gebrauchte die Perſon mit Ernſt
ihre Erkenntniſskräfte, um die Erkenntniſs
zu erlangen, aus derem Nichtdaſeyn die Ue-
bertretung entſprang, ſo war ihre Unwiſſen-
heit
oder ihr Irrthum unverſchuldet (error-
ignorantia invincibilis), wenn ſie die Erkennt-
niſs überhaupt oder die wahre Erkenntniſs
dennoch nicht erlangte. Denn die Culpa ſetzt
phyſiſche Möglichkeit voraus (§. 63.). Es war
aber der Perſon (ſubjective) unmöglich die
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*) Vergl. die Betrachtungen über Dolus und Culpa. Betr.
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[48/0076] I. Buch. II. Theil. I. Titel. V. Abſchnitt. für jene Perſon überhaupt 2) das Bewuſtſeyn dieſer Verbindlichkeit bey der Willensbeſtim- mung zu der Handlung oder Unterlaſſung, aus welcher der rechtswidrige Effect entſtan- den iſt, 3 die Erkenntniſs, daſs die unternom- mene Handlung oder Unterlaſſung unter der Verbindlichkeit ſtehe, 4) die phyſiſche Möglich- keit, die Handlung zu thun oder unterlaſſen und den geſetzwidrigen Effect zu verhüthen. Wo Eins dieſer Requiſite mangelt, iſt das Ver- brechen unverſchuldet, weil nur unter dieſen Bedingungen eine Geſetzwidrigkeit des Be- gehrens in Rückſicht auf Culpa denkbar iſt. *) §. 64. Die Culpa zerfällt in Rückſicht der Hand- lungen oder Unterlaſſungen, welche die Uebertretung ohne Abſicht der Perſon be- gründen können, in vier Arten. Dieſe Hand- lungen können I. innere Handlungen, und zwar unterlaſſener Gebrauch des Erkenntniſsvermö- gens ſeyn. Gebrauchte die Perſon mit Ernſt ihre Erkenntniſskräfte, um die Erkenntniſs zu erlangen, aus derem Nichtdaſeyn die Ue- bertretung entſprang, ſo war ihre Unwiſſen- heit oder ihr Irrthum unverſchuldet (error- ignorantia invincibilis), wenn ſie die Erkennt- niſs überhaupt oder die wahre Erkenntniſs dennoch nicht erlangte. Denn die Culpa ſetzt phyſiſche Möglichkeit voraus (§. 63.). Es war aber der Perſon (ſubjective) unmöglich die wahre Erkenntniſs zu erlangen, wenn ſie ſie erhal- *) Vergl. die Betrachtungen über Dolus und Culpa. Betr. III. — IX.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/76>, abgerufen am 27.11.2024.