Die Sicherungsmittel vor der Gefahr der Flucht sind: I) Caution II) Gefängniss, Incar- ceration des Angeschuldigten. Welches von beyden Sicherungsmitteln statt finden müsse, ist aus der Regel §. 555 zu bestimmen. Aus dieser folgt 1) Caution findet als Sicherungs- mittel statt, a) wenn jemand eines geringeren Verbrechens angeschuldigt ist und ihn blos seine persönliche Eigenschaft der Flucht ver- dächtig macht *), b) wenn Gründe der Ver- muthung vorhanden sind, dass die schwere, dem Verbrechen an sich gedrohte Strafe, im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kom- men werde. 2) Es muss Gefängniss ange- wendet werden, a) wenn zwar an sich nur Gründe zur Caution existiren, diese aber von dem Angeschuldigten nicht geleistet werden kann, b) wenn die Grösse des Verbrechens (auf dem entweder eine Capital- oder schwere Leibesstrafe steht) entweder allein, oder ver- bunden mit den persönlichen Eigenschaften, Gefahr einer Flucht begründet. Denn die Grösse des bevorstehenden Uebels ist hier fähig, jeden Vortheil zu verdrängen, der mit dem Bleiben etwa verbunden ist **).
§. 560.
*)Heiljudex et defensor. C. 2. §. 5. Ludovici Criminalprocess Kap. II. §, 11.
**) Diese Theorie wird begründet durch die Gesetze L. 1. 3. D. de custodia reor.
F f
Mittel d. Angeſch. d. Gericht z. unterwerf.
§. 559.
Die Sicherungsmittel vor der Gefahr der Flucht ſind: I) Caution II) Gefängniſs, Incar- ceration des Angeſchuldigten. Welches von beyden Sicherungsmitteln ſtatt finden müſſe, iſt aus der Regel §. 555 zu beſtimmen. Aus dieſer folgt 1) Caution findet als Sicherungs- mittel ſtatt, a) wenn jemand eines geringeren Verbrechens angeſchuldigt iſt und ihn blos ſeine perſönliche Eigenſchaft der Flucht ver- dächtig macht *), b) wenn Gründe der Ver- muthung vorhanden ſind, daſs die ſchwere, dem Verbrechen an ſich gedrohte Strafe, im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kom- men werde. 2) Es muſs Gefängniſs ange- wendet werden, a) wenn zwar an ſich nur Gründe zur Caution exiſtiren, dieſe aber von dem Angeſchuldigten nicht geleiſtet werden kann, b) wenn die Gröſse des Verbrechens (auf dem entweder eine Capital- oder ſchwere Leibesſtrafe ſteht) entweder allein, oder ver- bunden mit den perſönlichen Eigenſchaften, Gefahr einer Flucht begründet. Denn die Gröſse des bevorſtehenden Uebels iſt hier fähig, jeden Vortheil zu verdrängen, der mit dem Bleiben etwa verbunden iſt **).
§. 560.
*)Heiljudex et defenſor. C. 2. §. 5. Ludovici Criminalproceſs Kap. II. §, 11.
**) Dieſe Theorie wird begründet durch die Geſetze L. 1. 3. D. de cuſtodia reor.
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Mittel d. Angeſch. d. Gericht z. unterwerf.
§. 559.
Die Sicherungsmittel vor der Gefahr der
Flucht ſind: I) Caution II) Gefängniſs, Incar-
ceration des Angeſchuldigten. Welches von
beyden Sicherungsmitteln ſtatt finden müſſe,
iſt aus der Regel §. 555 zu beſtimmen. Aus
dieſer folgt 1) Caution findet als Sicherungs-
mittel ſtatt, a) wenn jemand eines geringeren
Verbrechens angeſchuldigt iſt und ihn blos
ſeine perſönliche Eigenſchaft der Flucht ver-
dächtig macht *), b) wenn Gründe der Ver-
muthung vorhanden ſind, daſs die ſchwere,
dem Verbrechen an ſich gedrohte Strafe, im
vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kom-
men werde. 2) Es muſs Gefängniſs ange-
wendet werden, a) wenn zwar an ſich nur
Gründe zur Caution exiſtiren, dieſe aber von
dem Angeſchuldigten nicht geleiſtet werden
kann, b) wenn die Gröſse des Verbrechens
(auf dem entweder eine Capital- oder ſchwere
Leibesſtrafe ſteht) entweder allein, oder ver-
bunden mit den perſönlichen Eigenſchaften,
Gefahr einer Flucht begründet. Denn die
Gröſse des bevorſtehenden Uebels iſt hier fähig,
jeden Vortheil zu verdrängen, der mit dem
Bleiben etwa verbunden iſt **).
§. 560.
*) Heil judex et defenſor. C. 2. §. 5. Ludovici
Criminalproceſs Kap. II. §, 11.
**) Dieſe Theorie wird begründet durch die Geſetze
L. 1. 3. D. de cuſtodia reor.
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/477>, abgerufen am 26.11.2024.
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