Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abschnitt.
des Verbrechens 1) wenn der Handelnde nicht
weiss, dass er in andern eine solche Vorstel-
lung bewirke und also das, was er für wahr
ausgiebt, selbst für Wahrheit hält: 2) wenn
er zwar die betrügerische Handlung mit dem
Bewusstseyn der Betrügerey unternimmt,
aber ihm das Bewusstseyn der positiven Straf-
barkeit derselben mangelt *). Auf die Trieb-
feder zur Handlung, mag diese Eigennutz,
oder was sonst seyn, kömmt es nicht an.

§. 449.

Das Falsum ist vollendet, sobald die
Rechtsverletzung, welche zum Effect des Falsi
gehört, wirklich existirt. Dies ist der Fall
1) bey negativen Fälschungen, sobald als das
Object der möglichen Erkenntniss dem andern
wirklich entzogen worden ist, diese Unter-
drückung mag nun fortdauern oder gehoben
werden. 2) Bey positiven Fälschungen, sobald
die Handlung, welche die Täuschung bewir-
ken musste, mit dem Effect der Rechtsver-
letzung geschehen ist.

§. 450.

Die Fälschung überhaupt enthält als Arten
I. die Fälschung im engern Verstande, Täu-
schung durch Veränderung der Merkmale einer

Sache
Worten: "Item welcher böslicher und betrüglicher
Weise etc."
*) Eine Ausnahme hiervon enthält L. 15. pr. D. h. t.
u. L. 3. C. de bis, qui sibi adscribunt.

II. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.
des Verbrechens 1) wenn der Handelnde nicht
weiſs, daſs er in andern eine ſolche Vorſtel-
lung bewirke und alſo das, was er für wahr
ausgiebt, ſelbſt für Wahrheit hält: 2) wenn
er zwar die betrügeriſche Handlung mit dem
Bewuſstſeyn der Betrügerey unternimmt,
aber ihm das Bewuſstſeyn der poſitiven Straf-
barkeit derſelben mangelt *). Auf die Trieb-
feder zur Handlung, mag dieſe Eigennutz,
oder was ſonſt ſeyn, kömmt es nicht an.

§. 449.

Das Falſum iſt vollendet, ſobald die
Rechtsverletzung, welche zum Effect des Falſi
gehört, wirklich exiſtirt. Dies iſt der Fall
1) bey negativen Fälſchungen, ſobald als das
Object der möglichen Erkenntniſs dem andern
wirklich entzogen worden iſt, dieſe Unter-
drückung mag nun fortdauern oder gehoben
werden. 2) Bey poſitiven Fälſchungen, ſobald
die Handlung, welche die Täuſchung bewir-
ken muſste, mit dem Effect der Rechtsver-
letzung geſchehen iſt.

§. 450.

Die Fälſchung überhaupt enthält als Arten
I. die Fälſchung im engern Verſtande, Täu-
ſchung durch Veränderung der Merkmale einer

Sache
Worten: „Item welcher böslicher und betrüglicher
Weiſe etc.“
*) Eine Ausnahme hiervon enthält L. 15. pr. D. h. t.
u. L. 3. C. de bis, qui ſibi adſcribunt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0388" n="360"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
des Verbrechens 1) wenn der Handelnde nicht<lb/>
wei&#x017F;s, da&#x017F;s er in andern eine &#x017F;olche Vor&#x017F;tel-<lb/>
lung bewirke und al&#x017F;o das, was er für wahr<lb/>
ausgiebt, &#x017F;elb&#x017F;t für Wahrheit hält: 2) wenn<lb/>
er zwar die betrügeri&#x017F;che Handlung mit dem<lb/>
Bewu&#x017F;st&#x017F;eyn der Betrügerey unternimmt,<lb/>
aber ihm das Bewu&#x017F;st&#x017F;eyn der po&#x017F;itiven Straf-<lb/>
barkeit der&#x017F;elben mangelt <note place="foot" n="*)">Eine Ausnahme hiervon enthält L. 15. pr. D. h. t.<lb/>
u. L. 3. <hi rendition="#i">C. de bis, qui &#x017F;ibi ad&#x017F;cribunt.</hi></note>. Auf die Trieb-<lb/>
feder zur Handlung, mag die&#x017F;e Eigennutz,<lb/>
oder was &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;eyn, kömmt es nicht an.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 449.</head><lb/>
                    <p>Das Fal&#x017F;um i&#x017F;t vollendet, &#x017F;obald die<lb/>
Rechtsverletzung, welche zum Effect des Fal&#x017F;i<lb/>
gehört, wirklich exi&#x017F;tirt. Dies i&#x017F;t der Fall<lb/>
1) bey <hi rendition="#i">negativen</hi> Fäl&#x017F;chungen, <hi rendition="#i">&#x017F;obald</hi> als das<lb/>
Object der möglichen Erkenntni&#x017F;s dem andern<lb/>
wirklich entzogen worden i&#x017F;t, die&#x017F;e Unter-<lb/>
drückung mag nun fortdauern oder gehoben<lb/>
werden. 2) Bey <hi rendition="#i">po&#x017F;itiven</hi> Fäl&#x017F;chungen, &#x017F;obald<lb/>
die Handlung, welche die Täu&#x017F;chung bewir-<lb/>
ken mu&#x017F;ste, mit dem Effect der Rechtsver-<lb/>
letzung ge&#x017F;chehen i&#x017F;t.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 450.</head><lb/>
                    <p>Die <hi rendition="#i">Fäl&#x017F;chung</hi> überhaupt enthält als Arten<lb/>
I. die <hi rendition="#g">Fäl&#x017F;chung</hi> im <hi rendition="#i">engern Ver&#x017F;tande, Täu-<lb/>
&#x017F;chung durch Veränderung der Merkmale einer</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i">Sache</hi></fw><lb/><note xml:id="note-0388" prev="#note-0387a" place="foot" n="**)">Worten: &#x201E;Item welcher <hi rendition="#i">böslicher</hi> und betrüglicher<lb/>
Wei&#x017F;e etc.&#x201C;</note><lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0388] II. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt. des Verbrechens 1) wenn der Handelnde nicht weiſs, daſs er in andern eine ſolche Vorſtel- lung bewirke und alſo das, was er für wahr ausgiebt, ſelbſt für Wahrheit hält: 2) wenn er zwar die betrügeriſche Handlung mit dem Bewuſstſeyn der Betrügerey unternimmt, aber ihm das Bewuſstſeyn der poſitiven Straf- barkeit derſelben mangelt *). Auf die Trieb- feder zur Handlung, mag dieſe Eigennutz, oder was ſonſt ſeyn, kömmt es nicht an. §. 449. Das Falſum iſt vollendet, ſobald die Rechtsverletzung, welche zum Effect des Falſi gehört, wirklich exiſtirt. Dies iſt der Fall 1) bey negativen Fälſchungen, ſobald als das Object der möglichen Erkenntniſs dem andern wirklich entzogen worden iſt, dieſe Unter- drückung mag nun fortdauern oder gehoben werden. 2) Bey poſitiven Fälſchungen, ſobald die Handlung, welche die Täuſchung bewir- ken muſste, mit dem Effect der Rechtsver- letzung geſchehen iſt. §. 450. Die Fälſchung überhaupt enthält als Arten I. die Fälſchung im engern Verſtande, Täu- ſchung durch Veränderung der Merkmale einer Sache **) *) Eine Ausnahme hiervon enthält L. 15. pr. D. h. t. u. L. 3. C. de bis, qui ſibi adſcribunt. **) Worten: „Item welcher böslicher und betrüglicher Weiſe etc.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/388
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/388>, abgerufen am 27.11.2024.