Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Verletzung des ehel. Vertrags. Bigamie.
ziehung einer neuen Ehe. Sie heisst Bigamie,
wenn der Uebertreter zu gleicher Zeit in zwey
verschiedenen Ehen lebt. Es enthält dieses
Verbrechen eine dreyfache Uebertretung,
nämlich: die Verletzung des Privatrechts auf
eheliche Treue, eine Verletzung der Ehegesetze
des Staats, weil die Form der Ehe zu einem
gesetzwidrigen Zweck missbraucht wird, und
endlich einen Betrug, weil der Ehebruch un-
ter dem täuschenden Schein einer rechtlichen
Verbindung verborgen wird *).

P. G. O. Art. 121.



§. 424.
Dieselben Rechtslehrer nehmen an andern Orten
an: wo etwas von der Bamberg. in der Carolina aus-
gelassen ist, da will Carl die Bamberg. nicht gel-
ten lassen; hier sollen die Grundsätze der Bamber-
gensis
gelten. -- weil ihre Verordnung in der Caro-
lina ausgestrichen ist; 3) Carl beruft sich ausdrück-
lich auf das gemeine Recht in den Worten: "wie
"die Recht
zulassen." Unter diesen Rechten konnte
er doch wahrlich nicht die Bambergensis verstehen.
Wie ungereimt! ein Reichsgesetz beruft sich, um
seiner Verordnung Sanktion zu geben, auf eine in
einem Winkel von Deutschland geltende Gerichts-
ordnung. Das Carl sich auf das Röm. R. bezieht,
sieht man daraus, dass er hier auch von der Tö-
dung der Tochter, von der Gefangennehmung des
Ehebrechers etc. spricht. Davon findet sich keine
Sylbe in der Bambergensis, auf die sich hier die
P. G. O. beziehen soll: aber wohl das römische
Recht redet davon überall ausführlich.
*) Dies bestimmt den Sinn der Worte "betrüglicher
Weise
" in dem angef. Artikel der P. G. O. vergl.
Grolman Grunds. d. C. R. W. §. 546. Entgegen-
gesetzte Meynungen s. b. Koch l. c. §. 243.
Schol.

Verletzung des ehel. Vertrags. Bigamie.
ziehung einer neuen Ehe. Sie heiſst Bigamie,
wenn der Uebertreter zu gleicher Zeit in zwey
verſchiedenen Ehen lebt. Es enthält dieſes
Verbrechen eine dreyfache Uebertretung,
nämlich: die Verletzung des Privatrechts auf
eheliche Treue, eine Verletzung der Ehegeſetze
des Staats, weil die Form der Ehe zu einem
geſetzwidrigen Zweck miſsbraucht wird, und
endlich einen Betrug, weil der Ehebruch un-
ter dem täuſchenden Schein einer rechtlichen
Verbindung verborgen wird *).

P. G. O. Art. 121.



§. 424.
Dieſelben Rechtslehrer nehmen an andern Orten
an: wo etwas von der Bamberg. in der Carolina aus-
gelaſſen iſt, da will Carl die Bamberg. nicht gel-
ten laſſen; hier ſollen die Grundſätze der Bamber-
genſis
gelten. — weil ihre Verordnung in der Caro-
lina ausgeſtrichen iſt; 3) Carl beruft ſich ausdrück-
lich auf das gemeine Recht in den Worten: „wie
„die Recht
zulaſſen.“ Unter dieſen Rechten konnte
er doch wahrlich nicht die Bambergenſis verſtehen.
Wie ungereimt! ein Reichsgeſetz beruft ſich, um
ſeiner Verordnung Sanktion zu geben, auf eine in
einem Winkel von Deutſchland geltende Gerichts-
ordnung. Das Carl ſich auf das Röm. R. bezieht,
ſieht man daraus, daſs er hier auch von der Tö-
dung der Tochter, von der Gefangennehmung des
Ehebrechers etc. ſpricht. Davon findet ſich keine
Sylbe in der Bambergenſis, auf die ſich hier die
P. G. O. beziehen ſoll: aber wohl das römiſche
Recht redet davon überall ausführlich.
*) Dies beſtimmt den Sinn der Worte „betrüglicher
Weiſe
“ in dem angef. Artikel der P. G. O. vergl.
Grolman Grundſ. d. C. R. W. §. 546. Entgegen-
geſetzte Meynungen ſ. b. Koch l. c. §. 243.
Schol.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0369" n="341"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Verletzung des ehel. Vertrags. Bigamie.</hi></fw><lb/><hi rendition="#i">ziehung einer neuen Ehe</hi>. Sie hei&#x017F;st <hi rendition="#g">Bigamie</hi>,<lb/>
wenn der Uebertreter zu gleicher Zeit in zwey<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Ehen lebt. Es enthält die&#x017F;es<lb/>
Verbrechen eine dreyfache Uebertretung,<lb/>
nämlich: die Verletzung des Privatrechts auf<lb/>
eheliche Treue, eine Verletzung der Ehege&#x017F;etze<lb/>
des Staats, weil die Form der Ehe zu einem<lb/>
ge&#x017F;etzwidrigen Zweck mi&#x017F;sbraucht wird, und<lb/>
endlich einen Betrug, weil der Ehebruch un-<lb/>
ter dem täu&#x017F;chenden Schein einer rechtlichen<lb/>
Verbindung verborgen wird <note place="foot" n="*)">Dies be&#x017F;timmt den Sinn der Worte &#x201E;<hi rendition="#i">betrüglicher<lb/>
Wei&#x017F;e</hi>&#x201C; in dem angef. Artikel der P. G. O. vergl.<lb/><hi rendition="#g">Grolman</hi> <hi rendition="#i">Grund&#x017F;. d. C. R. W</hi>. §. 546. Entgegen-<lb/>
ge&#x017F;etzte Meynungen &#x017F;. b. <hi rendition="#g">Koch</hi> l. c. §. 243.<lb/><hi rendition="#i">Schol</hi>.</note>.</p><lb/>
                        <p> <hi rendition="#et">P. G. O. Art. 121.</hi> </p><lb/>
                        <fw place="bottom" type="catch">§. 424.</fw><lb/>
                        <note xml:id="note-0369" prev="#note-0368" place="foot" n="**)">Die&#x017F;elben Rechtslehrer nehmen an andern Orten<lb/>
an: wo etwas von der <hi rendition="#i">Bamberg</hi>. in der <hi rendition="#i">Carolina</hi> aus-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, da will <hi rendition="#i">Carl</hi> die <hi rendition="#i">Bamberg</hi>. nicht gel-<lb/>
ten la&#x017F;&#x017F;en; hier &#x017F;ollen die Grund&#x017F;ätze der <hi rendition="#i">Bamber-<lb/>
gen&#x017F;is</hi> gelten. &#x2014; <hi rendition="#i">weil</hi> ihre Verordnung in der Caro-<lb/>
lina ausge&#x017F;trichen i&#x017F;t; 3) <hi rendition="#i">Carl</hi> beruft &#x017F;ich ausdrück-<lb/>
lich auf das gemeine Recht in den Worten: &#x201E;<hi rendition="#i">wie<lb/>
&#x201E;die Recht</hi> zula&#x017F;&#x017F;en.&#x201C; Unter die&#x017F;en Rechten konnte<lb/>
er doch wahrlich nicht die <hi rendition="#i">Bambergen&#x017F;is</hi> ver&#x017F;tehen.<lb/>
Wie ungereimt! ein Reichsge&#x017F;etz beruft &#x017F;ich, um<lb/>
&#x017F;einer Verordnung Sanktion zu geben, auf eine in<lb/>
einem Winkel von Deut&#x017F;chland geltende Gerichts-<lb/>
ordnung. Das <hi rendition="#i">Carl</hi> &#x017F;ich auf das Röm. R. bezieht,<lb/>
&#x017F;ieht man daraus, da&#x017F;s er hier auch von der Tö-<lb/>
dung der <hi rendition="#i">Tochter</hi>, von der <hi rendition="#i">Gefangennehmung</hi> des<lb/>
Ehebrechers etc. &#x017F;pricht. Davon findet &#x017F;ich keine<lb/>
Sylbe in der Bambergen&#x017F;is, auf die &#x017F;ich hier die<lb/>
P. G. O. beziehen &#x017F;oll: aber wohl das römi&#x017F;che<lb/>
Recht redet davon überall ausführlich.</note>
                      </div><lb/>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0369] Verletzung des ehel. Vertrags. Bigamie. ziehung einer neuen Ehe. Sie heiſst Bigamie, wenn der Uebertreter zu gleicher Zeit in zwey verſchiedenen Ehen lebt. Es enthält dieſes Verbrechen eine dreyfache Uebertretung, nämlich: die Verletzung des Privatrechts auf eheliche Treue, eine Verletzung der Ehegeſetze des Staats, weil die Form der Ehe zu einem geſetzwidrigen Zweck miſsbraucht wird, und endlich einen Betrug, weil der Ehebruch un- ter dem täuſchenden Schein einer rechtlichen Verbindung verborgen wird *). P. G. O. Art. 121. §. 424. **) *) Dies beſtimmt den Sinn der Worte „betrüglicher Weiſe“ in dem angef. Artikel der P. G. O. vergl. Grolman Grundſ. d. C. R. W. §. 546. Entgegen- geſetzte Meynungen ſ. b. Koch l. c. §. 243. Schol. **) Dieſelben Rechtslehrer nehmen an andern Orten an: wo etwas von der Bamberg. in der Carolina aus- gelaſſen iſt, da will Carl die Bamberg. nicht gel- ten laſſen; hier ſollen die Grundſätze der Bamber- genſis gelten. — weil ihre Verordnung in der Caro- lina ausgeſtrichen iſt; 3) Carl beruft ſich ausdrück- lich auf das gemeine Recht in den Worten: „wie „die Recht zulaſſen.“ Unter dieſen Rechten konnte er doch wahrlich nicht die Bambergenſis verſtehen. Wie ungereimt! ein Reichsgeſetz beruft ſich, um ſeiner Verordnung Sanktion zu geben, auf eine in einem Winkel von Deutſchland geltende Gerichts- ordnung. Das Carl ſich auf das Röm. R. bezieht, ſieht man daraus, daſs er hier auch von der Tö- dung der Tochter, von der Gefangennehmung des Ehebrechers etc. ſpricht. Davon findet ſich keine Sylbe in der Bambergenſis, auf die ſich hier die P. G. O. beziehen ſoll: aber wohl das römiſche Recht redet davon überall ausführlich.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/369
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/369>, abgerufen am 29.11.2024.