Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abschnitt.
Beleidigers gegen den Beleidigten, dass er die
Unwahrheit gesprochen habe: B) Abbitte (de-
precatio
) Erklärung der Reue und Bitte um
Vergebung von dem Beleidigten. G) Ehren-
erklärung (declaratio honoris)
, ausdrückliche Er-
klärung des Beleidigers, dass er den Werth
des Beleidigten anerkenne.*)

§. 335.

Die Anwendung dieser Strafen wird durch
folgende Regeln bestimmt: 1) Widerruf findet
Statt, wenn die Ehrenverletzung durch Andich-
tung unwahrer Thatsachen begründet worden
ist, 2) Abbitte, bey andern, ganz unzweyfelhaften
Injurien. 3) Ehrenerklärung bey einer in An-
sehung der äussern Handlung unzweyfelhaf-
ten, aber in Ansehung des animus injuriandi
noch etwas zweyfelhaften Injurie.**)

Anm. Mündlich von der Grundlosigkeit der gewöhnlichen
nach dem Stand der Person bestimmten Regeln.


§. 336.
*) Der Grund der rechtlichen Gültigkeit dieser Stra-
fen ist freylich sehr schwankend. Die K. G. O. v.
I. 1555 II. 28. 4. erwähnt, und zwar nur wie im Vor-
beygehen, des Widerrufs, und der Reichsschluss v. I.
1668. kam nicht zur Publication. Mündlich von
dem historischen Ursprung dieser Strafen.
**) Weber a. O. II. Abthl. S. 30. ff. -- Unter der oben
angegebenen Bedingung ist die Ehrenerklärung nicht
blos Privatsatisfaction, wie Grolman von der
Ehrenerklärung im Allgemeinen behauptet. Aber
sie kann als blosse Privatsatisfaction gebraucht wer-
den, wenn nämlich die Thatsache an sich noch als
Injurie zweifelhaft ist, wenn ohne wirklichen ani-
mus injuriandi aus Unvorsichtigkeit eine Handlung
geschah

II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.
Beleidigers gegen den Beleidigten, daſs er die
Unwahrheit geſprochen habe: B) Abbitte (de-
precatio
) Erklärung der Reue und Bitte um
Vergebung von dem Beleidigten. G) Ehren-
erklärung (declaratio honoris)
, ausdrückliche Er-
klärung des Beleidigers, daſs er den Werth
des Beleidigten anerkenne.*)

§. 335.

Die Anwendung dieſer Strafen wird durch
folgende Regeln beſtimmt: 1) Widerruf findet
Statt, wenn die Ehrenverletzung durch Andich-
tung unwahrer Thatſachen begründet worden
iſt, 2) Abbitte, bey andern, ganz unzweyfelhaften
Injurien. 3) Ehrenerklärung bey einer in An-
ſehung der äuſſern Handlung unzweyfelhaf-
ten, aber in Anſehung des animus injuriandi
noch etwas zweyfelhaften Injurie.**)

Anm. Mündlich von der Grundloſigkeit der gewöhnlichen
nach dem Stand der Perſon beſtimmten Regeln.


§. 336.
*) Der Grund der rechtlichen Gültigkeit dieſer Stra-
fen iſt freylich ſehr ſchwankend. Die K. G. O. v.
I. 1555 II. 28. 4. erwähnt, und zwar nur wie im Vor-
beygehen, des Widerrufs, und der Reichsſchluſs v. I.
1668. kam nicht zur Publication. Mündlich von
dem hiſtoriſchen Urſprung dieſer Strafen.
**) Weber a. O. II. Abthl. S. 30. ff. — Unter der oben
angegebenen Bedingung iſt die Ehrenerklärung nicht
blos Privatſatisfaction, wie Grolman von der
Ehrenerklärung im Allgemeinen behauptet. Aber
ſie kann als bloſse Privatſatisfaction gebraucht wer-
den, wenn nämlich die Thatſache an ſich noch als
Injurie zweifelhaft iſt, wenn ohne wirklichen ani-
mus injuriandi aus Unvorſichtigkeit eine Handlung
geſchah
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0286" n="258"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
Beleidigers gegen den Beleidigten, da&#x017F;s er die<lb/>
Unwahrheit ge&#x017F;prochen habe: B) <hi rendition="#i">Abbitte (de-<lb/>
precatio</hi>) Erklärung der Reue und Bitte um<lb/>
Vergebung von dem Beleidigten. G) <hi rendition="#i">Ehren-<lb/>
erklärung (declaratio honoris)</hi>, ausdrückliche Er-<lb/>
klärung des Beleidigers, da&#x017F;s er den Werth<lb/>
des Beleidigten anerkenne.<note place="foot" n="*)">Der Grund der rechtlichen Gültigkeit die&#x017F;er Stra-<lb/>
fen i&#x017F;t freylich &#x017F;ehr &#x017F;chwankend. Die K. G. O. v.<lb/>
I. 1555 II. 28. 4. erwähnt, und zwar nur wie im Vor-<lb/>
beygehen, des Widerrufs, und der <hi rendition="#i">Reichs&#x017F;chlu&#x017F;s</hi> v. I.<lb/>
1668. kam nicht zur Publication. Mündlich von<lb/>
dem hi&#x017F;tori&#x017F;chen Ur&#x017F;prung die&#x017F;er Strafen.</note></p>
                      </div><lb/>
                      <div n="9">
                        <head>§. 335.</head><lb/>
                        <p>Die Anwendung die&#x017F;er Strafen wird durch<lb/>
folgende Regeln be&#x017F;timmt: 1) <hi rendition="#i">Widerruf</hi> findet<lb/>
Statt, wenn die Ehrenverletzung durch Andich-<lb/>
tung unwahrer That&#x017F;achen begründet worden<lb/>
i&#x017F;t, 2) <hi rendition="#i">Abbitte</hi>, bey andern, ganz unzweyfelhaften<lb/>
Injurien. 3) <hi rendition="#i">Ehrenerklärung</hi> bey einer in An-<lb/>
&#x017F;ehung der äu&#x017F;&#x017F;ern Handlung unzweyfelhaf-<lb/>
ten, aber in An&#x017F;ehung des <hi rendition="#i">animus injuriandi</hi><lb/>
noch etwas zweyfelhaften Injurie.<note xml:id="note-0286" next="#note-0287" place="foot" n="**)"><hi rendition="#g">Weber</hi> a. O. II. Abthl. S. 30. ff. &#x2014; Unter der oben<lb/>
angegebenen Bedingung i&#x017F;t die Ehrenerklärung nicht<lb/>
blos Privat&#x017F;atisfaction, wie <hi rendition="#g">Grolman</hi> von der<lb/>
Ehrenerklärung im Allgemeinen behauptet. Aber<lb/>
&#x017F;ie <hi rendition="#i">kann</hi> als blo&#x017F;se Privat&#x017F;atisfaction gebraucht wer-<lb/>
den, wenn nämlich die That&#x017F;ache an &#x017F;ich noch als<lb/>
Injurie zweifelhaft i&#x017F;t, wenn ohne wirklichen ani-<lb/>
mus injuriandi aus Unvor&#x017F;ichtigkeit eine Handlung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge&#x017F;chah</fw></note></p><lb/>
                        <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Anm</hi>. Mündlich von der Grundlo&#x017F;igkeit der gewöhnlichen<lb/>
nach dem Stand der Per&#x017F;on be&#x017F;timmten Regeln.</hi> </hi> </p>
                      </div><lb/>
                      <fw place="bottom" type="catch">§. 336.</fw><lb/>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0286] II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt. Beleidigers gegen den Beleidigten, daſs er die Unwahrheit geſprochen habe: B) Abbitte (de- precatio) Erklärung der Reue und Bitte um Vergebung von dem Beleidigten. G) Ehren- erklärung (declaratio honoris), ausdrückliche Er- klärung des Beleidigers, daſs er den Werth des Beleidigten anerkenne. *) §. 335. Die Anwendung dieſer Strafen wird durch folgende Regeln beſtimmt: 1) Widerruf findet Statt, wenn die Ehrenverletzung durch Andich- tung unwahrer Thatſachen begründet worden iſt, 2) Abbitte, bey andern, ganz unzweyfelhaften Injurien. 3) Ehrenerklärung bey einer in An- ſehung der äuſſern Handlung unzweyfelhaf- ten, aber in Anſehung des animus injuriandi noch etwas zweyfelhaften Injurie. **) Anm. Mündlich von der Grundloſigkeit der gewöhnlichen nach dem Stand der Perſon beſtimmten Regeln. §. 336. *) Der Grund der rechtlichen Gültigkeit dieſer Stra- fen iſt freylich ſehr ſchwankend. Die K. G. O. v. I. 1555 II. 28. 4. erwähnt, und zwar nur wie im Vor- beygehen, des Widerrufs, und der Reichsſchluſs v. I. 1668. kam nicht zur Publication. Mündlich von dem hiſtoriſchen Urſprung dieſer Strafen. **) Weber a. O. II. Abthl. S. 30. ff. — Unter der oben angegebenen Bedingung iſt die Ehrenerklärung nicht blos Privatſatisfaction, wie Grolman von der Ehrenerklärung im Allgemeinen behauptet. Aber ſie kann als bloſse Privatſatisfaction gebraucht wer- den, wenn nämlich die Thatſache an ſich noch als Injurie zweifelhaft iſt, wenn ohne wirklichen ani- mus injuriandi aus Unvorſichtigkeit eine Handlung geſchah

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/286
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/286>, abgerufen am 28.11.2024.