Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Verbrechen der Tödung überhaupt.
stris) *) 3) an solchen, welche gänzlich vom
Schutz des Staats ausgeschlossen sind (§. 40.),
begeht man kein Verbrechen der Tödung.

§. 241.

II. Der rechtswidrige Effect ist Berau-
bung des Lebens
. Erst mit der Existenz dieser
Folge ist das Verbrechen vollendet. III. Dieser
Effect muste in der Handlung der Person, als
einer zureichenden Ursache gegründet seyn.
Das Verbrechen existirt daher nicht 1) wenn
der auf Tödung gerichteten Handlung eine
von derselben unabhängige Ursache vorher-
ging
, welche den erfolgten Tod in demselben
Zeitpunkte bewirkt haben würde, in welchem
er auf die Handlung der Person erfolgt ist.
Unter dieser Voraussetzung würde selbst eine
absoluttödliche Verletzung eines Sterbenden
oder eines tödlich verwundeten keine vollen-
dete Tödung seyn. Wenn aber auch eine solche
Ursache vorherging und in der Handlung einer
Person die hinreichende Ursache der Beschleu-
nigung des Todes gegründet ist, so ist sie der
Tödung schuldig **).


§. 242.
*) Glück Commentar zu den Pand. Thl. II. S. 64. Man
nimmt gleichwohl hier willkührliche Strafe an,
wenn die Tödung, ohne Vorwissen der Obrigkeit
geschehen ist. Quistorp peinl. R. Thl. I. §. 217.
Wir haben aber hierüber kein Gesetz und es lässt
sich nicht einsehen, in welchem Punkt diese Tö-
dung bey Ermangelung eines Gesetzes strafbar seyn
könne.
**) Der Art. 148. d. P. G. O. in dem blos eine Ver-
ordnung über einen speciellen Fall der Tödung ent-
halten ist, kann nicht gegen die hier vorgetragenen
Grundsätze angeführt werden.

Verbrechen der Tödung überhaupt.
ſtris) *) 3) an ſolchen, welche gänzlich vom
Schutz des Staats ausgeſchloſſen ſind (§. 40.),
begeht man kein Verbrechen der Tödung.

§. 241.

II. Der rechtswidrige Effect iſt Berau-
bung des Lebens
. Erſt mit der Exiſtenz dieſer
Folge iſt das Verbrechen vollendet. III. Dieſer
Effect muſte in der Handlung der Perſon, als
einer zureichenden Urſache gegründet ſeyn.
Das Verbrechen exiſtirt daher nicht 1) wenn
der auf Tödung gerichteten Handlung eine
von derſelben unabhängige Urſache vorher-
ging
, welche den erfolgten Tod in demſelben
Zeitpunkte bewirkt haben würde, in welchem
er auf die Handlung der Perſon erfolgt iſt.
Unter dieſer Vorausſetzung würde ſelbſt eine
abſoluttödliche Verletzung eines Sterbenden
oder eines tödlich verwundeten keine vollen-
dete Tödung ſeyn. Wenn aber auch eine ſolche
Urſache vorherging und in der Handlung einer
Perſon die hinreichende Urſache der Beſchleu-
nigung des Todes gegründet iſt, ſo iſt ſie der
Tödung ſchuldig **).


§. 242.
*) Glück Commentar zu den Pand. Thl. II. S. 64. Man
nimmt gleichwohl hier willkührliche Strafe an,
wenn die Tödung, ohne Vorwiſſen der Obrigkeit
geſchehen iſt. Quiſtorp peinl. R. Thl. I. §. 217.
Wir haben aber hierüber kein Geſetz und es läſst
ſich nicht einſehen, in welchem Punkt dieſe Tö-
dung bey Ermangelung eines Geſetzes ſtrafbar ſeyn
könne.
**) Der Art. 148. d. P. G. O. in dem blos eine Ver-
ordnung über einen ſpeciellen Fall der Tödung ent-
halten iſt, kann nicht gegen die hier vorgetragenen
Grundſätze angeführt werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0217" n="189"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Verbrechen der Tödung überhaupt.</hi></fw><lb/><hi rendition="#i">&#x017F;tris</hi>) <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Glück</hi><hi rendition="#i">Commentar zu den Pand</hi>. Thl. II. S. 64. Man<lb/>
nimmt gleichwohl hier willkührliche Strafe an,<lb/>
wenn die Tödung, ohne Vorwi&#x017F;&#x017F;en der Obrigkeit<lb/>
ge&#x017F;chehen i&#x017F;t. <hi rendition="#g">Qui&#x017F;torp</hi> peinl. R. Thl. I. §. 217.<lb/>
Wir haben aber hierüber kein Ge&#x017F;etz und es lä&#x017F;st<lb/>
&#x017F;ich nicht ein&#x017F;ehen, in welchem Punkt die&#x017F;e Tö-<lb/>
dung bey Ermangelung eines Ge&#x017F;etzes &#x017F;trafbar &#x017F;eyn<lb/>
könne.</note> 3) an &#x017F;olchen, welche gänzlich vom<lb/>
Schutz des Staats ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind (§. 40.),<lb/>
begeht man kein Verbrechen der Tödung.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 241.</head><lb/>
                      <p>II. Der rechtswidrige Effect i&#x017F;t <hi rendition="#i">Berau-<lb/>
bung des Lebens</hi>. Er&#x017F;t mit der Exi&#x017F;tenz die&#x017F;er<lb/>
Folge i&#x017F;t das Verbrechen vollendet. III. Die&#x017F;er<lb/>
Effect mu&#x017F;te in der Handlung der Per&#x017F;on, als<lb/>
einer <hi rendition="#i">zureichenden Ur&#x017F;ache</hi> gegründet &#x017F;eyn.<lb/>
Das Verbrechen exi&#x017F;tirt daher nicht 1) wenn<lb/>
der auf Tödung gerichteten Handlung eine<lb/>
von der&#x017F;elben unabhängige Ur&#x017F;ache <hi rendition="#i">vorher-<lb/>
ging</hi>, welche den erfolgten Tod in dem&#x017F;elben<lb/>
Zeitpunkte bewirkt haben würde, in welchem<lb/>
er auf die Handlung der Per&#x017F;on erfolgt i&#x017F;t.<lb/>
Unter <hi rendition="#i">die&#x017F;er Voraus&#x017F;etzung</hi> würde &#x017F;elb&#x017F;t eine<lb/>
ab&#x017F;oluttödliche Verletzung eines Sterbenden<lb/>
oder eines tödlich verwundeten keine vollen-<lb/>
dete Tödung &#x017F;eyn. Wenn aber auch eine &#x017F;olche<lb/>
Ur&#x017F;ache vorherging und in der Handlung einer<lb/>
Per&#x017F;on die hinreichende Ur&#x017F;ache der Be&#x017F;chleu-<lb/>
nigung des Todes gegründet i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie der<lb/>
Tödung &#x017F;chuldig <note place="foot" n="**)">Der Art. 148. d. P. G. O. in dem blos eine Ver-<lb/>
ordnung über einen &#x017F;peciellen Fall der Tödung ent-<lb/>
halten i&#x017F;t, kann nicht gegen die hier vorgetragenen<lb/>
Grund&#x017F;ätze angeführt werden.</note>.</p>
                    </div><lb/>
                    <fw place="bottom" type="catch">§. 242.</fw><lb/>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0217] Verbrechen der Tödung überhaupt. ſtris) *) 3) an ſolchen, welche gänzlich vom Schutz des Staats ausgeſchloſſen ſind (§. 40.), begeht man kein Verbrechen der Tödung. §. 241. II. Der rechtswidrige Effect iſt Berau- bung des Lebens. Erſt mit der Exiſtenz dieſer Folge iſt das Verbrechen vollendet. III. Dieſer Effect muſte in der Handlung der Perſon, als einer zureichenden Urſache gegründet ſeyn. Das Verbrechen exiſtirt daher nicht 1) wenn der auf Tödung gerichteten Handlung eine von derſelben unabhängige Urſache vorher- ging, welche den erfolgten Tod in demſelben Zeitpunkte bewirkt haben würde, in welchem er auf die Handlung der Perſon erfolgt iſt. Unter dieſer Vorausſetzung würde ſelbſt eine abſoluttödliche Verletzung eines Sterbenden oder eines tödlich verwundeten keine vollen- dete Tödung ſeyn. Wenn aber auch eine ſolche Urſache vorherging und in der Handlung einer Perſon die hinreichende Urſache der Beſchleu- nigung des Todes gegründet iſt, ſo iſt ſie der Tödung ſchuldig **). §. 242. *) Glück Commentar zu den Pand. Thl. II. S. 64. Man nimmt gleichwohl hier willkührliche Strafe an, wenn die Tödung, ohne Vorwiſſen der Obrigkeit geſchehen iſt. Quiſtorp peinl. R. Thl. I. §. 217. Wir haben aber hierüber kein Geſetz und es läſst ſich nicht einſehen, in welchem Punkt dieſe Tö- dung bey Ermangelung eines Geſetzes ſtrafbar ſeyn könne. **) Der Art. 148. d. P. G. O. in dem blos eine Ver- ordnung über einen ſpeciellen Fall der Tödung ent- halten iſt, kann nicht gegen die hier vorgetragenen Grundſätze angeführt werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/217
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/217>, abgerufen am 24.11.2024.