IV. Die Execution einer jeden Strafe, muss aus einem bestimmten Richterspruch geschehen, der die Art und den Grad des zuzufügenden Uebels be- stimmt. Denn niemand darf mehr Uebel leiden, als er durch seine That verdient hat; würde aber die Execution der Privatwillkühr überlas- sen, so wäre der Uebertreter der Licenz des Executors hingegeben, welches der öffentliche Spruch verhüthen muss *).
§. 166.
V. Die Strafe muss unverzüglich exequirt werden, sobald der Richterspruch ihre Nothwen- digkeit erklärt hat. Ein Aufschub ist blos recht- lich 1) wenn durch die augenblickliche Voll- ziehung der Verbrecher in Gefahr käme, mehr Uebel leiden zu müssen, als ihm Gesetz und Richterspruch bestimmt hat; 2) wenn dadurch Gefahr für einen Unschuldigen entstünde **); 3) wenn sich bisher noch unbekannte Gründe zeigen, um an der Gerechtigkeit des Urtheils- spruchs zu zweifeln; 4) wenn die Execution in dem gegenwärtigen Zustande des Ver- brechens auf das Publikum einen Eindruck machen müste, welcher den durch die Exe- cution (neben bey) beabsichtigten Eindruck der unmittelbaren Abschreckung, aufheben oder schwächen würde. An Wahnsinnigen
oder
*) Blos bey der Strafe des Staupbesens wird diese Regel noch nicht beobachtet.
**) L. 3. D. de poenis.Brissonsel. ant. L. II. c. 20.
Regeln für die Anwendung der Strafen.
§. 165.
IV. Die Execution einer jeden Strafe, muſs aus einem beſtimmten Richterſpruch geſchehen, der die Art und den Grad des zuzufügenden Uebels be- ſtimmt. Denn niemand darf mehr Uebel leiden, als er durch ſeine That verdient hat; würde aber die Execution der Privatwillkühr überlaſ- ſen, ſo wäre der Uebertreter der Licenz des Executors hingegeben, welches der öffentliche Spruch verhüthen muſs *).
§. 166.
V. Die Strafe muſs unverzüglich exequirt werden, ſobald der Richterſpruch ihre Nothwen- digkeit erklärt hat. Ein Aufſchub iſt blos recht- lich 1) wenn durch die augenblickliche Voll- ziehung der Verbrecher in Gefahr käme, mehr Uebel leiden zu müſſen, als ihm Geſetz und Richterſpruch beſtimmt hat; 2) wenn dadurch Gefahr für einen Unſchuldigen entſtünde **); 3) wenn ſich bisher noch unbekannte Gründe zeigen, um an der Gerechtigkeit des Urtheils- ſpruchs zu zweifeln; 4) wenn die Execution in dem gegenwärtigen Zuſtande des Ver- brechens auf das Publikum einen Eindruck machen müſte, welcher den durch die Exe- cution (neben bey) beabſichtigten Eindruck der unmittelbaren Abſchreckung, aufheben oder ſchwächen würde. An Wahnſinnigen
oder
*) Blos bey der Strafe des Staupbeſens wird dieſe Regel noch nicht beobachtet.
**) L. 3. D. de poenis.Briſſonſel. ant. L. II. c. 20.
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Regeln für die Anwendung der Strafen.
§. 165.
IV. Die Execution einer jeden Strafe, muſs aus
einem beſtimmten Richterſpruch geſchehen, der die
Art und den Grad des zuzufügenden Uebels be-
ſtimmt. Denn niemand darf mehr Uebel leiden,
als er durch ſeine That verdient hat; würde
aber die Execution der Privatwillkühr überlaſ-
ſen, ſo wäre der Uebertreter der Licenz des
Executors hingegeben, welches der öffentliche
Spruch verhüthen muſs *).
§. 166.
V. Die Strafe muſs unverzüglich exequirt
werden, ſobald der Richterſpruch ihre Nothwen-
digkeit erklärt hat. Ein Aufſchub iſt blos recht-
lich 1) wenn durch die augenblickliche Voll-
ziehung der Verbrecher in Gefahr käme, mehr
Uebel leiden zu müſſen, als ihm Geſetz und
Richterſpruch beſtimmt hat; 2) wenn dadurch
Gefahr für einen Unſchuldigen entſtünde **);
3) wenn ſich bisher noch unbekannte Gründe
zeigen, um an der Gerechtigkeit des Urtheils-
ſpruchs zu zweifeln; 4) wenn die Execution
in dem gegenwärtigen Zuſtande des Ver-
brechens auf das Publikum einen Eindruck
machen müſte, welcher den durch die Exe-
cution (neben bey) beabſichtigten Eindruck
der unmittelbaren Abſchreckung, aufheben
oder ſchwächen würde. An Wahnſinnigen
oder
*) Blos bey der Strafe des Staupbeſens wird dieſe
Regel noch nicht beobachtet.
**) L. 3. D. de poenis. Briſſon ſel. ant. L. II. c. 20.
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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/155>, abgerufen am 30.11.2024.
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