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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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vergeudet der Menſch an das bedürfnißloſe Weſen. Die wirk-
liche
Urſache wird zum ſelbſtloſen Mittel, eine nur vorgeſtellte
imaginäre Urſache zur wahren, wirklichen Urſache. Der Menſch
dankt Gott für die Wohlthaten, die ihm der Andere ſelbſt
mit Opfern
dargebracht. Der Dank, den er ſeinem Wohl-
thäter ausſpricht, iſt nur ein ſcheinbarer, er gilt nicht ihm,
ſondern Gott. Er iſt dankbar gegen Gott, aber undankbar
gegen den Menſchen. So geht die ſittliche Geſinnung in der
Religion unter! So opfert der Menſch den Menſchen Gott
auf! Die blutigen Menſchenopfer ſind in der That nur roh-
ſinnliche Ausdrücke von den Geheimniſſen der Religion. Wo
blutige Menſchenopfer Gott dargebracht werden, da gelten dieſe
Opfer für die höchſten, das ſinnliche Leben für das höchſte
Gut. Deßwegen opfert man das Leben Gott auf, und zwar
in außerordentlichen Fällen; man glaubt damit ihm die größte
Ehre zu erweiſen. Wenn das Chriſtenthum nicht mehr, we-
nigſtens in unſrer Zeit
, blutige Opfer ſeinem Gott dar-
bringt, ſo kommt das nur daher, daß das ſinnliche Leben nicht
mehr für das höchſte Gut gilt. Man opfert dafür Gott die
Seele, die Geſinnung, weil dieſe für höher gilt. Aber das
Gemeinſame iſt, daß der Menſch in der Religion eine Ver-
bindlichkeit gegen den Menſchen — wie die, das Leben des
Andern zu reſpectiren, dankbar zu ſein — einer religiöſen Ver-
bindlichkeit, das Verhältniß zum Menſchen dem Verhältniß zu
Gott aufopfert. Die Chriſten haben durch den Begriff der
Bedürfnißloſigkeit Gottes, die nur ein Gegenſtand der reinen
Anbetung ſei, allerdings viele wüſte Vorſtellungen beſeitigt.
Aber dieſe Bedürfnißloſigkeit iſt nur ein metaphyſiſcher Begriff,
der keineswegs die differentia specifica der Religion begrün-
det. Das Bedürfniß der Anbetung nur auf eine Seite, auf

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/390>, abgerufen am 14.01.2025.