stehenden die gebührende Ehre erweisen, so auch der Glaube. Den Apostel Paulus erfüllt nichts als der Ruhm, die Ehre, das Verdienst Christi. Dogmatische, ausschließliche, scrupulöse Bestimmtheit liegt im Wesen des Glaubens. In Speisen und andern dem Glauben indifferenten Dingen ist der Glaube allerdings liberal, aber keineswegs in Bezug auf Glaubensgegenstände. Wer nicht für Christus, ist wider Christus; was nicht christlich, ist antichristlich. Aber was ist christlich? Dieses muß absolut bestimmt, dieß kann nicht frei gestellt werden. Ist der Glaubensinhalt gar niedergelegt in Bücher, die von verschiedenen Verfassern stammen, niedergelegt in der Form zufälliger, sich widerspre- chender gelegentlicher Aeußerungen, so ist die dogmatische Be- gränzung und Bestimmung selbst eine äußerliche Nothwen- digkeit. Nur der kirchlichen Dogmatik verdankt das Chri- stenthum seinen Fortbestand.
Es ist nur die Charakterlosigkeit, der gläubige Un- glaube der neuern Zeit, der sich hinter die Bibel versteckt und die biblischen Aussprüche den dogmatischen Bestimmungen entgegensetzt, um durch die Willkühr der Exegese von den Schranken der Dogmatik sich frei zu machen. Aber der Glaube ist schon verschwunden, gleichgültig geworden, wenn die Glau- bensbestimmungen als Schranken empfunden werden. Es ist nur die religiöse Indifferenz unter dem Scheine der Religiosität, welche die ihrer Natur und ihrem Ursprung nach unbestimmte Bibel zum Maaß des Glaubens macht, und unter dem Vorwande, nur das Wesentliche zu glauben, nichts glaubt, was den Namen des Glaubens verdient, z. B. an die Stelle des bestimmten charaktervollen Gottessohnes der Kirche das vage, hohle Negativ eines sündlosen Menschen setzt,
ſtehenden die gebührende Ehre erweiſen, ſo auch der Glaube. Den Apoſtel Paulus erfüllt nichts als der Ruhm, die Ehre, das Verdienſt Chriſti. Dogmatiſche, ausſchließliche, ſcrupulöſe Beſtimmtheit liegt im Weſen des Glaubens. In Speiſen und andern dem Glauben indifferenten Dingen iſt der Glaube allerdings liberal, aber keineswegs in Bezug auf Glaubensgegenſtände. Wer nicht für Chriſtus, iſt wider Chriſtus; was nicht chriſtlich, iſt antichriſtlich. Aber was iſt chriſtlich? Dieſes muß abſolut beſtimmt, dieß kann nicht frei geſtellt werden. Iſt der Glaubensinhalt gar niedergelegt in Bücher, die von verſchiedenen Verfaſſern ſtammen, niedergelegt in der Form zufälliger, ſich widerſpre- chender gelegentlicher Aeußerungen, ſo iſt die dogmatiſche Be- gränzung und Beſtimmung ſelbſt eine äußerliche Nothwen- digkeit. Nur der kirchlichen Dogmatik verdankt das Chri- ſtenthum ſeinen Fortbeſtand.
Es iſt nur die Charakterloſigkeit, der gläubige Un- glaube der neuern Zeit, der ſich hinter die Bibel verſteckt und die bibliſchen Ausſprüche den dogmatiſchen Beſtimmungen entgegenſetzt, um durch die Willkühr der Exegeſe von den Schranken der Dogmatik ſich frei zu machen. Aber der Glaube iſt ſchon verſchwunden, gleichgültig geworden, wenn die Glau- bensbeſtimmungen als Schranken empfunden werden. Es iſt nur die religiöſe Indifferenz unter dem Scheine der Religioſität, welche die ihrer Natur und ihrem Urſprung nach unbeſtimmte Bibel zum Maaß des Glaubens macht, und unter dem Vorwande, nur das Weſentliche zu glauben, nichts glaubt, was den Namen des Glaubens verdient, z. B. an die Stelle des beſtimmten charaktervollen Gottesſohnes der Kirche das vage, hohle Negativ eines ſündloſen Menſchen ſetzt,
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Den Apoſtel Paulus erfüllt nichts als der Ruhm, die Ehre,
das Verdienſt Chriſti. Dogmatiſche, ausſchließliche,
ſcrupulöſe Beſtimmtheit liegt im Weſen des Glaubens.
In Speiſen und andern dem Glauben indifferenten Dingen
iſt der Glaube allerdings liberal, aber keineswegs in Bezug
auf Glaubensgegenſtände. Wer nicht für Chriſtus, iſt
wider Chriſtus; was nicht chriſtlich, iſt antichriſtlich.
Aber was iſt chriſtlich? Dieſes muß abſolut beſtimmt, dieß
kann nicht frei geſtellt werden. Iſt der Glaubensinhalt gar
niedergelegt in Bücher, die von verſchiedenen Verfaſſern
ſtammen, niedergelegt in der Form zufälliger, ſich widerſpre-
chender gelegentlicher Aeußerungen, ſo iſt die dogmatiſche Be-
gränzung und Beſtimmung ſelbſt eine äußerliche Nothwen-
digkeit. Nur der kirchlichen Dogmatik verdankt das Chri-
ſtenthum ſeinen Fortbeſtand.
Es iſt nur die Charakterloſigkeit, der gläubige Un-
glaube der neuern Zeit, der ſich hinter die Bibel verſteckt
und die bibliſchen Ausſprüche den dogmatiſchen Beſtimmungen
entgegenſetzt, um durch die Willkühr der Exegeſe von den
Schranken der Dogmatik ſich frei zu machen. Aber der Glaube
iſt ſchon verſchwunden, gleichgültig geworden, wenn die Glau-
bensbeſtimmungen als Schranken empfunden werden.
Es iſt nur die religiöſe Indifferenz unter dem Scheine
der Religioſität, welche die ihrer Natur und ihrem Urſprung
nach unbeſtimmte Bibel zum Maaß des Glaubens macht, und
unter dem Vorwande, nur das Weſentliche zu glauben,
nichts glaubt, was den Namen des Glaubens verdient, z. B.
an die Stelle des beſtimmten charaktervollen Gottesſohnes der
Kirche das vage, hohle Negativ eines ſündloſen Menſchen ſetzt,
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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/360>, abgerufen am 22.12.2024.
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