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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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terschiede oder auch wirkliche Unterschiede des Einen und selben
menschlichen Wesens als Substanzen, als göttliche Per-
sonen
hypostasirt werden. Und darin daß diese unterschiedne
Bestimmungen in Gott Hypostasen, Subjecte, Wesen sind, soll
eben der Unterschied liegen zwischen diesen Bestimmungen,
wie sie in Gott und eben diesen Bestimmungen, wie sie im
Menschen
existiren, in Folge des ausgesprochenen Gesetzes,
daß nur in der Vorstellung der Persönlichkeit die menschliche Per-
sönlichkeit ihre eignen Bestimmungen sich alienirt und alterirt.
Die Persönlichkeit existirt aber nur in der Einbildungskraft;
die Grundbestimmungen sind daher auch hier nur für die
Einbildung Hypostasen, Personen, für die Vernunft, für das
Denken nur Relationen oder nur Bestimmungen. Die Trinität
ist der Widerspruch von Polytheismus und Monotheismus,
von Phantasie und Vernunft, Einbildung und Realität. Die
Phantasie ist die Dreiheit, die Vernunft die Einheit der Per-
sonen. Der Vernunft nach sind die Unterschiedenen nur
Unterschiede, der Phantasie nach die Unterschiede Unter-
schiedene
, welche daher die Einheit des göttlichen Wesens
aufheben. Für die Vernunft sind die göttlichen Personen Phan-
tome, für die Einbildung Realitäten. Die Trinität macht dem
Menschen die Zumuthung, das Gegentheil von dem zu denken,
was man sich einbildet und das Gegentheil von dem sich
einzubilden, was man denkt -- Phantome als Realitäten
zu denken *).

*) Es ist sonderbar, wie die speculative Religionsphilosophie gegen
den göttlichen Verstand die Trinität in Schutz nimmt, und doch mit der
Beseitigung der persönlichen Substanzen und mit der Erklärung, daß
das Verhältniß von Vater und Sohn nur ein dem organischen Leben ent-

terſchiede oder auch wirkliche Unterſchiede des Einen und ſelben
menſchlichen Weſens als Subſtanzen, als göttliche Per-
ſonen
hypoſtaſirt werden. Und darin daß dieſe unterſchiedne
Beſtimmungen in Gott Hypoſtaſen, Subjecte, Weſen ſind, ſoll
eben der Unterſchied liegen zwiſchen dieſen Beſtimmungen,
wie ſie in Gott und eben dieſen Beſtimmungen, wie ſie im
Menſchen
exiſtiren, in Folge des ausgeſprochenen Geſetzes,
daß nur in der Vorſtellung der Perſönlichkeit die menſchliche Per-
ſönlichkeit ihre eignen Beſtimmungen ſich alienirt und alterirt.
Die Perſönlichkeit exiſtirt aber nur in der Einbildungskraft;
die Grundbeſtimmungen ſind daher auch hier nur für die
Einbildung Hypoſtaſen, Perſonen, für die Vernunft, für das
Denken nur Relationen oder nur Beſtimmungen. Die Trinität
iſt der Widerſpruch von Polytheismus und Monotheismus,
von Phantaſie und Vernunft, Einbildung und Realität. Die
Phantaſie iſt die Dreiheit, die Vernunft die Einheit der Per-
ſonen. Der Vernunft nach ſind die Unterſchiedenen nur
Unterſchiede, der Phantaſie nach die Unterſchiede Unter-
ſchiedene
, welche daher die Einheit des göttlichen Weſens
aufheben. Für die Vernunft ſind die göttlichen Perſonen Phan-
tome, für die Einbildung Realitäten. Die Trinität macht dem
Menſchen die Zumuthung, das Gegentheil von dem zu denken,
was man ſich einbildet und das Gegentheil von dem ſich
einzubilden, was man denkt — Phantome als Realitäten
zu denken *).

*) Es iſt ſonderbar, wie die ſpeculative Religionsphiloſophie gegen
den göttlichen Verſtand die Trinität in Schutz nimmt, und doch mit der
Beſeitigung der perſönlichen Subſtanzen und mit der Erklärung, daß
das Verhältniß von Vater und Sohn nur ein dem organiſchen Leben ent-
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[315/0333] terſchiede oder auch wirkliche Unterſchiede des Einen und ſelben menſchlichen Weſens als Subſtanzen, als göttliche Per- ſonen hypoſtaſirt werden. Und darin daß dieſe unterſchiedne Beſtimmungen in Gott Hypoſtaſen, Subjecte, Weſen ſind, ſoll eben der Unterſchied liegen zwiſchen dieſen Beſtimmungen, wie ſie in Gott und eben dieſen Beſtimmungen, wie ſie im Menſchen exiſtiren, in Folge des ausgeſprochenen Geſetzes, daß nur in der Vorſtellung der Perſönlichkeit die menſchliche Per- ſönlichkeit ihre eignen Beſtimmungen ſich alienirt und alterirt. Die Perſönlichkeit exiſtirt aber nur in der Einbildungskraft; die Grundbeſtimmungen ſind daher auch hier nur für die Einbildung Hypoſtaſen, Perſonen, für die Vernunft, für das Denken nur Relationen oder nur Beſtimmungen. Die Trinität iſt der Widerſpruch von Polytheismus und Monotheismus, von Phantaſie und Vernunft, Einbildung und Realität. Die Phantaſie iſt die Dreiheit, die Vernunft die Einheit der Per- ſonen. Der Vernunft nach ſind die Unterſchiedenen nur Unterſchiede, der Phantaſie nach die Unterſchiede Unter- ſchiedene, welche daher die Einheit des göttlichen Weſens aufheben. Für die Vernunft ſind die göttlichen Perſonen Phan- tome, für die Einbildung Realitäten. Die Trinität macht dem Menſchen die Zumuthung, das Gegentheil von dem zu denken, was man ſich einbildet und das Gegentheil von dem ſich einzubilden, was man denkt — Phantome als Realitäten zu denken *). *) Es iſt ſonderbar, wie die ſpeculative Religionsphiloſophie gegen den göttlichen Verſtand die Trinität in Schutz nimmt, und doch mit der Beſeitigung der perſönlichen Subſtanzen und mit der Erklärung, daß das Verhältniß von Vater und Sohn nur ein dem organiſchen Leben ent-

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/333>, abgerufen am 24.11.2024.