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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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seits erreicht werden. Aber was einst der Mensch wird, das
gehört auch jetzt schon zu ihm, wenigstens der Möglichkeit
nach. Der höchste Grad der Aehnlichkeit ist nun aber, wo
zwei Individuen oder Wesen dasselbe sagen und ausdrücken,
so daß weiter kein Unterschied statt findet, als daß es eben
zwei Individuen sind. Die wesentlichen Qualitäten, die,
durch welche wir Dinge unterscheiden, sind in beiden diesel-
ben. Ich kann sie daher nicht durch den Gedanken, durch die
Vernunft -- für diese sind alle Anhaltspunkte verschwunden --
ich kann sie nur durch die sinnliche Vorstellung oder An-
schauung unterscheiden. Würden mir meine Augen nicht sa-
gen: es sind wirklich zwei der Existenz nach verschiedne We-
sen -- meine Vernunft würde beide für ein und dasselbe We-
sen nehmen. Darum verwechseln sie selbst auch meine Augen
miteinander. Verwechselbar ist, was nur für den Sinn, nicht
für die Vernunft, oder nur dem Dasein, nicht dem Wesen nach
verschieden ist. Sich völlig ähnliche Personen haben daher
einen außerordentlichen Reiz wie für sich selbst, so für die
Phantasie. Die Aehnlichkeit gibt zu allerlei Mystificationen
und Illusionen Anlaß, weil sie selbst nur eine Illusion ist;
denn mein Auge spottet meiner Vernunft, für die sich der Be-
griff einer selbstständigen Existenz stets an den Begriff eines
bestimmten Unterschieds anknüpft.

Die Religion ist das Licht des Geistes, welches sich in
dem Medium der Phantasie und des Gemüths entzweibricht,
dasselbe Wesen als ein gedoppeltes veranschaulicht. Die
Aehnlichkeit ist die Identität der Vernunft, welche auf
dem Gebiete der Wirklichkeit durch die unmittelbar sinnliche
Vorstellung, auf dem Gebiete der Religion aber durch die
Vorstellung der Einbildungskraft getheilt, unterbrochen wird,

ſeits erreicht werden. Aber was einſt der Menſch wird, das
gehört auch jetzt ſchon zu ihm, wenigſtens der Möglichkeit
nach. Der höchſte Grad der Aehnlichkeit iſt nun aber, wo
zwei Individuen oder Weſen daſſelbe ſagen und ausdrücken,
ſo daß weiter kein Unterſchied ſtatt findet, als daß es eben
zwei Individuen ſind. Die weſentlichen Qualitäten, die,
durch welche wir Dinge unterſcheiden, ſind in beiden dieſel-
ben. Ich kann ſie daher nicht durch den Gedanken, durch die
Vernunft — für dieſe ſind alle Anhaltspunkte verſchwunden —
ich kann ſie nur durch die ſinnliche Vorſtellung oder An-
ſchauung unterſcheiden. Würden mir meine Augen nicht ſa-
gen: es ſind wirklich zwei der Exiſtenz nach verſchiedne We-
ſen — meine Vernunft würde beide für ein und daſſelbe We-
ſen nehmen. Darum verwechſeln ſie ſelbſt auch meine Augen
miteinander. Verwechſelbar iſt, was nur für den Sinn, nicht
für die Vernunft, oder nur dem Daſein, nicht dem Weſen nach
verſchieden iſt. Sich völlig ähnliche Perſonen haben daher
einen außerordentlichen Reiz wie für ſich ſelbſt, ſo für die
Phantaſie. Die Aehnlichkeit gibt zu allerlei Myſtificationen
und Illuſionen Anlaß, weil ſie ſelbſt nur eine Illuſion iſt;
denn mein Auge ſpottet meiner Vernunft, für die ſich der Be-
griff einer ſelbſtſtändigen Exiſtenz ſtets an den Begriff eines
beſtimmten Unterſchieds anknüpft.

Die Religion iſt das Licht des Geiſtes, welches ſich in
dem Medium der Phantaſie und des Gemüths entzweibricht,
daſſelbe Weſen als ein gedoppeltes veranſchaulicht. Die
Aehnlichkeit iſt die Identität der Vernunft, welche auf
dem Gebiete der Wirklichkeit durch die unmittelbar ſinnliche
Vorſtellung, auf dem Gebiete der Religion aber durch die
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[308/0326] ſeits erreicht werden. Aber was einſt der Menſch wird, das gehört auch jetzt ſchon zu ihm, wenigſtens der Möglichkeit nach. Der höchſte Grad der Aehnlichkeit iſt nun aber, wo zwei Individuen oder Weſen daſſelbe ſagen und ausdrücken, ſo daß weiter kein Unterſchied ſtatt findet, als daß es eben zwei Individuen ſind. Die weſentlichen Qualitäten, die, durch welche wir Dinge unterſcheiden, ſind in beiden dieſel- ben. Ich kann ſie daher nicht durch den Gedanken, durch die Vernunft — für dieſe ſind alle Anhaltspunkte verſchwunden — ich kann ſie nur durch die ſinnliche Vorſtellung oder An- ſchauung unterſcheiden. Würden mir meine Augen nicht ſa- gen: es ſind wirklich zwei der Exiſtenz nach verſchiedne We- ſen — meine Vernunft würde beide für ein und daſſelbe We- ſen nehmen. Darum verwechſeln ſie ſelbſt auch meine Augen miteinander. Verwechſelbar iſt, was nur für den Sinn, nicht für die Vernunft, oder nur dem Daſein, nicht dem Weſen nach verſchieden iſt. Sich völlig ähnliche Perſonen haben daher einen außerordentlichen Reiz wie für ſich ſelbſt, ſo für die Phantaſie. Die Aehnlichkeit gibt zu allerlei Myſtificationen und Illuſionen Anlaß, weil ſie ſelbſt nur eine Illuſion iſt; denn mein Auge ſpottet meiner Vernunft, für die ſich der Be- griff einer ſelbſtſtändigen Exiſtenz ſtets an den Begriff eines beſtimmten Unterſchieds anknüpft. Die Religion iſt das Licht des Geiſtes, welches ſich in dem Medium der Phantaſie und des Gemüths entzweibricht, daſſelbe Weſen als ein gedoppeltes veranſchaulicht. Die Aehnlichkeit iſt die Identität der Vernunft, welche auf dem Gebiete der Wirklichkeit durch die unmittelbar ſinnliche Vorſtellung, auf dem Gebiete der Religion aber durch die Vorſtellung der Einbildungskraft getheilt, unterbrochen wird,

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/326>, abgerufen am 24.11.2024.