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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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Theologie der Unterschied Gottes vom Menschen hervorge-
hoben, die Identität geläugnet wird *). Da aber der Mensch
nichts Höheres denken und fassen kann, als das Wesen des
Menschen, so bleibt ihm, um Gott vom Menschen recht zu
distinguiren, zu einem andern, entgegengesetzten, übermenschli-
chen Wesen zu machen, nichts übrig, als gerade Das in Gott
als eine gute, ja göttliche Eigenschaft zu setzen, was er im
Menschen als eine schlechte Eigenschaft verwirft, so daß Gott
aus einem menschlichen zu einem unmenschlichen Wesen, aus
einem Vater der Liebe zu einem Tyrannen absoluter, selbst-
süchtiger Willkühr, kurz, aus einem guten ein böses Wesen
wird. Merkwürdige Belege dieser Behauptung liefert die Ge-
schichte der Theologie.


Die dem Begriffe nach erste Weise, wie die Reflexion
über die Religion, die Theologie das göttliche Wesen zu einem
andern Wesen macht, außer den Menschen hinaussetzt, ist die
Existenz Gottes, welche zum Gegenstande eines förmlichen
Beweises gemacht wird.

Die Beweise vom Dasein Gottes hat man für dem We-
sen der Religion widersprechend erklärt. Sie sind es; aber nur
der Beweisform nach. Die Religion stellt unmittelbar das

*) Inter creatorem et creaturam non potest tanta similitu-
do
notari, quin inter eos major sit dissimilitudo notanda. La-
ter. Concil. can. 2. (Summa omn. Conc. B. Carranza. Antv. 1559.
p. 326.)
-- Der letzte Unterschied zwischen dem Menschen und Gott,
dem endlichen und unendlichen Wesen überhaupt, zu welchem sich die
religiös-speculative Imagination emporschwingt, ist der Unterschied
zwischen Etwas und Nichts, Ens und Non-Ens; denn nur im
Nichts ist alle Gemeinschaft aufgehoben. Jedes bestimmte Prädicat
drückt eine Gemeinschaftlichkeit mit andern Wesen aus.

Theologie der Unterſchied Gottes vom Menſchen hervorge-
hoben, die Identität geläugnet wird *). Da aber der Menſch
nichts Höheres denken und faſſen kann, als das Weſen des
Menſchen, ſo bleibt ihm, um Gott vom Menſchen recht zu
diſtinguiren, zu einem andern, entgegengeſetzten, übermenſchli-
chen Weſen zu machen, nichts übrig, als gerade Das in Gott
als eine gute, ja göttliche Eigenſchaft zu ſetzen, was er im
Menſchen als eine ſchlechte Eigenſchaft verwirft, ſo daß Gott
aus einem menſchlichen zu einem unmenſchlichen Weſen, aus
einem Vater der Liebe zu einem Tyrannen abſoluter, ſelbſt-
ſüchtiger Willkühr, kurz, aus einem guten ein böſes Weſen
wird. Merkwürdige Belege dieſer Behauptung liefert die Ge-
ſchichte der Theologie.


Die dem Begriffe nach erſte Weiſe, wie die Reflexion
über die Religion, die Theologie das göttliche Weſen zu einem
andern Weſen macht, außer den Menſchen hinausſetzt, iſt die
Exiſtenz Gottes, welche zum Gegenſtande eines förmlichen
Beweiſes gemacht wird.

Die Beweiſe vom Daſein Gottes hat man für dem We-
ſen der Religion widerſprechend erklärt. Sie ſind es; aber nur
der Beweisform nach. Die Religion ſtellt unmittelbar das

*) Inter creatorem et creaturam non potest tanta similitu-
do
notari, quin inter eos major sit dissimilitudo notanda. La-
ter. Concil. can. 2. (Summa omn. Conc. B. Carranza. Antv. 1559.
p. 326.)
— Der letzte Unterſchied zwiſchen dem Menſchen und Gott,
dem endlichen und unendlichen Weſen überhaupt, zu welchem ſich die
religiös-ſpeculative Imagination emporſchwingt, iſt der Unterſchied
zwiſchen Etwas und Nichts, Ens und Non-Ens; denn nur im
Nichts iſt alle Gemeinſchaft aufgehoben. Jedes beſtimmte Prädicat
drückt eine Gemeinſchaftlichkeit mit andern Weſen aus.
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[268/0286] Theologie der Unterſchied Gottes vom Menſchen hervorge- hoben, die Identität geläugnet wird *). Da aber der Menſch nichts Höheres denken und faſſen kann, als das Weſen des Menſchen, ſo bleibt ihm, um Gott vom Menſchen recht zu diſtinguiren, zu einem andern, entgegengeſetzten, übermenſchli- chen Weſen zu machen, nichts übrig, als gerade Das in Gott als eine gute, ja göttliche Eigenſchaft zu ſetzen, was er im Menſchen als eine ſchlechte Eigenſchaft verwirft, ſo daß Gott aus einem menſchlichen zu einem unmenſchlichen Weſen, aus einem Vater der Liebe zu einem Tyrannen abſoluter, ſelbſt- ſüchtiger Willkühr, kurz, aus einem guten ein böſes Weſen wird. Merkwürdige Belege dieſer Behauptung liefert die Ge- ſchichte der Theologie. Die dem Begriffe nach erſte Weiſe, wie die Reflexion über die Religion, die Theologie das göttliche Weſen zu einem andern Weſen macht, außer den Menſchen hinausſetzt, iſt die Exiſtenz Gottes, welche zum Gegenſtande eines förmlichen Beweiſes gemacht wird. Die Beweiſe vom Daſein Gottes hat man für dem We- ſen der Religion widerſprechend erklärt. Sie ſind es; aber nur der Beweisform nach. Die Religion ſtellt unmittelbar das *) Inter creatorem et creaturam non potest tanta similitu- do notari, quin inter eos major sit dissimilitudo notanda. La- ter. Concil. can. 2. (Summa omn. Conc. B. Carranza. Antv. 1559. p. 326.) — Der letzte Unterſchied zwiſchen dem Menſchen und Gott, dem endlichen und unendlichen Weſen überhaupt, zu welchem ſich die religiös-ſpeculative Imagination emporſchwingt, iſt der Unterſchied zwiſchen Etwas und Nichts, Ens und Non-Ens; denn nur im Nichts iſt alle Gemeinſchaft aufgehoben. Jedes beſtimmte Prädicat drückt eine Gemeinſchaftlichkeit mit andern Weſen aus.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/286>, abgerufen am 28.11.2024.