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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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wie man das vor Augen siehet, daß gute und böse Creaturen
seynd; als gifftige Thiere und Würmer nach dem Centrum der
Natur der Finsterniß, aus Gewalt der grimmen Eigen-
schaft
, welche auch nur begehren im Finstern zu wohnen,
als da sind diejenigen, so in den Löchern wohnen und sich
vor der Sonnen verbergen. An jedes Thieres Essen
und Wohnung siehet man, woraus das herkommen sey, denn
eine jede Creatur begehret in seiner Mutter zu wohnen und
sehnet sich nach ihr, wie das klar vor Augen ist." "Das Gold,
Silber, Edelgesteine und alles lichte Ertzt hat seinen Ur-
sprung vom Lichte
, welches vor den Zeiten des Zornes etc.
geschienen hat." "Alles was im Wesen dieser Welt weich,
sanft
und dünn ist, das ist ausfließend und sich selber ge-
bend und ist dessen Grund und Urstand nach der Einheit der
Ewigkeit, da die Einheit immerdar von sich ausfleußt, wie
man dann an dem Wesen der Dünnheit, als am Wasser und
Lufft keine Empfindlichkeit oder Peinen verstehet, was dasselbe
Wesen einig in sich selber ist." *) Kurz, der Himmel ist so
reich
als die Erde. Alles was auf der Erde, ist im Himmel,
was in der Natur, in Gott. Aber hier ist es göttlich,
himmlisch, dort irdisch, sichtbarlich, äußerlich, materiell, aber
doch dasselbe. "Wann ich nun schreibe von Bäumen, Stau-
den und Früchten, so mußt Du es nicht irdisch, gleich dieser
Welt verstehen, dann das ist nicht meine Meinung, daß im
Himmel wachse ein todter harter hölzerner Baum oder
Stein der in irdischer Qualität stehet. Nein, sondern
meine Meinung ist himmlisch und geistlich, aber doch
wahrhaftig
und eigentlich, also ich meine kein ander

*) L. c. p. 468, 617--18.

wie man das vor Augen ſiehet, daß gute und böſe Creaturen
ſeynd; als gifftige Thiere und Würmer nach dem Centrum der
Natur der Finſterniß, aus Gewalt der grimmen Eigen-
ſchaft
, welche auch nur begehren im Finſtern zu wohnen,
als da ſind diejenigen, ſo in den Löchern wohnen und ſich
vor der Sonnen verbergen. An jedes Thieres Eſſen
und Wohnung ſiehet man, woraus das herkommen ſey, denn
eine jede Creatur begehret in ſeiner Mutter zu wohnen und
ſehnet ſich nach ihr, wie das klar vor Augen iſt.“ „Das Gold,
Silber, Edelgeſteine und alles lichte Ertzt hat ſeinen Ur-
ſprung vom Lichte
, welches vor den Zeiten des Zornes ꝛc.
geſchienen hat.“ „Alles was im Weſen dieſer Welt weich,
ſanft
und dünn iſt, das iſt ausfließend und ſich ſelber ge-
bend und iſt deſſen Grund und Urſtand nach der Einheit der
Ewigkeit, da die Einheit immerdar von ſich ausfleußt, wie
man dann an dem Weſen der Dünnheit, als am Waſſer und
Lufft keine Empfindlichkeit oder Peinen verſtehet, was daſſelbe
Weſen einig in ſich ſelber iſt.“ *) Kurz, der Himmel iſt ſo
reich
als die Erde. Alles was auf der Erde, iſt im Himmel,
was in der Natur, in Gott. Aber hier iſt es göttlich,
himmliſch, dort irdiſch, ſichtbarlich, äußerlich, materiell, aber
doch daſſelbe. „Wann ich nun ſchreibe von Bäumen, Stau-
den und Früchten, ſo mußt Du es nicht irdiſch, gleich dieſer
Welt verſtehen, dann das iſt nicht meine Meinung, daß im
Himmel wachſe ein todter harter hölzerner Baum oder
Stein der in irdiſcher Qualität ſtehet. Nein, ſondern
meine Meinung iſt himmliſch und geiſtlich, aber doch
wahrhaftig
und eigentlich, alſo ich meine kein ander

*) L. c. p. 468, 617—18.
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[119/0137] wie man das vor Augen ſiehet, daß gute und böſe Creaturen ſeynd; als gifftige Thiere und Würmer nach dem Centrum der Natur der Finſterniß, aus Gewalt der grimmen Eigen- ſchaft, welche auch nur begehren im Finſtern zu wohnen, als da ſind diejenigen, ſo in den Löchern wohnen und ſich vor der Sonnen verbergen. An jedes Thieres Eſſen und Wohnung ſiehet man, woraus das herkommen ſey, denn eine jede Creatur begehret in ſeiner Mutter zu wohnen und ſehnet ſich nach ihr, wie das klar vor Augen iſt.“ „Das Gold, Silber, Edelgeſteine und alles lichte Ertzt hat ſeinen Ur- ſprung vom Lichte, welches vor den Zeiten des Zornes ꝛc. geſchienen hat.“ „Alles was im Weſen dieſer Welt weich, ſanft und dünn iſt, das iſt ausfließend und ſich ſelber ge- bend und iſt deſſen Grund und Urſtand nach der Einheit der Ewigkeit, da die Einheit immerdar von ſich ausfleußt, wie man dann an dem Weſen der Dünnheit, als am Waſſer und Lufft keine Empfindlichkeit oder Peinen verſtehet, was daſſelbe Weſen einig in ſich ſelber iſt.“ *) Kurz, der Himmel iſt ſo reich als die Erde. Alles was auf der Erde, iſt im Himmel, was in der Natur, in Gott. Aber hier iſt es göttlich, himmliſch, dort irdiſch, ſichtbarlich, äußerlich, materiell, aber doch daſſelbe. „Wann ich nun ſchreibe von Bäumen, Stau- den und Früchten, ſo mußt Du es nicht irdiſch, gleich dieſer Welt verſtehen, dann das iſt nicht meine Meinung, daß im Himmel wachſe ein todter harter hölzerner Baum oder Stein der in irdiſcher Qualität ſtehet. Nein, ſondern meine Meinung iſt himmliſch und geiſtlich, aber doch wahrhaftig und eigentlich, alſo ich meine kein ander *) L. c. p. 468, 617—18.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/137>, abgerufen am 24.11.2024.