meine die Klage über den furchtbaren Kontrast des von der Maurerei aufgestellten Ide- als, mit der gemeinen Wirklichkeit. Ich antworte: Allerdings sind bei weitem nicht alle diejenigen Maurer, die diesen Namen führen; alle aber sollen es werden, und keiner, der diesen Na- men trägt, soll aufgegeben werden. So lange dies geschieht, so lange nur auf jenes Ideal hin- gestrebt wird, ist die Gesellschaft eine maurerische, gesetzt auch, daß kein einziges ihrer Glieder diesen Zweck erreichte, gesetzt auch, daß bis diesen Tag der wirkliche Zweck der bestehenden Maurerei der gewesen wäre, ihren Zweck zu suchen.
Es ist Dir nun, Konstant, ein scharf bestimm- ter, in sich klarer, allgemein verständlicher Begriff der Maurerei aufgestellt worden. Prüfe diesen Begriff, frage Deinen Verstand und Dein Herz, ob er den Zweck der Maurerei ausdrücken könne, und ob Du diesen Zweck zu dem Deinen machen wollest. Du wirst sodann wissen, was Du zu thun hast. -- Findet sodann dieser Zweck sich bewährt, so laß uns nicht bloß wissen, sondern auch thun, um so eifriger thun, je mehr wir fin- den könnten, daß die Wirklichkeit nach unsrer Mei- nung hinter dem Ideale zurück sey.
Wer bei Erblickung der Mängel in den mensch- lichen Verhältnissen, der Untauglichkeit, der Ver- kehrtheit, des Verderbens unter den Menschen die Hände sinken läßt, und hin geht, und über die bösen Zeiten klagt, der ist kein Mann. Grade darinn, daß Du fähig bist, die Menschen als man-
meine die Klage uͤber den furchtbaren Kontraſt des von der Maurerei aufgeſtellten Ide- als, mit der gemeinen Wirklichkeit. Ich antworte: Allerdings ſind bei weitem nicht alle diejenigen Maurer, die dieſen Namen fuͤhren; alle aber ſollen es werden, und keiner, der dieſen Na- men traͤgt, ſoll aufgegeben werden. So lange dies geſchieht, ſo lange nur auf jenes Ideal hin- geſtrebt wird, iſt die Geſellſchaft eine maureriſche, geſetzt auch, daß kein einziges ihrer Glieder dieſen Zweck erreichte, geſetzt auch, daß bis dieſen Tag der wirkliche Zweck der beſtehenden Maurerei der geweſen waͤre, ihren Zweck zu ſuchen.
Es iſt Dir nun, Konſtant, ein ſcharf beſtimm- ter, in ſich klarer, allgemein verſtaͤndlicher Begriff der Maurerei aufgeſtellt worden. Pruͤfe dieſen Begriff, frage Deinen Verſtand und Dein Herz, ob er den Zweck der Maurerei ausdruͤcken koͤnne, und ob Du dieſen Zweck zu dem Deinen machen wolleſt. Du wirſt ſodann wiſſen, was Du zu thun haſt. — Findet ſodann dieſer Zweck ſich bewaͤhrt, ſo laß uns nicht bloß wiſſen, ſondern auch thun, um ſo eifriger thun, je mehr wir fin- den koͤnnten, daß die Wirklichkeit nach unſrer Mei- nung hinter dem Ideale zuruͤck ſey.
Wer bei Erblickung der Maͤngel in den menſch- lichen Verhaͤltniſſen, der Untauglichkeit, der Ver- kehrtheit, des Verderbens unter den Menſchen die Haͤnde ſinken laͤßt, und hin geht, und uͤber die boͤſen Zeiten klagt, der iſt kein Mann. Grade darinn, daß Du faͤhig biſt, die Menſchen als man-
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meine die Klage uͤber den furchtbaren Kontraſt
des von der Maurerei aufgeſtellten Ide-
als, mit der gemeinen Wirklichkeit. Ich
antworte: Allerdings ſind bei weitem nicht alle
diejenigen Maurer, die dieſen Namen fuͤhren; alle
aber ſollen es werden, und keiner, der dieſen Na-
men traͤgt, ſoll aufgegeben werden. So lange
dies geſchieht, ſo lange nur auf jenes Ideal hin-
geſtrebt wird, iſt die Geſellſchaft eine maureriſche,
geſetzt auch, daß kein einziges ihrer Glieder dieſen
Zweck erreichte, geſetzt auch, daß bis dieſen Tag
der wirkliche Zweck der beſtehenden Maurerei der
geweſen waͤre, ihren Zweck zu ſuchen.
Es iſt Dir nun, Konſtant, ein ſcharf beſtimm-
ter, in ſich klarer, allgemein verſtaͤndlicher Begriff
der Maurerei aufgeſtellt worden. Pruͤfe dieſen
Begriff, frage Deinen Verſtand und Dein Herz,
ob er den Zweck der Maurerei ausdruͤcken koͤnne,
und ob Du dieſen Zweck zu dem Deinen machen
wolleſt. Du wirſt ſodann wiſſen, was Du zu
thun haſt. — Findet ſodann dieſer Zweck ſich
bewaͤhrt, ſo laß uns nicht bloß wiſſen, ſondern
auch thun, um ſo eifriger thun, je mehr wir fin-
den koͤnnten, daß die Wirklichkeit nach unſrer Mei-
nung hinter dem Ideale zuruͤck ſey.
Wer bei Erblickung der Maͤngel in den menſch-
lichen Verhaͤltniſſen, der Untauglichkeit, der Ver-
kehrtheit, des Verderbens unter den Menſchen die
Haͤnde ſinken laͤßt, und hin geht, und uͤber die
boͤſen Zeiten klagt, der iſt kein Mann. Grade
darinn, daß Du faͤhig biſt, die Menſchen als man-
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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/81>, abgerufen am 24.11.2024.
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