Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Schüchternheit, die Bitte gewagt haben sollte, mir
den Zutritt dazu zu verstatten. Man gewährte
mir die Bitte besonders in Rücksicht meiner guten
Empfehlungen, und bestimmte mir die Stunde des
folgenden Tages, an dem der Neuaufgenommene
Br. in das Archiv eingeführt werden sollte. Ich
war durch alles, was ich gehört hatte, darauf am
meisten gespannt; und ich bereitete mich am fol-
genden Tage mit Sorgfalt, auf den Eintritt in
dasselbe vor. Ich ging meine ganze maurerische
Gelehrsamkeit durch, ich erinnerte mich aller Sel-
tenheiten, die ich gesehen hatte, so wie deren, die
ich nur aus Nachrichten kannte; und glaubte doch,
daß man hier dies und jenes nicht haben würde.

Ich hohlte den ehrwürdigen Br. M. in seiner
Wohnung ab, und wir gingen ins Logenhaus, wo
wir einige BB., so wie den Neuaufgenommenen
fanden. Wir begaben uns sogleich ins Archiv, das
im Präparations-Zimmer in Wandschränken ver-
wahrt lag, zu deren jedem außer dem Logen-Mei-
ster noch zwei BB. besondere Schlüssel hatten.
Das erste was man mir zeigte, war ein höchst-
merkwürdiges Manuscript, welches die Geschichte
der Frei-Maurer-Brüderschaft bis auf die neue-
sten Zeiten in epochenmäßigen Abtheilungen ent-
hielt. "Diese Geschichte, die von einem unserer
BB. geschrieben ist, sagte mir Br. M. legen wir
bei unsern Forschungen zum Grunde, damit wir
einen Faden haben, an welchen wir alles übrige
anreihen können. Ohne ein solches Hülfsmittel
würden wir keine allgemeine Uebersicht haben, es

Schuͤchternheit, die Bitte gewagt haben ſollte, mir
den Zutritt dazu zu verſtatten. Man gewaͤhrte
mir die Bitte beſonders in Ruͤckſicht meiner guten
Empfehlungen, und beſtimmte mir die Stunde des
folgenden Tages, an dem der Neuaufgenommene
Br. in das Archiv eingefuͤhrt werden ſollte. Ich
war durch alles, was ich gehoͤrt hatte, darauf am
meiſten geſpannt; und ich bereitete mich am fol-
genden Tage mit Sorgfalt, auf den Eintritt in
daſſelbe vor. Ich ging meine ganze maureriſche
Gelehrſamkeit durch, ich erinnerte mich aller Sel-
tenheiten, die ich geſehen hatte, ſo wie deren, die
ich nur aus Nachrichten kannte; und glaubte doch,
daß man hier dies und jenes nicht haben wuͤrde.

Ich hohlte den ehrwuͤrdigen Br. M. in ſeiner
Wohnung ab, und wir gingen ins Logenhaus, wo
wir einige BB., ſo wie den Neuaufgenommenen
fanden. Wir begaben uns ſogleich ins Archiv, das
im Praͤparations-Zimmer in Wandſchraͤnken ver-
wahrt lag, zu deren jedem außer dem Logen-Mei-
ſter noch zwei BB. beſondere Schluͤſſel hatten.
Das erſte was man mir zeigte, war ein hoͤchſt-
merkwuͤrdiges Manuſcript, welches die Geſchichte
der Frei-Maurer-Bruͤderſchaft bis auf die neue-
ſten Zeiten in epochenmaͤßigen Abtheilungen ent-
hielt. „Dieſe Geſchichte, die von einem unſerer
BB. geſchrieben iſt, ſagte mir Br. M. legen wir
bei unſern Forſchungen zum Grunde, damit wir
einen Faden haben, an welchen wir alles uͤbrige
anreihen koͤnnen. Ohne ein ſolches Huͤlfsmittel
wuͤrden wir keine allgemeine Ueberſicht haben, es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0259" n="237"/>
Schu&#x0364;chternheit, die Bitte gewagt haben &#x017F;ollte, mir<lb/>
den Zutritt dazu zu ver&#x017F;tatten. Man gewa&#x0364;hrte<lb/>
mir die Bitte be&#x017F;onders in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht meiner guten<lb/>
Empfehlungen, und be&#x017F;timmte mir die Stunde des<lb/>
folgenden Tages, an dem der Neuaufgenommene<lb/>
Br. in das Archiv eingefu&#x0364;hrt werden &#x017F;ollte. Ich<lb/>
war durch alles, was ich geho&#x0364;rt hatte, darauf am<lb/>
mei&#x017F;ten ge&#x017F;pannt; und ich bereitete mich am fol-<lb/>
genden Tage mit Sorgfalt, auf den Eintritt in<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe vor. Ich ging meine ganze maureri&#x017F;che<lb/>
Gelehr&#x017F;amkeit durch, ich erinnerte mich aller Sel-<lb/>
tenheiten, die ich ge&#x017F;ehen hatte, &#x017F;o wie deren, die<lb/>
ich nur aus Nachrichten kannte; und glaubte doch,<lb/>
daß man hier dies und jenes nicht haben wu&#x0364;rde.</p><lb/>
        <p>Ich hohlte den ehrwu&#x0364;rdigen Br. <hi rendition="#aq">M.</hi> in &#x017F;einer<lb/>
Wohnung ab, und wir gingen ins Logenhaus, wo<lb/>
wir einige BB., &#x017F;o wie den Neuaufgenommenen<lb/>
fanden. Wir begaben uns &#x017F;ogleich ins Archiv, das<lb/>
im Pra&#x0364;parations-Zimmer in Wand&#x017F;chra&#x0364;nken ver-<lb/>
wahrt lag, zu deren jedem außer dem Logen-Mei-<lb/>
&#x017F;ter noch zwei BB. be&#x017F;ondere Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el hatten.<lb/>
Das er&#x017F;te was man mir zeigte, war ein ho&#x0364;ch&#x017F;t-<lb/>
merkwu&#x0364;rdiges Manu&#x017F;cript, welches die Ge&#x017F;chichte<lb/>
der Frei-Maurer-Bru&#x0364;der&#x017F;chaft bis auf die neue-<lb/>
&#x017F;ten Zeiten in epochenma&#x0364;ßigen Abtheilungen ent-<lb/>
hielt. &#x201E;Die&#x017F;e Ge&#x017F;chichte, die von einem un&#x017F;erer<lb/>
BB. ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t, &#x017F;agte mir Br. <hi rendition="#aq">M.</hi> legen wir<lb/>
bei un&#x017F;ern For&#x017F;chungen zum Grunde, damit wir<lb/>
einen Faden haben, an welchen wir alles u&#x0364;brige<lb/>
anreihen ko&#x0364;nnen. Ohne ein &#x017F;olches Hu&#x0364;lfsmittel<lb/>
wu&#x0364;rden wir keine allgemeine Ueber&#x017F;icht haben, es<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0259] Schuͤchternheit, die Bitte gewagt haben ſollte, mir den Zutritt dazu zu verſtatten. Man gewaͤhrte mir die Bitte beſonders in Ruͤckſicht meiner guten Empfehlungen, und beſtimmte mir die Stunde des folgenden Tages, an dem der Neuaufgenommene Br. in das Archiv eingefuͤhrt werden ſollte. Ich war durch alles, was ich gehoͤrt hatte, darauf am meiſten geſpannt; und ich bereitete mich am fol- genden Tage mit Sorgfalt, auf den Eintritt in daſſelbe vor. Ich ging meine ganze maureriſche Gelehrſamkeit durch, ich erinnerte mich aller Sel- tenheiten, die ich geſehen hatte, ſo wie deren, die ich nur aus Nachrichten kannte; und glaubte doch, daß man hier dies und jenes nicht haben wuͤrde. Ich hohlte den ehrwuͤrdigen Br. M. in ſeiner Wohnung ab, und wir gingen ins Logenhaus, wo wir einige BB., ſo wie den Neuaufgenommenen fanden. Wir begaben uns ſogleich ins Archiv, das im Praͤparations-Zimmer in Wandſchraͤnken ver- wahrt lag, zu deren jedem außer dem Logen-Mei- ſter noch zwei BB. beſondere Schluͤſſel hatten. Das erſte was man mir zeigte, war ein hoͤchſt- merkwuͤrdiges Manuſcript, welches die Geſchichte der Frei-Maurer-Bruͤderſchaft bis auf die neue- ſten Zeiten in epochenmaͤßigen Abtheilungen ent- hielt. „Dieſe Geſchichte, die von einem unſerer BB. geſchrieben iſt, ſagte mir Br. M. legen wir bei unſern Forſchungen zum Grunde, damit wir einen Faden haben, an welchen wir alles uͤbrige anreihen koͤnnen. Ohne ein ſolches Huͤlfsmittel wuͤrden wir keine allgemeine Ueberſicht haben, es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/259
Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/259>, abgerufen am 25.11.2024.