Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729."de, redeu sollen, sie erschrecken, gleich als ob sie unversehens in eine fremde und Jacobus Sadoletus spricht vom Schul-Leben: "Mit dieser Manier zu Man höre was Johannes Sturmius saget: "Es ist ein lächerlich Ding um Thomas Overburius mahlet einen unartigen Schul-Monarchen auf diese Ver-
„de, redeu ſollen, ſie erſchrecken, gleich als ob ſie unverſehens in eine fremde und Jacobus Sadoletus ſpricht vom Schul-Leben: „Mit dieſer Manier zu Man hoͤre was Johannes Sturmius ſaget: „Es iſt ein laͤcherlich Ding um Thomas Overburius mahlet einen unartigen Schul-Monarchen auf dieſe Ver-
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„de, redeu ſollen, ſie erſchrecken, gleich als ob ſie unverſehens in eine fremde und
„neue Welt entzuͤcket waͤren. Derohalben halte ich davor, daß die Jugend in
„Schulen gantz naͤrriſch und laͤppiſch werde, weil ſie gar nichts ſiehet, noch
„hoͤret, wie es in der Welt zugehet, oder was der gemeine Lauff mit ſich brin-
„get, ſondern allein laͤcherliche Themata und vortraͤge, darinnen von Meer-
„Raͤubern gehandelt wird, wie ſie mit Ketten an dem Ufer ſtehen, und von
„Tyrannen, welche denen Kindern gebieten, ihre eigene Eltern umzubringen.
„Weiter anders nichts, als Honig-ſuͤſſe Wort-Kugeln, uͤberzimmete und
„uͤberzuckerte Reden. Alle diejenigen, die bey ſolchen Dingen auferzogen
„werden, koͤnnen eben ſo wenig witzig ſeyn, als einer, der die heimlichen Gemaͤ-
„cher ausraͤumet, wohl riechen kan.
Jacobus Sadoletus ſpricht vom Schul-Leben: „Mit dieſer Manier zu
„unterweiſen wird alle Gutartigkeit, und Tugendhafftigkeit, aus dem Ge-
„muͤthe verſchlagen und verderbet, und koͤmmt nichts anders heraus als mur-
„riſche, unleutſelige und ſchwehrmuͤthige Leute, die nicht allein andern, ſon-
„dern auch ihnen ſelber beſchwerlich, an allen Sachen verzagen, kleinmuͤthig,
„Licht-ſcheu, einſame Winckel-Schlupffer, und bey der Geſellſchafft laͤcherlich
„ſeynd, die da kein freyes und freudiges Gemuͤthe tragen, ſondern, den Kopff
„ſtets voller Unluſt, und groſſer Gedancken, von kleinen unnuͤtzen Dingen ha-
„ben. Was kan aber der Tugend, Erbarkeit und Großmuͤthigkeit nachtheili-
„ger ſeyn als eben dieſes.
Man hoͤre was Johannes Sturmius ſaget: „Es iſt ein laͤcherlich Ding um
„einen gelehrten, wann er ſtoltz, aufgeblaſen und murriſch iſt, im Fall man
„anders einen ſolchen Menſchen einen Gelehrten nennen darff, welcher mit der-
„gleichen Gebrechen behafftet. Wiewohl es iſt nicht ohne, daß nicht ſchier
„unter allen hohen vornehmen Leuten dergleichen zu finden, als unter denen
„Rednern Erutius, Curtius, Mamerius, unter denen Pœten Marſus, Zoylus,
„Chæilus; unter denen Senatoren Valgula, Aſellus, Mencius. Indeſſen kan
„niemand ſtoltze Schulzaͤncker, und murriſche ungeſchickte Duͤnckel anſehen,
„der nicht lache wegen ihres laͤcherlichen Weſens, oder traurig werde derer
„herrlichen Studien halber, die an ihnen verlohren ſeynd.
Thomas Overburius mahlet einen unartigen Schul-Monarchen auf dieſe
Weiſe ab: „Er tritt nach der Tabulatur einher. Mit der einen Hand ſcandirt
„er Verſe, und mit der andern haͤlt er ſeinen Schul-Scepter. Es duͤrffen ihm
„keine Gedancken in den Sinn kommen, da nicht der Nominativus Caſus das
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Zitationshilfe: | Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/68>, abgerufen am 16.02.2025. |