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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Diejenigen Gelehrten, welche ihr, Gesinde, ingleichen ihr
Vieh, über die Gebühr hart tractiren, mögen sich die
jetzt-kommende Relation aus dem Parnasso
an die Nase reiben.

DEn 1ten April erschienen vor dem Apolline der weitberühmte güldene Esol
Apulei, wie auch die berühmte Asinaria Plauti. Diese brachten im Na-
men derer sämmtlichen Esel an und vor, daß, wann diejenigen Thiere von dem
menschlichen Geschlechte wohl gehalten zu werden meritirten, welche wenig ko-
steten, und doch grossen Nutzen schaffeten, so hätten sie vor allen andern Thieren
Ursache genug sich über ihre Herren zu beklagen. Denn ob sie schon wegen der
schweren Arbeit, weder Tag noch Nacht Ruhe hätten, behülffen sie sich doch
mit Wasser und Haber-Stroh, und hielten Ostern bey einer Handvoll Kleyen,
würden aber, dem allen ungeachtet, von ihrer Herrschafft mit solcher Unbeschei-
denheit tractiret, daß sie gleichsam ein erbärmliches Spectacul vor der gantzen Welt
worden. Ja wann sie sich schon mit denen allerschändlichsten und verachtesten
diensten gegen ihre Herren demüthigten, könten sie dennoch ihre harten und Stei-
nern Hertzen nicht erweichen. Sie bäten derohalben auf das demüthigste
Ihro Parnassische Majestät wolten Ihnen belieben lassen, bey ihrer Esels-Ar-
beit, wo nicht ein gantzes Punctum, doch zum wenigsten ein Strichlein oder
Comma zu machen, und ihren Herren zu befehlen, gegen Creaturen, die sich
so hoch verdient gemacht, wo nicht Danckbarkeit, doch auf das wenigste Be-
scheidenheit, zu gebrauchen.

Die Klage und das Verlangen derer gesamten Esel, befande Apollo
dermassen billig, daß er ihnen ihre Bitte gewährete. Hiernechst entbrannte er
gantz vor Zorn wider viele Philosophos, und andere Gelehrte, welche praeten-
di
ren, unendlich mehr Weißheit als andere Menschen zu besitzen, und doch
nicht einmal wissen, wie sie ihr Vieh tractiren sollen. Diese verwandelte Apol-
lo,
zur Straffe, in Esel, Ochsen, Pferde etc. in welcher Gestalt sie sechs Mo-
nate verbleiben, und eben so tractiret werden sollen, wie sie ihr Vieh zu tracti-
ren pflegen.

Rela-
Diejenigen Gelehrten, welche ihr, Geſinde, ingleichen ihr
Vieh, uͤber die Gebuͤhr hart tractiren, moͤgen ſich die
jetzt-kommende Relation aus dem Parnaſſo
an die Naſe reiben.

DEn 1ten April erſchienen vor dem Apolline der weitberuͤhmte guͤldene Eſol
Apulei, wie auch die beruͤhmte Aſinaria Plauti. Dieſe brachten im Na-
men derer ſaͤmmtlichen Eſel an und vor, daß, wann diejenigen Thiere von dem
menſchlichen Geſchlechte wohl gehalten zu werden meritirten, welche wenig ko-
ſteten, und doch groſſen Nutzen ſchaffeten, ſo haͤtten ſie vor allen andern Thieren
Urſache genug ſich uͤber ihre Herren zu beklagen. Denn ob ſie ſchon wegen der
ſchweren Arbeit, weder Tag noch Nacht Ruhe haͤtten, behuͤlffen ſie ſich doch
mit Waſſer und Haber-Stroh, und hielten Oſtern bey einer Handvoll Kleyen,
wuͤrden aber, dem allen ungeachtet, von ihrer Herrſchafft mit ſolcher Unbeſchei-
denheit tractiret, daß ſie gleichſam ein erbaͤrmliches Spectacul vor der gantzen Welt
worden. Ja wann ſie ſich ſchon mit denen allerſchaͤndlichſten und verachteſten
dienſten gegen ihre Herren demuͤthigten, koͤnten ſie dennoch ihre harten und Stei-
nern Hertzen nicht erweichen. Sie baͤten derohalben auf das demuͤthigſte
Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt wolten Ihnen belieben laſſen, bey ihrer Eſels-Ar-
beit, wo nicht ein gantzes Punctum, doch zum wenigſten ein Strichlein oder
Comma zu machen, und ihren Herren zu befehlen, gegen Creaturen, die ſich
ſo hoch verdient gemacht, wo nicht Danckbarkeit, doch auf das wenigſte Be-
ſcheidenheit, zu gebrauchen.

Die Klage und das Verlangen derer geſamten Eſel, befande Apollo
dermaſſen billig, daß er ihnen ihre Bitte gewaͤhrete. Hiernechſt entbrannte er
gantz vor Zorn wider viele Philoſophos, und andere Gelehrte, welche præten-
di
ren, unendlich mehr Weißheit als andere Menſchen zu beſitzen, und doch
nicht einmal wiſſen, wie ſie ihr Vieh tractiren ſollen. Dieſe verwandelte Apol-
lo,
zur Straffe, in Eſel, Ochſen, Pferde ꝛc. in welcher Geſtalt ſie ſechs Mo-
nate verbleiben, und eben ſo tractiret werden ſollen, wie ſie ihr Vieh zu tracti-
ren pflegen.

Rela-
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[100/0144] Diejenigen Gelehrten, welche ihr, Geſinde, ingleichen ihr Vieh, uͤber die Gebuͤhr hart tractiren, moͤgen ſich die jetzt-kommende Relation aus dem Parnaſſo an die Naſe reiben. DEn 1ten April erſchienen vor dem Apolline der weitberuͤhmte guͤldene Eſol Apulei, wie auch die beruͤhmte Aſinaria Plauti. Dieſe brachten im Na- men derer ſaͤmmtlichen Eſel an und vor, daß, wann diejenigen Thiere von dem menſchlichen Geſchlechte wohl gehalten zu werden meritirten, welche wenig ko- ſteten, und doch groſſen Nutzen ſchaffeten, ſo haͤtten ſie vor allen andern Thieren Urſache genug ſich uͤber ihre Herren zu beklagen. Denn ob ſie ſchon wegen der ſchweren Arbeit, weder Tag noch Nacht Ruhe haͤtten, behuͤlffen ſie ſich doch mit Waſſer und Haber-Stroh, und hielten Oſtern bey einer Handvoll Kleyen, wuͤrden aber, dem allen ungeachtet, von ihrer Herrſchafft mit ſolcher Unbeſchei- denheit tractiret, daß ſie gleichſam ein erbaͤrmliches Spectacul vor der gantzen Welt worden. Ja wann ſie ſich ſchon mit denen allerſchaͤndlichſten und verachteſten dienſten gegen ihre Herren demuͤthigten, koͤnten ſie dennoch ihre harten und Stei- nern Hertzen nicht erweichen. Sie baͤten derohalben auf das demuͤthigſte Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt wolten Ihnen belieben laſſen, bey ihrer Eſels-Ar- beit, wo nicht ein gantzes Punctum, doch zum wenigſten ein Strichlein oder Comma zu machen, und ihren Herren zu befehlen, gegen Creaturen, die ſich ſo hoch verdient gemacht, wo nicht Danckbarkeit, doch auf das wenigſte Be- ſcheidenheit, zu gebrauchen. Die Klage und das Verlangen derer geſamten Eſel, befande Apollo dermaſſen billig, daß er ihnen ihre Bitte gewaͤhrete. Hiernechſt entbrannte er gantz vor Zorn wider viele Philoſophos, und andere Gelehrte, welche præten- diren, unendlich mehr Weißheit als andere Menſchen zu beſitzen, und doch nicht einmal wiſſen, wie ſie ihr Vieh tractiren ſollen. Dieſe verwandelte Apol- lo, zur Straffe, in Eſel, Ochſen, Pferde ꝛc. in welcher Geſtalt ſie ſechs Mo- nate verbleiben, und eben ſo tractiret werden ſollen, wie ſie ihr Vieh zu tracti- ren pflegen. Rela-

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/144>, abgerufen am 23.11.2024.