Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.und sprach hernach auf Teutsch. Lieben Jungfrauen! habt ihr auch Ein gelehrter Bürgermeister, als er einen Schielenden sahe, welcher bey Ein Doctor, der ausser denen hohen Einbildungen wenig Wissenschafften Ein Professor, welcher einer grossen Printzeßin Einzug mit ansahe, wo- Ein stoltzer Gelehrter, als er die fünff Sinnen nach einander erzehlen wolte, Ein anderer hatte bey seiner Freude einem etliche Bücher entlehnet. Nun Ein Jurist, der, wie sehr viele Juristen zu thun pflegen, sich um nichts als wan-
und ſprach hernach auf Teutſch. Lieben Jungfrauen! habt ihr auch Ein gelehrter Buͤrgermeiſter, als er einen Schielenden ſahe, welcher bey Ein Doctor, der auſſer denen hohen Einbildungen wenig Wiſſenſchafften Ein Profeſſor, welcher einer groſſen Printzeßin Einzug mit anſahe, wo- Ein ſtoltzer Gelehrter, als er die fuͤnff Sinnen nach einander erzehlen wolte, Ein anderer hatte bey ſeiner Freude einem etliche Buͤcher entlehnet. Nun Ein Juriſt, der, wie ſehr viele Juriſten zu thun pflegen, ſich um nichts als wan-
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und ſprach hernach auf Teutſch. Lieben Jungfrauen! habt ihr auch
jemals einen hoͤren beſſer aus dem Griechiſchen verteutſchen alsmich.
Ein gelehrter Buͤrgermeiſter, als er einen Schielenden ſahe, welcher bey
dem Leſen die Augen alſo im Kopff verwandte, daß man meynte, er ſaͤhe zwey
unterſchiedene Blaͤtter auf einmal im Buche an, ſagte: Dieſer ſolte zwey-
mal mehr koͤnnen als ein anderer. Denn er lieſſet doppelt ſo viel als
ſonſt einer.
Ein Doctor, der auſſer denen hohen Einbildungen wenig Wiſſenſchafften
beſaß, kam in eine gewiſſe Stadt und ſahe ein Epita phium uͤber ſeines ehemali-
gen Bekandten Begraͤbniß. Da ſagte er: Fuͤrwahr ich meynte er waͤre
todt, So ſehe ich aber wohl, daß ſein Name hier noch angeſchrieben
ſtehet:
Ein Profeſſor, welcher einer groſſen Printzeßin Einzug mit anſahe, wo-
bey ein Regiment Infanterie, aus Musqueten, nach der alten Art, Salve gab,
ſprach: Pfuy! Was dencken doch die Leute, daß ſie das Pulver und
die Lunten nicht gebieſamet, oder ſonſt etwas wohlriechendes darun-
ter gethan haben, damit ſie keinen ſolchen Geſtanck machten.
Ein ſtoltzer Gelehrter, als er die fuͤnff Sinnen nach einander erzehlen wolte,
nennte das Geſicht, das Gehoͤr, die Ohren, den Geſchmack, und als ihm der
Fuͤnffte Sinn noch nicht einfallen wolte, ſprach er nach tieffen Nachſinnen, Ha,
ha! Ich habe es wohl gedacht, daß ich vergeſſen Zwey Augen zu nennen.
Ein anderer hatte bey ſeiner Freude einem etliche Buͤcher entlehnet. Nun
truge es ſich zu, daß derſelbe zwey Jahre hernach an der Peſt ſtarb. Jener,
als er dieſes vernahm, ſagte zu ſeinem Stuben Geſellen, ob er wohl in einer an-
dern Stadt wohnete: Laſſet uns geſchwinde von hinnen ziehen. Denn
ich beſorge, dieſe Buͤcher moͤchten uns die Peſt anhaͤngen, weil ſie von
einem inficirten Orte kommen.
Ein Juriſt, der, wie ſehr viele Juriſten zu thun pflegen, ſich um nichts als
um ſein Jus jemals bekuͤmmert, bekam einen Schwaben das erſtemal zu ſehen,
wan-
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