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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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und sagen: Ey pfuy! das sind lauter häß-
liche Schand- und Schimpf-Worte, die
man niemals einem Menschen, geschwei-
ge einem Gelehrten, auf den Buckel
werffen muß.

O sehr wohl geurtheilet! und ich bin voll-
kommen Ihrer Meynung. Nichts destoweni-
ger würde ich mich solcher Worte bedienen, und
mir nicht das geringste Bedencken dabey machen,
wann ich mir ein gelehrtes Monstrum ausgese-
hen, und beschlossen hätte, demselben dieses Buch,
welches der Gelehrte Narr betitelt ist, zu dedici-
ren. Denn gelehrte Monstra nenne ich solche
Leute, die alle Classen auf Schulen und Universi-
täten durchgegangen, auch daher praetendiren,
alles zu wissen, alles einzusehen, alles zu begreiffen,
und über alles ein excellentes Urtheil, das die
Quintessence des Verstandes in sich führe, zu
fällen, wobey sie alle andere Menschen verachten,

auch

und bin verſichert, Sie werden mir antworten
und ſagen: Ey pfuy! das ſind lauter haͤß-
liche Schand- und Schimpf-Worte, die
man niemals einem Menſchen, geſchwei-
ge einem Gelehrten, auf den Buckel
werffen muß.

O ſehr wohl geurtheilet! und ich bin voll-
kommen Ihrer Meynung. Nichts deſtoweni-
ger wuͤrde ich mich ſolcher Worte bedienen, und
mir nicht das geringſte Bedencken dabey machen,
wann ich mir ein gelehrtes Monſtrum ausgeſe-
hen, und beſchloſſen haͤtte, demſelben dieſes Buch,
welches der Gelehrte Narr betitelt iſt, zu dedici-
ren. Denn gelehrte Monſtra nenne ich ſolche
Leute, die alle Claſſen auf Schulen und Univerſi-
taͤten durchgegangen, auch daher prætendiren,
alles zu wiſſen, alles einzuſehen, alles zu begreiffen,
und uͤber alles ein excellentes Urtheil, das die
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[0012] und bin verſichert, Sie werden mir antworten und ſagen: Ey pfuy! das ſind lauter haͤß- liche Schand- und Schimpf-Worte, die man niemals einem Menſchen, geſchwei- ge einem Gelehrten, auf den Buckel werffen muß. O ſehr wohl geurtheilet! und ich bin voll- kommen Ihrer Meynung. Nichts deſtoweni- ger wuͤrde ich mich ſolcher Worte bedienen, und mir nicht das geringſte Bedencken dabey machen, wann ich mir ein gelehrtes Monſtrum ausgeſe- hen, und beſchloſſen haͤtte, demſelben dieſes Buch, welches der Gelehrte Narr betitelt iſt, zu dedici- ren. Denn gelehrte Monſtra nenne ich ſolche Leute, die alle Claſſen auf Schulen und Univerſi- taͤten durchgegangen, auch daher prætendiren, alles zu wiſſen, alles einzuſehen, alles zu begreiffen, und uͤber alles ein excellentes Urtheil, das die Quinteſſence des Verſtandes in ſich fuͤhre, zu faͤllen, wobey ſie alle andere Menſchen verachten, auch

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/12>, abgerufen am 23.04.2024.