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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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III. Die Neuzeit.
Es geht das aus einer Erzählung vom Könige Heinrich III. von
Frankreich hervor. Als derselbe auf seiner Reise von Polen nach
Frankreich durch Wien kam, erregte er große Aufmerksamkeit bei
den Damen, weil er beim Essen wie beim Tanze die Handschuhe
anbehielt. Die Damen fragten, ob es eine französische oder pol-
nische Höflichkeit sei, die Ursache lag aber darin, daß er "aus-
brochene Hände" hatte. Vom Stutzer wird ausdrücklich gesagt,
er erscheine mit "den profumirten Handschuhlein in der Hand,
oder den einen halb an die Hand gezogen, und den andern um
die Finger gewickelt." Im Gebrauch der Handschuhe machten
Vornehmheit und Alter wenig Unterschied; die Frauen trugen
sie bis zur Bürgerin herab, und der ergraute Rathsherr nicht
weniger wie der stutzerische Junker. Den Rang des heutigen
Pariser Fabrikats nahm damals das spanische ein; es war das
beliebteste in der vornehmen Welt. Ihm zunächst kamen die
Handschuhe von feinem, weichem semischen Leder. Gelb war die
gewöhnlichste Farbe namentlich Blaßgelb oder Strohgelb, ob-
wohl die weißen noch für feiner galten; daneben finden sich in
häufigem Gebrauch die dunkelbraunen, wie es scheint von der
Naturfarbe des Leders, die wir mit den dänischen von Randers
vergleichen können. Auch die Form ist im Allgemeinen ganz die
heutige, nur ging in der ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhun-
derts die Schlitzung auch auf die Handschuhe über, und demge-
mäß findet sich diese Zierde mitten auf der flachen Hand wie an
den einzelnen Gliedern der Finger, namentlich auch über den
Ringen, die damals in ziemlich colossaler Form getragen wurden.
Sonst wurden die Handschuhe noch mit reichem Schmuck und
mit goldenen Knöpfchen versehen. Die Damen bestickten sie mit
Seide, Silber und Gold und schenkten sie als liebe Gaben an
verwandte und befreundete Herren; auch fürstliche Damen thaten
das. Die Königin Margaretha von Navarra, Heinrichs IV. erste
Gemahlin, trug auf Bällen Handschuhe, die mit Diamanten be-
setzt waren. Besonders liebte man, die Handschuhe zu parfümi-
ren oder mit wohlriechender Salbe einzureiben. Die "bisamir-
ten", (sweet-washed, wie man in England sagte,) "die mit

III. Die Neuzeit.
Es geht das aus einer Erzählung vom Könige Heinrich III. von
Frankreich hervor. Als derſelbe auf ſeiner Reiſe von Polen nach
Frankreich durch Wien kam, erregte er große Aufmerkſamkeit bei
den Damen, weil er beim Eſſen wie beim Tanze die Handſchuhe
anbehielt. Die Damen fragten, ob es eine franzöſiſche oder pol-
niſche Höflichkeit ſei, die Urſache lag aber darin, daß er „aus-
brochene Hände“ hatte. Vom Stutzer wird ausdrücklich geſagt,
er erſcheine mit „den profumirten Handſchuhlein in der Hand,
oder den einen halb an die Hand gezogen, und den andern um
die Finger gewickelt.“ Im Gebrauch der Handſchuhe machten
Vornehmheit und Alter wenig Unterſchied; die Frauen trugen
ſie bis zur Bürgerin herab, und der ergraute Rathsherr nicht
weniger wie der ſtutzeriſche Junker. Den Rang des heutigen
Pariſer Fabrikats nahm damals das ſpaniſche ein; es war das
beliebteſte in der vornehmen Welt. Ihm zunächſt kamen die
Handſchuhe von feinem, weichem ſemiſchen Leder. Gelb war die
gewöhnlichſte Farbe namentlich Blaßgelb oder Strohgelb, ob-
wohl die weißen noch für feiner galten; daneben finden ſich in
häufigem Gebrauch die dunkelbraunen, wie es ſcheint von der
Naturfarbe des Leders, die wir mit den däniſchen von Randers
vergleichen können. Auch die Form iſt im Allgemeinen ganz die
heutige, nur ging in der erſten Hälfte des ſechszehnten Jahrhun-
derts die Schlitzung auch auf die Handſchuhe über, und demge-
mäß findet ſich dieſe Zierde mitten auf der flachen Hand wie an
den einzelnen Gliedern der Finger, namentlich auch über den
Ringen, die damals in ziemlich coloſſaler Form getragen wurden.
Sonſt wurden die Handſchuhe noch mit reichem Schmuck und
mit goldenen Knöpfchen verſehen. Die Damen beſtickten ſie mit
Seide, Silber und Gold und ſchenkten ſie als liebe Gaben an
verwandte und befreundete Herren; auch fürſtliche Damen thaten
das. Die Königin Margaretha von Navarra, Heinrichs IV. erſte
Gemahlin, trug auf Bällen Handſchuhe, die mit Diamanten be-
ſetzt waren. Beſonders liebte man, die Handſchuhe zu parfümi-
ren oder mit wohlriechender Salbe einzureiben. Die „biſamir-
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[138/0150] III. Die Neuzeit. Es geht das aus einer Erzählung vom Könige Heinrich III. von Frankreich hervor. Als derſelbe auf ſeiner Reiſe von Polen nach Frankreich durch Wien kam, erregte er große Aufmerkſamkeit bei den Damen, weil er beim Eſſen wie beim Tanze die Handſchuhe anbehielt. Die Damen fragten, ob es eine franzöſiſche oder pol- niſche Höflichkeit ſei, die Urſache lag aber darin, daß er „aus- brochene Hände“ hatte. Vom Stutzer wird ausdrücklich geſagt, er erſcheine mit „den profumirten Handſchuhlein in der Hand, oder den einen halb an die Hand gezogen, und den andern um die Finger gewickelt.“ Im Gebrauch der Handſchuhe machten Vornehmheit und Alter wenig Unterſchied; die Frauen trugen ſie bis zur Bürgerin herab, und der ergraute Rathsherr nicht weniger wie der ſtutzeriſche Junker. Den Rang des heutigen Pariſer Fabrikats nahm damals das ſpaniſche ein; es war das beliebteſte in der vornehmen Welt. Ihm zunächſt kamen die Handſchuhe von feinem, weichem ſemiſchen Leder. Gelb war die gewöhnlichſte Farbe namentlich Blaßgelb oder Strohgelb, ob- wohl die weißen noch für feiner galten; daneben finden ſich in häufigem Gebrauch die dunkelbraunen, wie es ſcheint von der Naturfarbe des Leders, die wir mit den däniſchen von Randers vergleichen können. Auch die Form iſt im Allgemeinen ganz die heutige, nur ging in der erſten Hälfte des ſechszehnten Jahrhun- derts die Schlitzung auch auf die Handſchuhe über, und demge- mäß findet ſich dieſe Zierde mitten auf der flachen Hand wie an den einzelnen Gliedern der Finger, namentlich auch über den Ringen, die damals in ziemlich coloſſaler Form getragen wurden. Sonſt wurden die Handſchuhe noch mit reichem Schmuck und mit goldenen Knöpfchen verſehen. Die Damen beſtickten ſie mit Seide, Silber und Gold und ſchenkten ſie als liebe Gaben an verwandte und befreundete Herren; auch fürſtliche Damen thaten das. Die Königin Margaretha von Navarra, Heinrichs IV. erſte Gemahlin, trug auf Bällen Handſchuhe, die mit Diamanten be- ſetzt waren. Beſonders liebte man, die Handſchuhe zu parfümi- ren oder mit wohlriechender Salbe einzureiben. Die „biſamir- ten“, (sweet-washed, wie man in England ſagte,) „die mit

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/150>, abgerufen am 23.11.2024.