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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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III. Die Neuzeit.
sondern hätten schier alle Jahr oder Monat was Neues ...
Darum hätte er ihm ein Stück Gewand unter den Arm gegeben,
damit er möchte zum Schneider gehen und es machen lassen, wie
er wollte, und das ist doch ja die Wahrheit, ob's schon weder
gut noch löblich ist. Denn wer wollte oder könnte wohl erzählen
die mancherlei wunderlichen und seltsamen Muster und Art der
Kleidung, die bei Mann und Weibspersonen oder Volk in dreißig
Jahren her, auf und wieder abkommen ist, von Ketten, Schau-
ben, Mentlen, Pelzen, Körsen, Röcken, Kappen, Kollern, Hüten,
Stiefeln, Jacken, Schörtzen, Wammesen, Hartzkappen, Hemden,
Kragen, Brustlatzen, Hosen, Schuhen, Pantoffeln, Büchsen,
Schwertern, Dolchen, Taschen, Pulverflaschen, Beuteln, Gür-
teln, Kränzen, Borten, Schleiern und was des Dings mehr ist.
Da hat's müssen sein polisch, bald böhemisch, ungarisch, türkisch,
französisch, welsch, englisch oder teuflisch, nürnbergisch, braun-
schweigisch, fränkisch oder sächsisch, kurz, lang, eng, weit, schlecht,
gefalten, auf ein und zwei recht, verbrennet, verkördert, ver-
wülstet, verbörtelt, mit Frenzlin, mit Zotten, mit Knotten, ganz,
zerschnitten, gefüttert, ungefüttert, unterzogen, gefüllet, mit
Ermeln, ohne Ermel, gezupft, geschoben, unternähet, gefrenset,
mit Tallaren, ohne Tallaren, mit verlornen Ermeln, mit Narren-
käpplin, bunt, krauß, spitz, stumpf, mit Tradeln, Zotten, und
auch ohn denselben, da hats ledern, filtzin, tüchin, leinen, Vor-
statt, Kartek, Sammt, Carmesin, Zeudel, Dart, Narren hin,
Macheyer, Parchent, Schetter, Pomasin, Scharlach, Lündisch,
Schifftuch, Sammt, Mechlisch, Gisner, Finsterwalder etc. des
Dings ohn Maßen und Ziel, das wahrlich für das Warme noch
Kalte dienet. Jetzt hat man den Schweizerschnitt, bald den
Kreuzschnitt, den Pfauenschwanz in die Hosen geschnitten, und
eine solche schändliche, gräuliche und abscheuliche Tracht daraus
worden, daß ein fromm Herz dafür erschrickt und seinen großen
Unwillen daran siehet. Denn kein Dieb am Galgen so häßlich
hin und wieder bommlet, zerludert und zerlumpet ist, als die
jetzigen Hosen der Eisenfresser und Machthansen, pfui der
Schande!"

III. Die Neuzeit.
ſondern hätten ſchier alle Jahr oder Monat was Neues …
Darum hätte er ihm ein Stück Gewand unter den Arm gegeben,
damit er möchte zum Schneider gehen und es machen laſſen, wie
er wollte, und das iſt doch ja die Wahrheit, ob’s ſchon weder
gut noch löblich iſt. Denn wer wollte oder könnte wohl erzählen
die mancherlei wunderlichen und ſeltſamen Muſter und Art der
Kleidung, die bei Mann und Weibsperſonen oder Volk in dreißig
Jahren her, auf und wieder abkommen iſt, von Ketten, Schau-
ben, Mentlen, Pelzen, Körſen, Röcken, Kappen, Kollern, Hüten,
Stiefeln, Jacken, Schörtzen, Wammeſen, Hartzkappen, Hemden,
Kragen, Bruſtlatzen, Hoſen, Schuhen, Pantoffeln, Büchſen,
Schwertern, Dolchen, Taſchen, Pulverflaſchen, Beuteln, Gür-
teln, Kränzen, Borten, Schleiern und was des Dings mehr iſt.
Da hat’s müſſen ſein poliſch, bald böhemiſch, ungariſch, türkiſch,
franzöſiſch, welſch, engliſch oder teufliſch, nürnbergiſch, braun-
ſchweigiſch, fränkiſch oder ſächſiſch, kurz, lang, eng, weit, ſchlecht,
gefalten, auf ein und zwei recht, verbrennet, verkördert, ver-
wülſtet, verbörtelt, mit Frenzlin, mit Zotten, mit Knotten, ganz,
zerſchnitten, gefüttert, ungefüttert, unterzogen, gefüllet, mit
Ermeln, ohne Ermel, gezupft, geſchoben, unternähet, gefrenſet,
mit Tallaren, ohne Tallaren, mit verlornen Ermeln, mit Narren-
käpplin, bunt, krauß, ſpitz, ſtumpf, mit Tradeln, Zotten, und
auch ohn denſelben, da hats ledern, filtzin, tüchin, leinen, Vor-
ſtatt, Kartek, Sammt, Carmeſin, Zeudel, Dart, Narren hin,
Macheyer, Parchent, Schetter, Pomaſin, Scharlach, Lündiſch,
Schifftuch, Sammt, Mechliſch, Gisner, Finſterwalder ꝛc. des
Dings ohn Maßen und Ziel, das wahrlich für das Warme noch
Kalte dienet. Jetzt hat man den Schweizerſchnitt, bald den
Kreuzſchnitt, den Pfauenſchwanz in die Hoſen geſchnitten, und
eine ſolche ſchändliche, gräuliche und abſcheuliche Tracht daraus
worden, daß ein fromm Herz dafür erſchrickt und ſeinen großen
Unwillen daran ſiehet. Denn kein Dieb am Galgen ſo häßlich
hin und wieder bommlet, zerludert und zerlumpet iſt, als die
jetzigen Hoſen der Eiſenfreſſer und Machthanſen, pfui der
Schande!“

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[116/0128] III. Die Neuzeit. ſondern hätten ſchier alle Jahr oder Monat was Neues … Darum hätte er ihm ein Stück Gewand unter den Arm gegeben, damit er möchte zum Schneider gehen und es machen laſſen, wie er wollte, und das iſt doch ja die Wahrheit, ob’s ſchon weder gut noch löblich iſt. Denn wer wollte oder könnte wohl erzählen die mancherlei wunderlichen und ſeltſamen Muſter und Art der Kleidung, die bei Mann und Weibsperſonen oder Volk in dreißig Jahren her, auf und wieder abkommen iſt, von Ketten, Schau- ben, Mentlen, Pelzen, Körſen, Röcken, Kappen, Kollern, Hüten, Stiefeln, Jacken, Schörtzen, Wammeſen, Hartzkappen, Hemden, Kragen, Bruſtlatzen, Hoſen, Schuhen, Pantoffeln, Büchſen, Schwertern, Dolchen, Taſchen, Pulverflaſchen, Beuteln, Gür- teln, Kränzen, Borten, Schleiern und was des Dings mehr iſt. Da hat’s müſſen ſein poliſch, bald böhemiſch, ungariſch, türkiſch, franzöſiſch, welſch, engliſch oder teufliſch, nürnbergiſch, braun- ſchweigiſch, fränkiſch oder ſächſiſch, kurz, lang, eng, weit, ſchlecht, gefalten, auf ein und zwei recht, verbrennet, verkördert, ver- wülſtet, verbörtelt, mit Frenzlin, mit Zotten, mit Knotten, ganz, zerſchnitten, gefüttert, ungefüttert, unterzogen, gefüllet, mit Ermeln, ohne Ermel, gezupft, geſchoben, unternähet, gefrenſet, mit Tallaren, ohne Tallaren, mit verlornen Ermeln, mit Narren- käpplin, bunt, krauß, ſpitz, ſtumpf, mit Tradeln, Zotten, und auch ohn denſelben, da hats ledern, filtzin, tüchin, leinen, Vor- ſtatt, Kartek, Sammt, Carmeſin, Zeudel, Dart, Narren hin, Macheyer, Parchent, Schetter, Pomaſin, Scharlach, Lündiſch, Schifftuch, Sammt, Mechliſch, Gisner, Finſterwalder ꝛc. des Dings ohn Maßen und Ziel, das wahrlich für das Warme noch Kalte dienet. Jetzt hat man den Schweizerſchnitt, bald den Kreuzſchnitt, den Pfauenſchwanz in die Hoſen geſchnitten, und eine ſolche ſchändliche, gräuliche und abſcheuliche Tracht daraus worden, daß ein fromm Herz dafür erſchrickt und ſeinen großen Unwillen daran ſiehet. Denn kein Dieb am Galgen ſo häßlich hin und wieder bommlet, zerludert und zerlumpet iſt, als die jetzigen Hoſen der Eiſenfreſſer und Machthanſen, pfui der Schande!“

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/128>, abgerufen am 22.11.2024.