Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.1. Entwicklung einer originalen mittelalterlichen Tracht. man der kostbaren gewirkten Stoffe noch mehr entbehren mußte.Helmold, der Slavengeschichtschreiber, klagt sehr über solche, nach seiner Meinung so eitle Thorheit. "Ueberfluß haben die Preußen an Fellen, die bei uns nicht vorkommen, und deren Duft unsrer Welt das todtbringende Gift der Hoffahrt eingeflößt hat. Jene freilich achten dieses nicht höher denn Mist, und damit, glaube ich, ist zugleich auch über uns, die wir nach einem Marderfelle wie nach der höchsten Glückseligkeit jagen, das Urtheil gesprochen. Darum bieten sie für linnene Gewänder, die wir Faldonen nen- nen, die so kostbaren Marderfelle aus." -- Das edle Rauchwerk war im Mittelalter durchaus Vorrecht des ritterlichen Standes, an welchem auch die höhere Geistlichkeit Theil nahm. Bürgern und Bauern war es gradezu verboten, und es konnte ihnen nur durch ein besonderes Privilegium gestattet werden. Ein solches ertheilte Kaiser Heinrich V. im Jahr 1111 den Rathsherren von Bremen, nach einer Urkunde, deren Aechtheit freilich bezweifelt wird. Die Verkehrsstraßen, auf denen es aus Rußland, Polen, Preußen und Ungarn herbeigeführt wurde, waren theils zu Lande und zu Wasser nach den nördlichen Hansestädten, theils die Do- nau herauf nach Regensburg, dem Hauptstapelplatz des südlichen Pelzhandels. Von diesen Städten aus ging es westwärts und südlich nach Spanien und Italien, wo aber nur die feinsten und kostbarsten Arten getragen wurden. Zu diesen gehörten Hermelin und Zobel, auch Marder und schwarzer Fuchs, denen sich wohl noch Fischotter, Biber und Zieselmäuse in geringerem Werthe anschlossen. Dann folgten die Eichhörnchen, der gewöhnliche Fuchs, die Katze, der Luchs, Dachs, Wolf, Bär und der See- hund. Die Bearbeitung und Anwendung des Rauchwerks war eine 1. Entwicklung einer originalen mittelalterlichen Tracht. man der koſtbaren gewirkten Stoffe noch mehr entbehren mußte.Helmold, der Slavengeſchichtſchreiber, klagt ſehr über ſolche, nach ſeiner Meinung ſo eitle Thorheit. „Ueberfluß haben die Preußen an Fellen, die bei uns nicht vorkommen, und deren Duft unſrer Welt das todtbringende Gift der Hoffahrt eingeflößt hat. Jene freilich achten dieſes nicht höher denn Miſt, und damit, glaube ich, iſt zugleich auch über uns, die wir nach einem Marderfelle wie nach der höchſten Glückſeligkeit jagen, das Urtheil geſprochen. Darum bieten ſie für linnene Gewänder, die wir Faldonen nen- nen, die ſo koſtbaren Marderfelle aus.“ — Das edle Rauchwerk war im Mittelalter durchaus Vorrecht des ritterlichen Standes, an welchem auch die höhere Geiſtlichkeit Theil nahm. Bürgern und Bauern war es gradezu verboten, und es konnte ihnen nur durch ein beſonderes Privilegium geſtattet werden. Ein ſolches ertheilte Kaiſer Heinrich V. im Jahr 1111 den Rathsherren von Bremen, nach einer Urkunde, deren Aechtheit freilich bezweifelt wird. Die Verkehrsſtraßen, auf denen es aus Rußland, Polen, Preußen und Ungarn herbeigeführt wurde, waren theils zu Lande und zu Waſſer nach den nördlichen Hanſeſtädten, theils die Do- nau herauf nach Regensburg, dem Hauptſtapelplatz des ſüdlichen Pelzhandels. Von dieſen Städten aus ging es weſtwärts und ſüdlich nach Spanien und Italien, wo aber nur die feinſten und koſtbarſten Arten getragen wurden. Zu dieſen gehörten Hermelin und Zobel, auch Marder und ſchwarzer Fuchs, denen ſich wohl noch Fiſchotter, Biber und Zieſelmäuſe in geringerem Werthe anſchloſſen. Dann folgten die Eichhörnchen, der gewöhnliche Fuchs, die Katze, der Luchs, Dachs, Wolf, Bär und der See- hund. Die Bearbeitung und Anwendung des Rauchwerks war eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0183" n="165"/><fw place="top" type="header">1. 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1. Entwicklung einer originalen mittelalterlichen Tracht.
man der koſtbaren gewirkten Stoffe noch mehr entbehren mußte.
Helmold, der Slavengeſchichtſchreiber, klagt ſehr über ſolche, nach
ſeiner Meinung ſo eitle Thorheit. „Ueberfluß haben die Preußen
an Fellen, die bei uns nicht vorkommen, und deren Duft unſrer
Welt das todtbringende Gift der Hoffahrt eingeflößt hat. Jene
freilich achten dieſes nicht höher denn Miſt, und damit, glaube
ich, iſt zugleich auch über uns, die wir nach einem Marderfelle
wie nach der höchſten Glückſeligkeit jagen, das Urtheil geſprochen.
Darum bieten ſie für linnene Gewänder, die wir Faldonen nen-
nen, die ſo koſtbaren Marderfelle aus.“ — Das edle Rauchwerk
war im Mittelalter durchaus Vorrecht des ritterlichen Standes,
an welchem auch die höhere Geiſtlichkeit Theil nahm. Bürgern
und Bauern war es gradezu verboten, und es konnte ihnen nur
durch ein beſonderes Privilegium geſtattet werden. Ein ſolches
ertheilte Kaiſer Heinrich V. im Jahr 1111 den Rathsherren von
Bremen, nach einer Urkunde, deren Aechtheit freilich bezweifelt
wird. Die Verkehrsſtraßen, auf denen es aus Rußland, Polen,
Preußen und Ungarn herbeigeführt wurde, waren theils zu Lande
und zu Waſſer nach den nördlichen Hanſeſtädten, theils die Do-
nau herauf nach Regensburg, dem Hauptſtapelplatz des ſüdlichen
Pelzhandels. Von dieſen Städten aus ging es weſtwärts und
ſüdlich nach Spanien und Italien, wo aber nur die feinſten und
koſtbarſten Arten getragen wurden. Zu dieſen gehörten Hermelin
und Zobel, auch Marder und ſchwarzer Fuchs, denen ſich wohl
noch Fiſchotter, Biber und Zieſelmäuſe in geringerem Werthe
anſchloſſen. Dann folgten die Eichhörnchen, der gewöhnliche
Fuchs, die Katze, der Luchs, Dachs, Wolf, Bär und der See-
hund.
Die Bearbeitung und Anwendung des Rauchwerks war eine
doppelte, indem man entweder nur Pelz von derſelben Art nahm
oder Felle verſchiedener Thiere und von verſchiedener Farbe mit
einander verband. Mit Rückſicht darauf unterſchied man zwiſchen
Schönwerk, Buntwerk, Grauwerk und Buntgrau.
Zu Schönwerk wurden die koſtbarſten Felle benutzt, doch ſank
ſpäter ſeine Bedeutung, und es wurde von Hermelin und Veh
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