Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.von der disposition überhaupt. b) Z. e. I. Dispositio einer trauungs-rede per thesin & hypothesin. Thes. Es ist nichts weniger als weißheit und lie- be zu zwingen, ja man hat noch nie erfah- ren, daß gezwungene liebe und wahr- heit möglich sey: Simile: So wenig als sich die flamme und also das brennende feuer verschliessen läst, wenn es nicht verlöschen soll; so wenig läst auch die liebe der menschen, sich in gewiße gräntzen zwingen. L. C. Liebe und wahrheit sind die grösten vollkom- menheiten geistlicher natur. Medit. Sie sind wie die religion so aus liebe und wahrheit besteht, und also überredet, nie gezwungen werden kan. Connex. Die verbindung derer hertzen und des gan- tzen leibes, so wir die ehe nennen, ist eben des wegen unzwingbar, weil sie von einer überzen- gung des verstandes und aufrichtiger liebe des hertzens ihren ursprung und leben empfänget. Hypoth. s. Propos. Also wünschen wir ietzo öffent- lich 2. personen glück, die sich ihrer freyheit in erwehlung dieses standes bedienet. Aetiol. Jhr verstand überzeugt sie selbst, daß eine iede person unter ihnen, der liebe und hochach- tung würdig sey: Medit. Man sagt: so viel köpfe so viel sinne, aber weise personen haben nur einen kopf in ihrer erkäntnis: Sim. Die thorheit hat die menschen in denen mei- nungen geschieden, gleich wie sie die ungerech- tigkeit in krieg und streit gebracht hat, die weiß- heit vereiniget die menschen, wie die sonne allezeit vereiniget ist. Aetiol. Die eigne empfindung ihres gleichen, hat ihre hertzen zur liebe bewogen: So daß sie beyde einander geliebet, ehe wir auch gewust daß sie von
von der diſpoſition uͤberhaupt. b) Z. e. I. Diſpoſitio einer trauungs-rede per theſin & hypotheſin. Theſ. Es iſt nichts weniger als weißheit und lie- be zu zwingen, ja man hat noch nie erfah- ren, daß gezwungene liebe und wahr- heit moͤglich ſey: Simile: So wenig als ſich die flamme und alſo das brennende feuer verſchlieſſen laͤſt, wenn es nicht verloͤſchen ſoll; ſo wenig laͤſt auch die liebe der menſchen, ſich in gewiße graͤntzen zwingen. L. C. Liebe und wahrheit ſind die groͤſten vollkom- menheiten geiſtlicher natur. Medit. Sie ſind wie die religion ſo aus liebe und wahrheit beſteht, und alſo uͤberredet, nie gezwungen werden kan. Connex. Die verbindung derer hertzen und des gan- tzen leibes, ſo wir die ehe nennen, iſt eben des wegen unzwingbar, weil ſie von einer uͤberzen- gung des verſtandes und aufrichtiger liebe des hertzens ihren urſprung und leben empfaͤnget. Hypoth. ſ. Propoſ. Alſo wuͤnſchen wir ietzo oͤffent- lich 2. perſonen gluͤck, die ſich ihrer freyheit in erwehlung dieſes ſtandes bedienet. Aetiol. Jhr verſtand uͤberzeugt ſie ſelbſt, daß eine iede perſon unter ihnen, der liebe und hochach- tung wuͤrdig ſey: Medit. Man ſagt: ſo viel koͤpfe ſo viel ſinne, aber weiſe perſonen haben nur einen kopf in ihrer erkaͤntnis: Sim. Die thorheit hat die menſchen in denen mei- nungen geſchieden, gleich wie ſie die ungerech- tigkeit in krieg und ſtreit gebracht hat, die weiß- heit vereiniget die menſchen, wie die ſonne allezeit vereiniget iſt. Aetiol. Die eigne empfindung ihres gleichen, hat ihre hertzen zur liebe bewogen: So daß ſie beyde einander geliebet, ehe wir auch gewuſt daß ſie von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0408" n="390"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von der diſpoſition uͤberhaupt.</hi> </fw><lb/> <note xml:id="note-b-56" prev="#notefn-b-56" place="end" n="b)"> <p>Z. e. <hi rendition="#aq">I. Diſpoſitio</hi> einer trauungs-rede <hi rendition="#aq">per<lb/> theſin & hypotheſin.</hi></p><lb/> <list> <item> <hi rendition="#aq">Theſ.</hi> <hi rendition="#fr">Es iſt nichts weniger als weißheit und lie-<lb/> be zu zwingen, ja man hat noch nie erfah-<lb/> ren, daß gezwungene liebe und wahr-<lb/> heit moͤglich ſey:</hi><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">Simile:</hi> So wenig als ſich die flamme und alſo<lb/> das brennende feuer verſchlieſſen laͤſt, wenn es<lb/> nicht verloͤſchen ſoll; ſo wenig laͤſt auch die liebe<lb/> der menſchen, ſich in gewiße graͤntzen zwingen.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">L. C.</hi> Liebe und wahrheit ſind die groͤſten vollkom-<lb/> menheiten geiſtlicher natur.</item> </list> </item><lb/> <item><hi rendition="#aq">Medit.</hi> Sie ſind wie die religion ſo aus liebe<lb/> und wahrheit beſteht, und alſo uͤberredet,<lb/> nie gezwungen werden kan.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">Connex.</hi> Die verbindung derer hertzen und des gan-<lb/> tzen leibes, ſo wir die ehe nennen, iſt eben des<lb/> wegen unzwingbar, weil ſie von einer uͤberzen-<lb/> gung des verſtandes und aufrichtiger liebe des<lb/> hertzens ihren urſprung und leben empfaͤnget.<lb/><list><item><hi rendition="#aq">Hypoth. ſ. Propoſ.</hi><hi rendition="#fr">Alſo wuͤnſchen wir ietzo oͤffent-<lb/> lich 2. perſonen gluͤck, die ſich ihrer freyheit<lb/> in erwehlung dieſes ſtandes bedienet.</hi></item></list></item><lb/> <item><hi rendition="#aq">Aetiol.</hi> Jhr verſtand uͤberzeugt ſie ſelbſt, daß eine<lb/> iede perſon unter ihnen, der liebe und hochach-<lb/> tung wuͤrdig ſey:</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">Medit.</hi> Man ſagt: ſo viel koͤpfe ſo viel ſinne, aber<lb/> weiſe perſonen haben nur einen kopf in ihrer<lb/> erkaͤntnis:</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">Sim.</hi> Die thorheit hat die menſchen in denen mei-<lb/> nungen geſchieden, gleich wie ſie die ungerech-<lb/> tigkeit in krieg und ſtreit gebracht hat, die weiß-<lb/> heit vereiniget die menſchen, wie die ſonne<lb/> allezeit vereiniget iſt.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">Aetiol.</hi> Die eigne empfindung ihres gleichen, hat ihre<lb/> hertzen zur liebe bewogen: So daß ſie beyde<lb/> einander geliebet, ehe wir auch gewuſt daß ſie<lb/> <fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></item> </list> </note> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [390/0408]
von der diſpoſition uͤberhaupt.
b⁾ Z. e. I. Diſpoſitio einer trauungs-rede per
theſin & hypotheſin.
Theſ. Es iſt nichts weniger als weißheit und lie-
be zu zwingen, ja man hat noch nie erfah-
ren, daß gezwungene liebe und wahr-
heit moͤglich ſey:
Simile: So wenig als ſich die flamme und alſo
das brennende feuer verſchlieſſen laͤſt, wenn es
nicht verloͤſchen ſoll; ſo wenig laͤſt auch die liebe
der menſchen, ſich in gewiße graͤntzen zwingen.
L. C. Liebe und wahrheit ſind die groͤſten vollkom-
menheiten geiſtlicher natur.
Medit. Sie ſind wie die religion ſo aus liebe
und wahrheit beſteht, und alſo uͤberredet,
nie gezwungen werden kan.
Connex. Die verbindung derer hertzen und des gan-
tzen leibes, ſo wir die ehe nennen, iſt eben des
wegen unzwingbar, weil ſie von einer uͤberzen-
gung des verſtandes und aufrichtiger liebe des
hertzens ihren urſprung und leben empfaͤnget.
Hypoth. ſ. Propoſ. Alſo wuͤnſchen wir ietzo oͤffent-
lich 2. perſonen gluͤck, die ſich ihrer freyheit
in erwehlung dieſes ſtandes bedienet.
Aetiol. Jhr verſtand uͤberzeugt ſie ſelbſt, daß eine
iede perſon unter ihnen, der liebe und hochach-
tung wuͤrdig ſey:
Medit. Man ſagt: ſo viel koͤpfe ſo viel ſinne, aber
weiſe perſonen haben nur einen kopf in ihrer
erkaͤntnis:
Sim. Die thorheit hat die menſchen in denen mei-
nungen geſchieden, gleich wie ſie die ungerech-
tigkeit in krieg und ſtreit gebracht hat, die weiß-
heit vereiniget die menſchen, wie die ſonne
allezeit vereiniget iſt.
Aetiol. Die eigne empfindung ihres gleichen, hat ihre
hertzen zur liebe bewogen: So daß ſie beyde
einander geliebet, ehe wir auch gewuſt daß ſie
von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/408 |
Zitationshilfe: | Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/408>, abgerufen am 28.07.2024. |