Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.von denen unterschiedenen arten versencken könte. Wie gerne würde das voneinem mordgierigen Herode erlösete Judaea unter 1000 erley freudens bezeugungen seines todes und ungeheuren thaten vergessen haben, wenn nicht das zu einem blut-urtheil gemachte testament ihnen auferleget, sein vermaledey- tes andencken unter lauter fluch und rache auf die nachwelt beyzubehalten. Denn auch die nahmen solcher unbemenschten menschen ver- dienen nicht aufgezeichnet zu werden, als zu dem ende, daß man bey nennung derselben aus- speyen, und die menschliche natur bey erzeh- lung ihrer schandthaten für solche ungeheuer zu erschüttern ursach habe. Die tugend hin- gegen, ob sie schon mit keinen göttlichen eigen- schafften pranget, und ihre besitzer neben sich der sterblichkeit entreissen noch verewigen kan, so schencket sie ihnen doch die hertzen so vieler 1000 nachkommen, welche aus danckbarkeit selbige zu behältnissen ihres glorwürdigsten gedächtnisses machen. Augustum setzet man an den ort, welcher nur von göttern durtfe be- rühret werden. Germanici todt verursachet ein solches ungewitter der traurigkeit in den gemüthern seiner verehrer, welches endlich ge- heiligte tempel und altare einreisset, ihm selber aber ein unsterbliches andencken seiner ta- pferkeit daraus aufrichtet. Alles wodurch Agricola die liebe und verwunderung aller an sich gezogen, sagt Tacitus, ist in dem anden- cken der menschen, wie in ertz und marmel ge- graben,
von denen unterſchiedenen arten verſencken koͤnte. Wie gerne wuͤrde das voneinem mordgierigen Herode erloͤſete Judaea unter 1000 erley freudens bezeugungen ſeines todes und ungeheuren thaten vergeſſen haben, wenn nicht das zu einem blut-urtheil gemachte teſtament ihnen auferleget, ſein vermaledey- tes andencken unter lauter fluch und rache auf die nachwelt beyzubehalten. Denn auch die nahmen ſolcher unbemenſchten menſchen ver- dienen nicht aufgezeichnet zu werden, als zu dem ende, daß man bey nennung derſelben aus- ſpeyen, und die menſchliche natur bey erzeh- lung ihrer ſchandthaten fuͤr ſolche ungeheuer zu erſchuͤttern urſach habe. Die tugend hin- gegen, ob ſie ſchon mit keinen goͤttlichen eigen- ſchafften pranget, und ihre beſitzer neben ſich der ſterblichkeit entreiſſen noch verewigen kan, ſo ſchencket ſie ihnen doch die hertzen ſo vieler 1000 nachkommen, welche aus danckbarkeit ſelbige zu behaͤltniſſen ihres glorwuͤrdigſten gedaͤchtniſſes machen. Auguſtum ſetzet man an den ort, welcher nur von goͤttern durtfe be- ruͤhret werden. Germanici todt verurſachet ein ſolches ungewitter der traurigkeit in den gemuͤthern ſeiner verehrer, welches endlich ge- heiligte tempel und altare einreiſſet, ihm ſelber aber ein unſterbliches andencken ſeiner ta- pferkeit daraus aufrichtet. Alles wodurch Agricola die liebe und verwunderung aller an ſich gezogen, ſagt Tacitus, iſt in dem anden- cken der menſchen, wie in ertz und marmel ge- graben,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0300" n="282"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von denen unterſchiedenen arten</hi></fw><lb/> verſencken koͤnte. Wie gerne wuͤrde das von<lb/> einem mordgierigen <hi rendition="#fr">Herode erloͤſete Judaea</hi><lb/> unter 1000 erley freudens bezeugungen ſeines<lb/> todes und ungeheuren thaten vergeſſen haben,<lb/> wenn nicht das zu einem blut-urtheil gemachte<lb/> teſtament ihnen auferleget, ſein vermaledey-<lb/> tes andencken unter lauter fluch und rache auf<lb/> die nachwelt beyzubehalten. Denn auch die<lb/> nahmen ſolcher unbemenſchten menſchen ver-<lb/> dienen nicht aufgezeichnet zu werden, als zu<lb/> dem ende, daß man bey nennung derſelben aus-<lb/> ſpeyen, und die menſchliche natur bey erzeh-<lb/> lung ihrer ſchandthaten fuͤr ſolche ungeheuer<lb/> zu erſchuͤttern urſach habe. Die tugend hin-<lb/> gegen, ob ſie ſchon mit keinen goͤttlichen eigen-<lb/> ſchafften pranget, und ihre beſitzer neben ſich<lb/> der ſterblichkeit entreiſſen noch verewigen kan,<lb/> ſo ſchencket ſie ihnen doch die hertzen ſo vieler<lb/> 1000 nachkommen, welche aus danckbarkeit<lb/> ſelbige zu behaͤltniſſen ihres glorwuͤrdigſten<lb/> gedaͤchtniſſes machen. Auguſtum ſetzet man<lb/> an den ort, welcher nur von goͤttern durtfe be-<lb/> ruͤhret werden. <hi rendition="#fr">Germanici</hi> todt verurſachet<lb/> ein ſolches ungewitter der traurigkeit in den<lb/> gemuͤthern ſeiner verehrer, welches endlich ge-<lb/> heiligte tempel und altare einreiſſet, ihm ſelber<lb/> aber ein unſterbliches andencken ſeiner ta-<lb/> pferkeit daraus aufrichtet. Alles wodurch<lb/> Agricola die liebe und verwunderung aller an<lb/> ſich gezogen, ſagt <hi rendition="#fr">Tacitus,</hi> iſt in dem anden-<lb/> cken der menſchen, wie in ertz und marmel ge-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">graben,</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0300]
von denen unterſchiedenen arten
verſencken koͤnte. Wie gerne wuͤrde das von
einem mordgierigen Herode erloͤſete Judaea
unter 1000 erley freudens bezeugungen ſeines
todes und ungeheuren thaten vergeſſen haben,
wenn nicht das zu einem blut-urtheil gemachte
teſtament ihnen auferleget, ſein vermaledey-
tes andencken unter lauter fluch und rache auf
die nachwelt beyzubehalten. Denn auch die
nahmen ſolcher unbemenſchten menſchen ver-
dienen nicht aufgezeichnet zu werden, als zu
dem ende, daß man bey nennung derſelben aus-
ſpeyen, und die menſchliche natur bey erzeh-
lung ihrer ſchandthaten fuͤr ſolche ungeheuer
zu erſchuͤttern urſach habe. Die tugend hin-
gegen, ob ſie ſchon mit keinen goͤttlichen eigen-
ſchafften pranget, und ihre beſitzer neben ſich
der ſterblichkeit entreiſſen noch verewigen kan,
ſo ſchencket ſie ihnen doch die hertzen ſo vieler
1000 nachkommen, welche aus danckbarkeit
ſelbige zu behaͤltniſſen ihres glorwuͤrdigſten
gedaͤchtniſſes machen. Auguſtum ſetzet man
an den ort, welcher nur von goͤttern durtfe be-
ruͤhret werden. Germanici todt verurſachet
ein ſolches ungewitter der traurigkeit in den
gemuͤthern ſeiner verehrer, welches endlich ge-
heiligte tempel und altare einreiſſet, ihm ſelber
aber ein unſterbliches andencken ſeiner ta-
pferkeit daraus aufrichtet. Alles wodurch
Agricola die liebe und verwunderung aller an
ſich gezogen, ſagt Tacitus, iſt in dem anden-
cken der menſchen, wie in ertz und marmel ge-
graben,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |