Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

von dem stilo
ausgesetzet, und daß lasterhafte gemüther den
spiegel, welchem sie ihre schandflecken gewiesen,
gemeiniglich zerbxechen. Verläumbdungen
haben nicht geringe macht, und ich werde
durch die unglücklichen begebenheiten, so dieses
laster anrichtet, leicht auf die gedancken ge-
bracht, daß kein ungeheuer und rasende teuf-
fels-brut, dem menschlichen geschlecht so nach-
theilig und schädlich sey, als eben verläumb-
dungen. Diese waren es auch, deren sich die
käyserin als werckzeuge ihrer rache bediente,
und sie durfte nur bey ihrem gemahl sich bekla-
gen der graf habe ihr unzucht angemuthet, so
waren alle gute eigenschaften desselben, in den
augen des durch die eyfersucht geblendeten und
aufgebrachten käysers, und alle dem käyserli-
chem scepter geleistete dienste, bemühungen, der
käyserin liebe zu erzwingen. Kurtz sein todt
war eine würckung der abgeschlagenen liebe,
und die käyserin sahe mit freuden seinen, der
unschuldigen seele beraubten, leib, unter den
händen des henckers. Allein, triumphire
nicht unkeusche mörderin. Tugend und unschuld
wird gar leicht unterdruckt, aber sie bleibt nicht
lange unterdruckt, oder findet wenigstens, mit-
leiden, freunde ia wohl gar scharffe rächer. Die
gemahlin des erwürgten grafens, wird durch
das um rache schreyende blut, ihres unschuldi-
gen ehe-herrns bewogen, mit einer damahls
üblichen feuer-probe, durch unverletzte berüh-

rung

von dem ſtilo
ausgeſetzet, und daß laſterhafte gemuͤther den
ſpiegel, welchem ſie ihre ſchandflecken gewieſen,
gemeiniglich zerbxechen. Verlaͤumbdungen
haben nicht geringe macht, und ich werde
durch die ungluͤcklichen begebenheiten, ſo dieſes
laſter anrichtet, leicht auf die gedancken ge-
bracht, daß kein ungeheuer und raſende teuf-
fels-brut, dem menſchlichen geſchlecht ſo nach-
theilig und ſchaͤdlich ſey, als eben verlaͤumb-
dungen. Dieſe waren es auch, deren ſich die
kaͤyſerin als werckzeuge ihrer rache bediente,
und ſie durfte nur bey ihrem gemahl ſich bekla-
gen der graf habe ihr unzucht angemuthet, ſo
waren alle gute eigenſchaften deſſelben, in den
augen des durch die eyferſucht geblendeten und
aufgebrachten kaͤyſers, und alle dem kaͤyſerli-
chem ſcepter geleiſtete dienſte, bemuͤhungen, der
kaͤyſerin liebe zu erzwingen. Kurtz ſein todt
war eine wuͤrckung der abgeſchlagenen liebe,
und die kaͤyſerin ſahe mit freuden ſeinen, der
unſchuldigen ſeele beraubten, leib, unter den
haͤnden des henckers. Allein, triumphire
nicht unkeuſche moͤrdeꝛin. Tugend und unſchuld
wird gar leicht unterdruckt, aber ſie bleibt nicht
lange unterdruckt, oder findet wenigſtens, mit-
leiden, freunde ia wohl gar ſcharffe raͤcher. Die
gemahlin des erwuͤrgten grafens, wird durch
das um rache ſchreyende blut, ihres unſchuldi-
gen ehe-herrns bewogen, mit einer damahls
uͤblichen feuer-probe, durch unverletzte beruͤh-

rung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0248" n="230"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von dem                                     &#x017F;tilo</hi></fw><lb/>
ausge&#x017F;etzet, und daß                             la&#x017F;terhafte gemu&#x0364;ther den<lb/>
&#x017F;piegel, welchem                             &#x017F;ie ihre &#x017F;chandflecken gewie&#x017F;en,<lb/>
gemeiniglich                             zerbxechen. Verla&#x0364;umbdungen<lb/>
haben nicht geringe macht, und                             ich werde<lb/>
durch die unglu&#x0364;cklichen begebenheiten, &#x017F;o                             die&#x017F;es<lb/>
la&#x017F;ter anrichtet, leicht auf die gedancken                             ge-<lb/>
bracht, daß kein ungeheuer und ra&#x017F;ende teuf-<lb/>
fels-brut, dem men&#x017F;chlichen ge&#x017F;chlecht &#x017F;o                             nach-<lb/>
theilig und &#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;ey, als eben                             verla&#x0364;umb-<lb/>
dungen. Die&#x017F;e waren es auch, deren                             &#x017F;ich die<lb/>
ka&#x0364;y&#x017F;erin als werckzeuge ihrer rache                             bediente,<lb/>
und &#x017F;ie durfte nur bey ihrem gemahl &#x017F;ich                             bekla-<lb/>
gen der graf habe ihr unzucht angemuthet, &#x017F;o<lb/>
waren alle gute eigen&#x017F;chaften de&#x017F;&#x017F;elben, in                             den<lb/>
augen des durch die eyfer&#x017F;ucht geblendeten und<lb/>
aufgebrachten ka&#x0364;y&#x017F;ers, und alle dem                             ka&#x0364;y&#x017F;erli-<lb/>
chem &#x017F;cepter gelei&#x017F;tete                             dien&#x017F;te, bemu&#x0364;hungen, der<lb/>
ka&#x0364;y&#x017F;erin                             liebe zu erzwingen. Kurtz &#x017F;ein todt<lb/>
war eine                             wu&#x0364;rckung der abge&#x017F;chlagenen liebe,<lb/>
und die                             ka&#x0364;y&#x017F;erin &#x017F;ahe mit freuden &#x017F;einen, der<lb/>
un&#x017F;chuldigen &#x017F;eele beraubten, leib, unter den<lb/>
ha&#x0364;nden des henckers. Allein, triumphire<lb/>
nicht                             unkeu&#x017F;che mo&#x0364;rde&#xA75B;in. Tugend und                             un&#x017F;chuld<lb/>
wird gar leicht unterdruckt, aber &#x017F;ie bleibt                             nicht<lb/>
lange unterdruckt, oder findet wenig&#x017F;tens, mit-<lb/>
leiden, freunde ia wohl gar &#x017F;charffe ra&#x0364;cher. Die<lb/>
gemahlin des erwu&#x0364;rgten grafens, wird durch<lb/>
das um rache                             &#x017F;chreyende blut, ihres un&#x017F;chuldi-<lb/>
gen ehe-herrns                             bewogen, mit einer damahls<lb/>
u&#x0364;blichen feuer-probe, durch                             unverletzte beru&#x0364;h-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rung</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0248] von dem ſtilo ausgeſetzet, und daß laſterhafte gemuͤther den ſpiegel, welchem ſie ihre ſchandflecken gewieſen, gemeiniglich zerbxechen. Verlaͤumbdungen haben nicht geringe macht, und ich werde durch die ungluͤcklichen begebenheiten, ſo dieſes laſter anrichtet, leicht auf die gedancken ge- bracht, daß kein ungeheuer und raſende teuf- fels-brut, dem menſchlichen geſchlecht ſo nach- theilig und ſchaͤdlich ſey, als eben verlaͤumb- dungen. Dieſe waren es auch, deren ſich die kaͤyſerin als werckzeuge ihrer rache bediente, und ſie durfte nur bey ihrem gemahl ſich bekla- gen der graf habe ihr unzucht angemuthet, ſo waren alle gute eigenſchaften deſſelben, in den augen des durch die eyferſucht geblendeten und aufgebrachten kaͤyſers, und alle dem kaͤyſerli- chem ſcepter geleiſtete dienſte, bemuͤhungen, der kaͤyſerin liebe zu erzwingen. Kurtz ſein todt war eine wuͤrckung der abgeſchlagenen liebe, und die kaͤyſerin ſahe mit freuden ſeinen, der unſchuldigen ſeele beraubten, leib, unter den haͤnden des henckers. Allein, triumphire nicht unkeuſche moͤrdeꝛin. Tugend und unſchuld wird gar leicht unterdruckt, aber ſie bleibt nicht lange unterdruckt, oder findet wenigſtens, mit- leiden, freunde ia wohl gar ſcharffe raͤcher. Die gemahlin des erwuͤrgten grafens, wird durch das um rache ſchreyende blut, ihres unſchuldi- gen ehe-herrns bewogen, mit einer damahls uͤblichen feuer-probe, durch unverletzte beruͤh- rung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/248
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/248>, abgerufen am 21.11.2024.