Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.und derselben erfindung. solche ebre für das behältniß einer so eng-brüstigen seele zu groß sey. Jn conversation sagte ich: Die hochmüthigen leute pflegten manchmahl albern zeug zu machen, Z. e. Die bauren in Chio geben dem Türckischen Käy- ser iährlich 1000. ducaten daß sie bürger heis- sen, und ienes frauenzimmer gewöhnte sich eine brille zu tragen, damit die leute auf ihre schönheit sehen und sie also distinguireten. Hätte ich diesen satz: Man soll nicht Hurerey treiben, so führte ich entweder einen bessern spruch an als den: Actorum. 15. v. 10. Oder ich erinnerte, daß man nicht hurerey und vom er- stickten oder vom blut essen für einerley halten müsse, sonst dächte ein böser mensch, es habe die hurerey eben so viel auf sich, als wann man blutwürste oder krammts-vögel ässe und ein ein- fältiger könte dencken, beydes wäre so sündlich als die hurerey. Bey den exempeln hütete ich mich, daß ich nicht boßhafftige und listig ausge- sonnene glücklich ausgeführte ob schon bestraffte exempel weitläufftig fürtrüge, denn ein boßhaff- tes gemüth merckt sich eher die art böses zu thun und sinnet auf mittel der straffe zu entgehen, als daß es solte sich durch die straffe schrecken las- sen. Die emblemata müsten recht artig seyn, sonst hält man sie nunmehro fast für difficiles nugas. Wolte ich beweisen was die Catho- licken glaubten, so führte ich keine lehrer unsrer kirchen, sondern ihre libros Symbolicos an. Redete ich für Printzen, so führte ich lieber tu- gendhaffte exempel aus ihrem hause als Hercu- lem, Julium Caesarem und Germanicum an, hingegen nähme ich die exempel lasterhaffter Printzen lieber aus dem grauen alterthum, als aus einem hause davon vielleicht noch nahe an- verwandten lebten. etc. §. 34. Man
und derſelben erfindung. ſolche ebre fuͤr das behaͤltniß einer ſo eng-bruͤſtigen ſeele zu groß ſey. Jn converſation ſagte ich: Die hochmuͤthigen leute pflegten manchmahl albern zeug zu machen, Z. e. Die bauren in Chio geben dem Tuͤrckiſchen Kaͤy- ſer iaͤhrlich 1000. ducaten daß ſie buͤrger heiſ- ſen, und ienes frauenzimmer gewoͤhnte ſich eine brille zu tragen, damit die leute auf ihre ſchoͤnheit ſehen und ſie alſo diſtinguireten. Haͤtte ich dieſen ſatz: Man ſoll nicht Hurerey treiben, ſo fuͤhrte ich entweder einen beſſern ſpruch an als den: Actorum. 15. v. 10. Oder ich erinnerte, daß man nicht hurerey und vom er- ſtickten oder vom blut eſſen fuͤr einerley halten muͤſſe, ſonſt daͤchte ein boͤſer menſch, es habe die hurerey eben ſo viel auf ſich, als wann man blutwuͤrſte oder krammts-voͤgel aͤſſe und ein ein- faͤltiger koͤnte dencken, beydes waͤre ſo ſuͤndlich als die hurerey. Bey den exempeln huͤtete ich mich, daß ich nicht boßhafftige und liſtig ausge- ſonnene gluͤcklich ausgefuͤhrte ob ſchon beſtraffte exempel weitlaͤufftig fuͤrtruͤge, denn ein boßhaff- tes gemuͤth merckt ſich eher die art boͤſes zu thun und ſinnet auf mittel der ſtraffe zu entgehen, als daß es ſolte ſich durch die ſtraffe ſchrecken laſ- ſen. Die emblemata muͤſten recht artig ſeyn, ſonſt haͤlt man ſie nunmehro faſt fuͤr difficiles nugas. Wolte ich beweiſen was die Catho- licken glaubten, ſo fuͤhrte ich keine lehrer unſrer kirchen, ſondern ihre libros Symbolicos an. Redete ich fuͤr Printzen, ſo fuͤhrte ich lieber tu- gendhaffte exempel aus ihrem hauſe als Hercu- lem, Julium Caeſarem und Germanicum an, hingegen naͤhme ich die exempel laſterhaffter Printzen lieber aus dem grauen alterthum, als aus einem hauſe davon vielleicht noch nahe an- verwandten lebten. ꝛc. §. 34. Man
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ſagte ich: Die hochmuͤthigen leute pflegten
manchmahl albern zeug zu machen, Z. e. Die
bauren in Chio geben dem Tuͤrckiſchen Kaͤy-
ſer iaͤhrlich 1000. ducaten daß ſie buͤrger heiſ-
ſen, und ienes frauenzimmer gewoͤhnte ſich
eine brille zu tragen, damit die leute auf ihre
ſchoͤnheit ſehen und ſie alſo diſtinguireten.
Haͤtte ich dieſen ſatz: Man ſoll nicht Hurerey
treiben, ſo fuͤhrte ich entweder einen beſſern
ſpruch an als den: Actorum. 15. v. 10. Oder ich
erinnerte, daß man nicht hurerey und vom er-
ſtickten oder vom blut eſſen fuͤr einerley halten
muͤſſe, ſonſt daͤchte ein boͤſer menſch, es habe die
hurerey eben ſo viel auf ſich, als wann man
blutwuͤrſte oder krammts-voͤgel aͤſſe und ein ein-
faͤltiger koͤnte dencken, beydes waͤre ſo ſuͤndlich
als die hurerey. Bey den exempeln huͤtete ich
mich, daß ich nicht boßhafftige und liſtig ausge-
ſonnene gluͤcklich ausgefuͤhrte ob ſchon beſtraffte
exempel weitlaͤufftig fuͤrtruͤge, denn ein boßhaff-
tes gemuͤth merckt ſich eher die art boͤſes zu thun
und ſinnet auf mittel der ſtraffe zu entgehen,
als daß es ſolte ſich durch die ſtraffe ſchrecken laſ-
ſen. Die emblemata muͤſten recht artig ſeyn,
ſonſt haͤlt man ſie nunmehro faſt fuͤr difficiles
nugas. Wolte ich beweiſen was die Catho-
licken glaubten, ſo fuͤhrte ich keine lehrer unſrer
kirchen, ſondern ihre libros Symbolicos an.
Redete ich fuͤr Printzen, ſo fuͤhrte ich lieber tu-
gendhaffte exempel aus ihrem hauſe als Hercu-
lem, Julium Caeſarem und Germanicum an,
hingegen naͤhme ich die exempel laſterhaffter
Printzen lieber aus dem grauen alterthum, als
aus einem hauſe davon vielleicht noch nahe an-
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Zitationshilfe: | Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/109>, abgerufen am 27.07.2024. |