Die Teutsche urteileten hirbei allso: in wessenvom überfalle, auch überhan- ge der bäume. luft die aeste von einem baume hängen, d. i. wessen erdreich der baum dumpfigt machet, oder beschat- tet, daß der regen, und sonnenschein das erdreich nicht treffen kan, da gehören auch die früchte hin, zur vergeltung. Wenn allso eines andern baum, oder auch einige zweige davon in meinen garten, hof etc überhängen, gebüren mir auch die früchte davon. Die aeste, welche über die zäune auf die landstrassen, und öffentliche wege, auch in meinen grund überhängen, können auch abgehauen wer- den. Bei den landstrassen verordnet der landes- herr dergleichen, und hat das recht darzu; sinte- mal ihm die landstrassen zugehören; bevorab, da sie wohl die wege, wo nicht unbrauchbar, iedoch unansenlich machen. Wofern aber bäume an die landstrassen von den untertanen gesezet werden müs- sen; so fraget sich: wem gehören die früchte da- von? die antwort ist mit unterschide zu geben; die bäume werden entweder an den öffentlichen land- strassen, oder auf die aecker, welche an die land- strassen stossen, gesezet; im ersten falle gehören sie demjenigen, welchem der weg ist; mithin dem obe- ren; und wenn sie auf die aecker überhängen, hat der besizer den überfall; im andern falle stehen sie demjenigen zu, welcher den acker hat. Man sihet bei den Teutschen nicht nach den wurzeln, wie bei den Römern. Daher kan der eigentümer des bodens, auf welchem die wurzeln, und der baum sich befin- det, selbigen abhauen lassen, und der nachbar kan ihn daran nicht hindern; ob er gleich den überhang gehabt hat. Dahingegen im falle der obstbaum im zaune stehet, welcher zwischen 2 gärten ist, gehö- ret jedem besizer der 2 gärten das obst halb, und
wenn
von der ſtadt- u. dorfflure (gemark.)
§ 1748
Die Teutſche urteileten hirbei allſo: in weſſenvom uͤberfalle, auch uͤberhan- ge der baͤume. luft die aeſte von einem baume haͤngen, d. i. weſſen erdreich der baum dumpfigt machet, oder beſchat- tet, daß der regen, und ſonnenſchein das erdreich nicht treffen kan, da gehoͤren auch die fruͤchte hin, zur vergeltung. Wenn allſo eines andern baum, oder auch einige zweige davon in meinen garten, hof ꝛc uͤberhaͤngen, gebuͤren mir auch die fruͤchte davon. Die aeſte, welche uͤber die zaͤune auf die landſtraſſen, und oͤffentliche wege, auch in meinen grund uͤberhaͤngen, koͤnnen auch abgehauen wer- den. Bei den landſtraſſen verordnet der landes- herr dergleichen, und hat das recht darzu; ſinte- mal ihm die landſtraſſen zugehoͤren; bevorab, da ſie wohl die wege, wo nicht unbrauchbar, iedoch unanſenlich machen. Wofern aber baͤume an die landſtraſſen von den untertanen geſezet werden muͤſ- ſen; ſo fraget ſich: wem gehoͤren die fruͤchte da- von? die antwort iſt mit unterſchide zu geben; die baͤume werden entweder an den oͤffentlichen land- ſtraſſen, oder auf die aecker, welche an die land- ſtraſſen ſtoſſen, geſezet; im erſten falle gehoͤren ſie demjenigen, welchem der weg iſt; mithin dem obe- ren; und wenn ſie auf die aecker uͤberhaͤngen, hat der beſizer den uͤberfall; im andern falle ſtehen ſie demjenigen zu, welcher den acker hat. Man ſihet bei den Teutſchen nicht nach den wurzeln, wie bei den Roͤmern. Daher kan der eigentuͤmer des bodens, auf welchem die wurzeln, und der baum ſich befin- det, ſelbigen abhauen laſſen, und der nachbar kan ihn daran nicht hindern; ob er gleich den uͤberhang gehabt hat. Dahingegen im falle der obſtbaum im zaune ſtehet, welcher zwiſchen 2 gaͤrten iſt, gehoͤ- ret jedem beſizer der 2 gaͤrten das obſt halb, und
wenn
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von der ſtadt- u. dorfflure (gemark.)
§ 1748
Die Teutſche urteileten hirbei allſo: in weſſen
luft die aeſte von einem baume haͤngen, d. i. weſſen
erdreich der baum dumpfigt machet, oder beſchat-
tet, daß der regen, und ſonnenſchein das erdreich
nicht treffen kan, da gehoͤren auch die fruͤchte hin,
zur vergeltung. Wenn allſo eines andern baum,
oder auch einige zweige davon in meinen garten,
hof ꝛc uͤberhaͤngen, gebuͤren mir auch die fruͤchte
davon. Die aeſte, welche uͤber die zaͤune auf die
landſtraſſen, und oͤffentliche wege, auch in meinen
grund uͤberhaͤngen, koͤnnen auch abgehauen wer-
den. Bei den landſtraſſen verordnet der landes-
herr dergleichen, und hat das recht darzu; ſinte-
mal ihm die landſtraſſen zugehoͤren; bevorab, da
ſie wohl die wege, wo nicht unbrauchbar, iedoch
unanſenlich machen. Wofern aber baͤume an die
landſtraſſen von den untertanen geſezet werden muͤſ-
ſen; ſo fraget ſich: wem gehoͤren die fruͤchte da-
von? die antwort iſt mit unterſchide zu geben; die
baͤume werden entweder an den oͤffentlichen land-
ſtraſſen, oder auf die aecker, welche an die land-
ſtraſſen ſtoſſen, geſezet; im erſten falle gehoͤren ſie
demjenigen, welchem der weg iſt; mithin dem obe-
ren; und wenn ſie auf die aecker uͤberhaͤngen, hat
der beſizer den uͤberfall; im andern falle ſtehen ſie
demjenigen zu, welcher den acker hat. Man ſihet
bei den Teutſchen nicht nach den wurzeln, wie bei den
Roͤmern. Daher kan der eigentuͤmer des bodens,
auf welchem die wurzeln, und der baum ſich befin-
det, ſelbigen abhauen laſſen, und der nachbar kan
ihn daran nicht hindern; ob er gleich den uͤberhang
gehabt hat. Dahingegen im falle der obſtbaum
im zaune ſtehet, welcher zwiſchen 2 gaͤrten iſt, gehoͤ-
ret jedem beſizer der 2 gaͤrten das obſt halb, und
wenn
vom uͤberfalle,
auch uͤberhan-
ge der baͤume.
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 749. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/773>, abgerufen am 21.11.2024.
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