Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.CXXII h. von den vormunden, bei den Teutschen, die vormundschaft gebürete (§952 fg.), R. pol. o. 1577 tit. 32 § 1 am ende; daher sie auch geborne, angeborne, rechte geborne vormunden genennet, und den gekornen, auch gema- cheten entgegen gesezet wurden; falls die blutsver- wandte nicht in feindschaft, und mißhelligkeit lebe- ten; wie aus disen gründen der herr landgraf Mo- riz zu Hessen in seinem am 15ten jul. 1620 errich- teten testamente zweiffelsone sowohl seine nächsten herren vättern übergangen, und andere zu vormun- den ernennet, auch seiner frau gemalin dabei nicht gedacht hat. Dahingegen hatte auch der herr landgraf Geörge zu Hessen-Darmstadt in seinem lezten willen 1625 verboten: den herrn landgrafen Moriz zu Hessen-Cassel zum landesverweser anzu- nemen; weil er mit ihm in vilerhand wege streitig wäre; nach absterben des herrn landgrafen Wil- helms des Vten gab es grosse mißhelligkeiten über die vormundschaft Wilhelms des VIten mit Darm- stadt. Disemnach hat man auch in verschidenen teutschen landesgesäzen dise sache so weit getriben, daß die blutsverwandte davon nicht befreiet wer- den sollen; wenn sie auch der erbschaft, welche inen künftig gebüren möchte, sich begeben wollten, be- sage der frankfurtischen stadtreformation th. VI tit. I § 7, Jenichen s. 7 fg. Dahingegen entzi- hen auch vile landes- und stadt-gesäze die erbschaft denen blutsverwandten, welche one rechtmässige ur- sachen die vormundschaft nicht übernemen wollen; imgleichen denen, welche um vormunden für ire an- gehörigen nachzusuchen vernachlässiget haben, wo- hin auch wohl die mütter gehören. Schaumburgi- sche polizei-ordn. cap. X. Joh. Rud. Engau de poenis in tutore petendo negligentium, Jena 1748, § 6 fgg. § 18 fg. s. 11 fgg.; welches aber mehr aus den römischen, als aus den alten teutschen rechten sich
CXXII h. von den vormunden, bei den Teutſchen, die vormundſchaft gebuͤrete (§952 fg.), R. pol. o. 1577 tit. 32 § 1 am ende; daher ſie auch geborne, angeborne, rechte geborne vormunden genennet, und den gekornen, auch gema- cheten entgegen geſezet wurden; falls die blutsver- wandte nicht in feindſchaft, und mißhelligkeit lebe- ten; wie aus diſen gruͤnden der herr landgraf Mo- riz zu Heſſen in ſeinem am 15ten jul. 1620 errich- teten teſtamente zweiffelsone ſowohl ſeine naͤchſten herren vaͤttern uͤbergangen, und andere zu vormun- den ernennet, auch ſeiner frau gemalin dabei nicht gedacht hat. Dahingegen hatte auch der herr landgraf Geoͤrge zu Heſſen-Darmſtadt in ſeinem lezten willen 1625 verboten: den herrn landgrafen Moriz zu Heſſen-Caſſel zum landesverweſer anzu- nemen; weil er mit ihm in vilerhand wege ſtreitig waͤre; nach abſterben des herrn landgrafen Wil- helms des Vten gab es groſſe mißhelligkeiten uͤber die vormundſchaft Wilhelms des VIten mit Darm- ſtadt. Diſemnach hat man auch in verſchidenen teutſchen landesgeſaͤzen diſe ſache ſo weit getriben, daß die blutsverwandte davon nicht befreiet wer- den ſollen; wenn ſie auch der erbſchaft, welche inen kuͤnftig gebuͤren moͤchte, ſich begeben wollten, be- ſage der frankfurtiſchen ſtadtreformation th. VI tit. I § 7, Jenichen ſ. 7 fg. Dahingegen entzi- hen auch vile landes- und ſtadt-geſaͤze die erbſchaft denen blutsverwandten, welche one rechtmaͤſſige ur- ſachen die vormundſchaft nicht uͤbernemen wollen; imgleichen denen, welche um vormunden fuͤr ire an- gehoͤrigen nachzuſuchen vernachlaͤſſiget haben, wo- hin auch wohl die muͤtter gehoͤren. Schaumburgi- ſche polizei-ordn. cap. X. Joh. Rud. Engau de poenis in tutore petendo negligentium, Jena 1748, § 6 fgg. § 18 fg. ſ. 11 fgg.; welches aber mehr aus den roͤmiſchen, als aus den alten teutſchen rechten ſich
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CXXII h. von den vormunden,
bei den Teutſchen, die vormundſchaft gebuͤrete (§
952 fg.), R. pol. o. 1577 tit. 32 § 1 am ende;
daher ſie auch geborne, angeborne, rechte geborne
vormunden genennet, und den gekornen, auch gema-
cheten entgegen geſezet wurden; falls die blutsver-
wandte nicht in feindſchaft, und mißhelligkeit lebe-
ten; wie aus diſen gruͤnden der herr landgraf Mo-
riz zu Heſſen in ſeinem am 15ten jul. 1620 errich-
teten teſtamente zweiffelsone ſowohl ſeine naͤchſten
herren vaͤttern uͤbergangen, und andere zu vormun-
den ernennet, auch ſeiner frau gemalin dabei nicht
gedacht hat. Dahingegen hatte auch der herr
landgraf Geoͤrge zu Heſſen-Darmſtadt in ſeinem
lezten willen 1625 verboten: den herrn landgrafen
Moriz zu Heſſen-Caſſel zum landesverweſer anzu-
nemen; weil er mit ihm in vilerhand wege ſtreitig
waͤre; nach abſterben des herrn landgrafen Wil-
helms des Vten gab es groſſe mißhelligkeiten uͤber
die vormundſchaft Wilhelms des VIten mit Darm-
ſtadt. Diſemnach hat man auch in verſchidenen
teutſchen landesgeſaͤzen diſe ſache ſo weit getriben,
daß die blutsverwandte davon nicht befreiet wer-
den ſollen; wenn ſie auch der erbſchaft, welche inen
kuͤnftig gebuͤren moͤchte, ſich begeben wollten, be-
ſage der frankfurtiſchen ſtadtreformation th. VI
tit. I § 7, Jenichen ſ. 7 fg. Dahingegen entzi-
hen auch vile landes- und ſtadt-geſaͤze die erbſchaft
denen blutsverwandten, welche one rechtmaͤſſige ur-
ſachen die vormundſchaft nicht uͤbernemen wollen;
imgleichen denen, welche um vormunden fuͤr ire an-
gehoͤrigen nachzuſuchen vernachlaͤſſiget haben, wo-
hin auch wohl die muͤtter gehoͤren. Schaumburgi-
ſche polizei-ordn. cap. X. Joh. Rud. Engau de
poenis in tutore petendo negligentium, Jena 1748,
§ 6 fgg. § 18 fg. ſ. 11 fgg.; welches aber mehr aus
den roͤmiſchen, als aus den alten teutſchen rechten
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