Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

übergeben, u. anschl. der grundst.
gen seyn würde, solchen zu begeren. Jndeß hatte
der braut stif-vater: Joh. Balthasar Weber,
nach obiger heirat dise jungen eheleute bei sich in
seine behausung genommen, und inen allso bald
die ganze herrschaft übergeben; dargegen sie ihm
zu seinem auszuge, zeit lebens, den freien tisch,
järlich 4 fl. gelt, 20 ellen flächsen tuch, 2 Pfund
wolle, 1/2 maaß butter etc. versprochen. Disen aus-
zug wollten sie dem stif-vater so lange geben, als
es ihm gefalle; wenn es aber ihm bei inen zu blei-
ben länger nicht gefällig wäre; sollte es ihm frei
stehen: sich anderwärts hin zu begeben, wo er
hin wollte, auch zugleich seine ligenden, und bei-
gebrachten güter mitzunemen; allein in disem falle
sollte er keinen auszug weiter bekommen. Ver-
möge des § 4 des eheliches brachte der junge Kühn,
als bräutigam seiner verlobeten braut mit: seine
aelterliche behausung, hofraite, ligende und fa-
rende güter, wie es namen haben möge; und weil
seine aeltern sonst keine kinder hätten; so wollten
sie mit ihm zihen, die herrschaft zusammen ha-
ben, zugleich einnemen, und ausgeben; dahinge-
gen sie des bräutigams aelterliche behausung, und
hofraite verkaufen, und die schulden, auch her-
ausgift mit bezalen; die beide alte aber, als des
bräutigams aeltern, die halbe herrschaft so lange
behalten möchten, als es inen gefällig wäre; wenn
es inen aber nicht mehr gefalle; sollten inen sodann
die junge eheleute einen auszug geben, was recht
und billig wäre, welcher aber nicht erfolget, noch
genossen war. Vilweniger fand sich einige über-
gebung des eigentumes. Daher glaubete der
Christoph Kühn: wasmassen das wort herrschaft
im bemerkten § 4 die übergabe des eigentumes
nicht anzeige; sondern die fürung der haushaltung,
und die unterhaltung der haus-auch landwirschaft;

im-
F f 4

uͤbergeben, u. anſchl. der grundſt.
gen ſeyn wuͤrde, ſolchen zu begeren. Jndeß hatte
der braut ſtif-vater: Joh. Balthaſar Weber,
nach obiger heirat diſe jungen eheleute bei ſich in
ſeine behauſung genommen, und inen allſo bald
die ganze herrſchaft uͤbergeben; dargegen ſie ihm
zu ſeinem auszuge, zeit lebens, den freien tiſch,
jaͤrlich 4 fl. gelt, 20 ellen flaͤchſen tuch, 2 Pfund
wolle, ½ maaß butter ꝛc. verſprochen. Diſen aus-
zug wollten ſie dem ſtif-vater ſo lange geben, als
es ihm gefalle; wenn es aber ihm bei inen zu blei-
ben laͤnger nicht gefaͤllig waͤre; ſollte es ihm frei
ſtehen: ſich anderwaͤrts hin zu begeben, wo er
hin wollte, auch zugleich ſeine ligenden, und bei-
gebrachten guͤter mitzunemen; allein in diſem falle
ſollte er keinen auszug weiter bekommen. Ver-
moͤge des § 4 des eheliches brachte der junge Kuͤhn,
als braͤutigam ſeiner verlobeten braut mit: ſeine
aelterliche behauſung, hofraite, ligende und fa-
rende guͤter, wie es namen haben moͤge; und weil
ſeine aeltern ſonſt keine kinder haͤtten; ſo wollten
ſie mit ihm zihen, die herrſchaft zuſammen ha-
ben, zugleich einnemen, und ausgeben; dahinge-
gen ſie des braͤutigams aelterliche behauſung, und
hofraite verkaufen, und die ſchulden, auch her-
ausgift mit bezalen; die beide alte aber, als des
braͤutigams aeltern, die halbe herrſchaft ſo lange
behalten moͤchten, als es inen gefaͤllig waͤre; wenn
es inen aber nicht mehr gefalle; ſollten inen ſodann
die junge eheleute einen auszug geben, was recht
und billig waͤre, welcher aber nicht erfolget, noch
genoſſen war. Vilweniger fand ſich einige uͤber-
gebung des eigentumes. Daher glaubete der
Chriſtoph Kuͤhn: wasmaſſen das wort herrſchaft
im bemerkten § 4 die uͤbergabe des eigentumes
nicht anzeige; ſondern die fuͤrung der haushaltung,
und die unterhaltung der haus-auch landwirſchaft;

im-
F f 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0479" n="455"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;bergeben, u. an&#x017F;chl. der grund&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
gen &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, &#x017F;olchen zu begeren. Jndeß hatte<lb/>
der braut &#x017F;tif-vater: Joh. Baltha&#x017F;ar Weber,<lb/>
nach obiger heirat di&#x017F;e jungen eheleute bei &#x017F;ich in<lb/>
&#x017F;eine behau&#x017F;ung genommen, und inen all&#x017F;o bald<lb/>
die ganze herr&#x017F;chaft u&#x0364;bergeben; dargegen &#x017F;ie ihm<lb/>
zu &#x017F;einem auszuge, zeit lebens, den freien ti&#x017F;ch,<lb/>
ja&#x0364;rlich 4 fl. gelt, 20 ellen fla&#x0364;ch&#x017F;en tuch, 2 Pfund<lb/>
wolle, ½ maaß butter &#xA75B;c. ver&#x017F;prochen. Di&#x017F;en aus-<lb/>
zug wollten &#x017F;ie dem &#x017F;tif-vater &#x017F;o lange geben, als<lb/>
es ihm gefalle; wenn es aber ihm bei inen zu blei-<lb/>
ben la&#x0364;nger nicht gefa&#x0364;llig wa&#x0364;re; &#x017F;ollte es ihm frei<lb/>
&#x017F;tehen: &#x017F;ich anderwa&#x0364;rts hin zu begeben, wo er<lb/>
hin wollte, auch zugleich &#x017F;eine ligenden, und bei-<lb/>
gebrachten gu&#x0364;ter mitzunemen; allein in di&#x017F;em falle<lb/>
&#x017F;ollte er keinen auszug weiter bekommen. Ver-<lb/>
mo&#x0364;ge des § 4 des eheliches brachte der junge Ku&#x0364;hn,<lb/>
als bra&#x0364;utigam &#x017F;einer verlobeten braut mit: &#x017F;eine<lb/>
aelterliche behau&#x017F;ung, hofraite, ligende und fa-<lb/>
rende gu&#x0364;ter, wie es namen haben mo&#x0364;ge; und weil<lb/>
&#x017F;eine aeltern &#x017F;on&#x017F;t keine kinder ha&#x0364;tten; &#x017F;o wollten<lb/>
&#x017F;ie mit ihm zihen, die <hi rendition="#fr">herr&#x017F;chaft</hi> zu&#x017F;ammen ha-<lb/>
ben, zugleich einnemen, und ausgeben; dahinge-<lb/>
gen &#x017F;ie des bra&#x0364;utigams aelterliche behau&#x017F;ung, und<lb/>
hofraite verkaufen, und die &#x017F;chulden, auch her-<lb/>
ausgift mit bezalen; die beide alte aber, als des<lb/>
bra&#x0364;utigams aeltern, die halbe herr&#x017F;chaft &#x017F;o lange<lb/>
behalten mo&#x0364;chten, als es inen gefa&#x0364;llig wa&#x0364;re; wenn<lb/>
es inen aber nicht mehr gefalle; &#x017F;ollten inen &#x017F;odann<lb/>
die junge eheleute einen auszug geben, was recht<lb/>
und billig wa&#x0364;re, welcher aber nicht erfolget, noch<lb/>
geno&#x017F;&#x017F;en war. Vilweniger fand &#x017F;ich einige u&#x0364;ber-<lb/>
gebung des eigentumes. Daher glaubete der<lb/>
Chri&#x017F;toph Ku&#x0364;hn: wasma&#x017F;&#x017F;en das wort <hi rendition="#fr">herr&#x017F;chaft</hi><lb/>
im bemerkten § 4 die u&#x0364;bergabe des eigentumes<lb/>
nicht anzeige; &#x017F;ondern die fu&#x0364;rung der haushaltung,<lb/>
und die unterhaltung der haus-auch landwir&#x017F;chaft;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 4</fw><fw place="bottom" type="catch">im-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[455/0479] uͤbergeben, u. anſchl. der grundſt. gen ſeyn wuͤrde, ſolchen zu begeren. Jndeß hatte der braut ſtif-vater: Joh. Balthaſar Weber, nach obiger heirat diſe jungen eheleute bei ſich in ſeine behauſung genommen, und inen allſo bald die ganze herrſchaft uͤbergeben; dargegen ſie ihm zu ſeinem auszuge, zeit lebens, den freien tiſch, jaͤrlich 4 fl. gelt, 20 ellen flaͤchſen tuch, 2 Pfund wolle, ½ maaß butter ꝛc. verſprochen. Diſen aus- zug wollten ſie dem ſtif-vater ſo lange geben, als es ihm gefalle; wenn es aber ihm bei inen zu blei- ben laͤnger nicht gefaͤllig waͤre; ſollte es ihm frei ſtehen: ſich anderwaͤrts hin zu begeben, wo er hin wollte, auch zugleich ſeine ligenden, und bei- gebrachten guͤter mitzunemen; allein in diſem falle ſollte er keinen auszug weiter bekommen. Ver- moͤge des § 4 des eheliches brachte der junge Kuͤhn, als braͤutigam ſeiner verlobeten braut mit: ſeine aelterliche behauſung, hofraite, ligende und fa- rende guͤter, wie es namen haben moͤge; und weil ſeine aeltern ſonſt keine kinder haͤtten; ſo wollten ſie mit ihm zihen, die herrſchaft zuſammen ha- ben, zugleich einnemen, und ausgeben; dahinge- gen ſie des braͤutigams aelterliche behauſung, und hofraite verkaufen, und die ſchulden, auch her- ausgift mit bezalen; die beide alte aber, als des braͤutigams aeltern, die halbe herrſchaft ſo lange behalten moͤchten, als es inen gefaͤllig waͤre; wenn es inen aber nicht mehr gefalle; ſollten inen ſodann die junge eheleute einen auszug geben, was recht und billig waͤre, welcher aber nicht erfolget, noch genoſſen war. Vilweniger fand ſich einige uͤber- gebung des eigentumes. Daher glaubete der Chriſtoph Kuͤhn: wasmaſſen das wort herrſchaft im bemerkten § 4 die uͤbergabe des eigentumes nicht anzeige; ſondern die fuͤrung der haushaltung, und die unterhaltung der haus-auch landwirſchaft; im- F f 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/479
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/479>, abgerufen am 16.06.2024.