2 haubtfreiheiten der Teutschen zu bemerken, als 1) das recht der ersten instanz, daß dise den ge- richtsherren von obern, oder benachbarten, auch in lehnssachen von den höchsten. Reichsgerichten nicht geschmälert werden dürfe, noch der ambts- und gerichtspflichtige sich nicht unterwinden solle, sich derselben freiwillig zu entzihen. 2) das pri- vilegium de non evocando, daß z. e. die kaiserliche, und Reichsgerichte die untertanen der Reichsstän- de one grund nicht für sich zihen sollen.
§ 4924
von dem wor- te: gericht, ungericht, ge- richtbark. nach den teutschen rechten, und dessen bedeu- tungen.
Die gerichtbarkeit bedeutet die öffentliche macht: gericht zu halten (§ 4927 des 2ten th.). Die ge- richtbarkeit wurde entweder die nidere, bürgerliche (forensis inferior, ciuilis) genennet, oder die hohe benimet. Die hohe hat ebenfalls mancherlei be- deutungen. Man sprach: das höchste, und nidere gericht. Durch das höchste gericht werden in den mittleren zeiten die peinliche gerichte verstanden, Strubens rechtl. bedenken, im 2ten th. s. 501, und 134. Jn einem bestätigungs- und auflasbrife vom jare 1307 des herzogs Bogislaus in Pom- mern, da das kloster Usdom der von Kamecke lehngut erkaufet hatte, heisset es: cum iudicio mor- tis et sanguinis, colli et manus, ac minoris iusti- cie, qua vulgo quatuor solidorum iudicium nun- cupatur (4 schillingsgericht), Schwarz in der pom- merischen lehnhistori s. 263, und s. 361 * heisset es in einer urkunde vom jare 1338: cum omni iu- re et iurisdictione maiore iure videlicet, et minore puta manus et colli, quod ius etiam vltra Kne- sitzen (nobiles) sicut de aliis hominibus habere de- bent, welche dem kloster zu Bergen auf Rügen erteilet wurde. Fulda belehnet vasallen, über schuld, und schaden zu richten. Dises bedeutet
die
IV buch, I haubtſtuͤck,
2 haubtfreiheiten der Teutſchen zu bemerken, als 1) das recht der erſten inſtanz, daß diſe den ge- richtsherren von obern, oder benachbarten, auch in lehnsſachen von den hoͤchſten. Reichsgerichten nicht geſchmaͤlert werden duͤrfe, noch der ambts- und gerichtspflichtige ſich nicht unterwinden ſolle, ſich derſelben freiwillig zu entzihen. 2) das pri- vilegium de non evocando, daß z. e. die kaiſerliche, und Reichsgerichte die untertanen der Reichsſtaͤn- de one grund nicht fuͤr ſich zihen ſollen.
§ 4924
von dem wor- te: gericht, ungericht, ge- richtbark. nach den teutſchen rechten, und deſſen bedeu- tungen.
Die gerichtbarkeit bedeutet die oͤffentliche macht: gericht zu halten (§ 4927 des 2ten th.). Die ge- richtbarkeit wurde entweder die nidere, buͤrgerliche (forenſis inferior, ciuilis) genennet, oder die hohe benimet. Die hohe hat ebenfalls mancherlei be- deutungen. Man ſprach: das hoͤchſte, und nidere gericht. Durch das hoͤchſte gericht werden in den mittleren zeiten die peinliche gerichte verſtanden, Strubens rechtl. bedenken, im 2ten th. ſ. 501, und 134. Jn einem beſtaͤtigungs- und auflasbrife vom jare 1307 des herzogs Bogislaus in Pom- mern, da das kloſter Usdom der von Kamecke lehngut erkaufet hatte, heiſſet es: cum iudicio mor- tis et ſanguinis, colli et manus, ac minoris iuſti- cie, qua vulgo quatuor ſolidorum iudicium nun- cupatur (4 ſchillingsgericht), Schwarz in der pom- meriſchen lehnhiſtori ſ. 263, und ſ. 361 * heiſſet es in einer urkunde vom jare 1338: cum omni iu- re et iurisdictione maiore iure videlicet, et minore puta manus et colli, quod ius etiam vltra Kne- ſitzen (nobiles) ſicut de aliis hominibus habere de- bent, welche dem kloſter zu Bergen auf Ruͤgen erteilet wurde. Fulda belehnet vaſallen, uͤber ſchuld, und ſchaden zu richten. Diſes bedeutet
die
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f1364"n="1340"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV</hi> buch, <hirendition="#aq">I</hi> haubtſtuͤck,</hi></fw><lb/>
2 haubtfreiheiten der Teutſchen zu bemerken, als<lb/>
1) das recht der erſten inſtanz, daß diſe den ge-<lb/>
richtsherren von obern, oder benachbarten, auch<lb/>
in lehnsſachen von den hoͤchſten. Reichsgerichten<lb/>
nicht geſchmaͤlert werden duͤrfe, noch der ambts-<lb/>
und gerichtspflichtige ſich nicht unterwinden ſolle,<lb/>ſich derſelben freiwillig zu entzihen. 2) das pri-<lb/>
vilegium de non evocando, daß z. e. die kaiſerliche,<lb/>
und Reichsgerichte die untertanen der Reichsſtaͤn-<lb/>
de one grund nicht fuͤr ſich zihen ſollen.</p><lb/><divn="2"><head>§ 4924</head><lb/><noteplace="left">von dem wor-<lb/>
te: gericht,<lb/>
ungericht, ge-<lb/>
richtbark. nach<lb/>
den teutſchen<lb/>
rechten, und<lb/>
deſſen bedeu-<lb/>
tungen.</note><p>Die gerichtbarkeit bedeutet die oͤffentliche macht:<lb/>
gericht zu halten (§ 4927 des 2ten th.). Die ge-<lb/>
richtbarkeit wurde entweder die nidere, buͤrgerliche<lb/>
(<hirendition="#aq">forenſis inferior, ciuilis</hi>) genennet, oder die hohe<lb/>
benimet. Die hohe hat ebenfalls mancherlei be-<lb/>
deutungen. Man ſprach: das hoͤchſte, und nidere<lb/>
gericht. Durch das hoͤchſte gericht werden in den<lb/>
mittleren zeiten die peinliche gerichte verſtanden,<lb/><hirendition="#fr">Strubens</hi> rechtl. bedenken, im 2ten th. ſ. 501, und<lb/>
134. Jn einem beſtaͤtigungs- und auflasbrife<lb/>
vom jare 1307 des herzogs Bogislaus in Pom-<lb/>
mern, da das kloſter Usdom der von Kamecke<lb/>
lehngut erkaufet hatte, heiſſet es: <hirendition="#aq">cum iudicio mor-<lb/>
tis et ſanguinis, colli et manus, ac minoris iuſti-<lb/>
cie, qua vulgo quatuor ſolidorum iudicium nun-<lb/>
cupatur</hi> (4 ſchillingsgericht), <hirendition="#fr">Schwarz</hi> in der pom-<lb/>
meriſchen lehnhiſtori ſ. 263, und ſ. 361 * heiſſet<lb/>
es in einer urkunde vom jare 1338: <hirendition="#aq">cum omni iu-<lb/>
re et iurisdictione maiore iure videlicet, et minore<lb/>
puta manus et colli, quod ius etiam vltra Kne-<lb/>ſitzen (nobiles) ſicut de aliis hominibus habere de-<lb/>
bent,</hi> welche dem kloſter zu Bergen auf Ruͤgen<lb/>
erteilet wurde. Fulda belehnet vaſallen, uͤber<lb/>ſchuld, und ſchaden zu richten. Diſes bedeutet<lb/><fwplace="bottom"type="catch">die</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[1340/1364]
IV buch, I haubtſtuͤck,
2 haubtfreiheiten der Teutſchen zu bemerken, als
1) das recht der erſten inſtanz, daß diſe den ge-
richtsherren von obern, oder benachbarten, auch
in lehnsſachen von den hoͤchſten. Reichsgerichten
nicht geſchmaͤlert werden duͤrfe, noch der ambts-
und gerichtspflichtige ſich nicht unterwinden ſolle,
ſich derſelben freiwillig zu entzihen. 2) das pri-
vilegium de non evocando, daß z. e. die kaiſerliche,
und Reichsgerichte die untertanen der Reichsſtaͤn-
de one grund nicht fuͤr ſich zihen ſollen.
§ 4924
Die gerichtbarkeit bedeutet die oͤffentliche macht:
gericht zu halten (§ 4927 des 2ten th.). Die ge-
richtbarkeit wurde entweder die nidere, buͤrgerliche
(forenſis inferior, ciuilis) genennet, oder die hohe
benimet. Die hohe hat ebenfalls mancherlei be-
deutungen. Man ſprach: das hoͤchſte, und nidere
gericht. Durch das hoͤchſte gericht werden in den
mittleren zeiten die peinliche gerichte verſtanden,
Strubens rechtl. bedenken, im 2ten th. ſ. 501, und
134. Jn einem beſtaͤtigungs- und auflasbrife
vom jare 1307 des herzogs Bogislaus in Pom-
mern, da das kloſter Usdom der von Kamecke
lehngut erkaufet hatte, heiſſet es: cum iudicio mor-
tis et ſanguinis, colli et manus, ac minoris iuſti-
cie, qua vulgo quatuor ſolidorum iudicium nun-
cupatur (4 ſchillingsgericht), Schwarz in der pom-
meriſchen lehnhiſtori ſ. 263, und ſ. 361 * heiſſet
es in einer urkunde vom jare 1338: cum omni iu-
re et iurisdictione maiore iure videlicet, et minore
puta manus et colli, quod ius etiam vltra Kne-
ſitzen (nobiles) ſicut de aliis hominibus habere de-
bent, welche dem kloſter zu Bergen auf Ruͤgen
erteilet wurde. Fulda belehnet vaſallen, uͤber
ſchuld, und ſchaden zu richten. Diſes bedeutet
die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1364>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.