Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

von pachten, verpachten etc.
1760 aber 56 vom hunderte. Es war allso bei
uns die frage: ob dises den pacht aufhebe? Nach
den römischen rechten wird mit nein! geantwortet.
Vermöge der natürlichen, und teutschen rechte aber
gehet es an. Denn, da man dergleichen erhöhung
des geltes damals nicht wissen konnte; so würde
man wider alles recht, und billigkeit handeln, falls
man solches behaubten wollte. Da saget aber nun
der verpachter; wenn das gelt stige; so erhöhe
sich auch der fruchtpreiß; mithin hätte auf dise wei-
se der pachter keinen verlust. Allein dises ist nicht
hinlänglich gegründet. Das gegenteil beweiset
das beispil in Frankreich, allwo die früchte zu den
zeiten des herzoges regentens, ungeachtet der law
oder lau, durch den acrien-handel das gelt in eine
erstaunende höhe gebracht hatte, nicht stigen; son-
dern mehr filen, und der preiß wurde geringer, als
vorher. Dises wird auch in hisigen gegenden
durch die erfarung bestärket. Denn als 1757
die Franzosen hereinkamen, galt das mött kornes
4 fl. 4 und einen halben fl. Das gelt war in sei-
nem ordentlichen wehrte. Nachher kam die frucht
herunter auf 2 und zwei drittel fl. etc. wie aber kei-
ne frucht mehr zu haben war, dann stige sie frei-
lich hoch genug. Hiraus erbricht sich: daß der
fruchtpreis mit dem gelte nicht steige; folglich der
pacht aus dergleichen rechtmäßigen ursachen auf-
gehoben werden könne. Denn weder der ver-
pachter, noch der pachter sind allezeit vermögend,
vorauszusehen: daß die 2 drittel stücke in kurzen
jaren so hoch im aufwechsel steigen würden, noch
können sie vermuten, daß sie durch die verwande-
lung in 4-8 gl. stücke sich so selten machen dürften.
Disem nach schläget bei sotanen umständen der be-
kannte rechtssaz an: wenn die sache in eben den
umständen nicht verbleibet; so ändert sich die ge-

troffe-
III. Teil. N n n n

von pachten, verpachten ꝛc.
1760 aber 56 vom hunderte. Es war allſo bei
uns die frage: ob diſes den pacht aufhebe? Nach
den roͤmiſchen rechten wird mit nein! geantwortet.
Vermoͤge der natuͤrlichen, und teutſchen rechte aber
gehet es an. Denn, da man dergleichen erhoͤhung
des geltes damals nicht wiſſen konnte; ſo wuͤrde
man wider alles recht, und billigkeit handeln, falls
man ſolches behaubten wollte. Da ſaget aber nun
der verpachter; wenn das gelt ſtige; ſo erhoͤhe
ſich auch der fruchtpreiß; mithin haͤtte auf diſe wei-
ſe der pachter keinen verluſt. Allein diſes iſt nicht
hinlaͤnglich gegruͤndet. Das gegenteil beweiſet
das beiſpil in Frankreich, allwo die fruͤchte zu den
zeiten des herzoges regentens, ungeachtet der law
oder lau, durch den acrien-handel das gelt in eine
erſtaunende hoͤhe gebracht hatte, nicht ſtigen; ſon-
dern mehr filen, und der preiß wurde geringer, als
vorher. Diſes wird auch in hiſigen gegenden
durch die erfarung beſtaͤrket. Denn als 1757
die Franzoſen hereinkamen, galt das moͤtt kornes
4 fl. 4 und einen halben fl. Das gelt war in ſei-
nem ordentlichen wehrte. Nachher kam die frucht
herunter auf 2 und zwei drittel fl. ꝛc. wie aber kei-
ne frucht mehr zu haben war, dann ſtige ſie frei-
lich hoch genug. Hiraus erbricht ſich: daß der
fruchtpreis mit dem gelte nicht ſteige; folglich der
pacht aus dergleichen rechtmaͤßigen urſachen auf-
gehoben werden koͤnne. Denn weder der ver-
pachter, noch der pachter ſind allezeit vermoͤgend,
vorauszuſehen: daß die 2 drittel ſtuͤcke in kurzen
jaren ſo hoch im aufwechſel ſteigen wuͤrden, noch
koͤnnen ſie vermuten, daß ſie durch die verwande-
lung in 4-8 gl. ſtuͤcke ſich ſo ſelten machen duͤrften.
Diſem nach ſchlaͤget bei ſotanen umſtaͤnden der be-
kannte rechtsſaz an: wenn die ſache in eben den
umſtaͤnden nicht verbleibet; ſo aͤndert ſich die ge-

troffe-
III. Teil. N n n n
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1321" n="1297"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von pachten, verpachten &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
1760 aber 56 vom hunderte. Es war all&#x017F;o bei<lb/>
uns die frage: ob di&#x017F;es den pacht aufhebe? Nach<lb/>
den ro&#x0364;mi&#x017F;chen rechten wird mit nein! geantwortet.<lb/>
Vermo&#x0364;ge der natu&#x0364;rlichen, und teut&#x017F;chen rechte aber<lb/>
gehet es an. Denn, da man dergleichen erho&#x0364;hung<lb/>
des geltes damals nicht wi&#x017F;&#x017F;en konnte; &#x017F;o wu&#x0364;rde<lb/>
man wider alles recht, und billigkeit handeln, falls<lb/>
man &#x017F;olches behaubten wollte. Da &#x017F;aget aber nun<lb/>
der verpachter; wenn das gelt &#x017F;tige; &#x017F;o erho&#x0364;he<lb/>
&#x017F;ich auch der fruchtpreiß; mithin ha&#x0364;tte auf di&#x017F;e wei-<lb/>
&#x017F;e der pachter keinen verlu&#x017F;t. Allein di&#x017F;es i&#x017F;t nicht<lb/>
hinla&#x0364;nglich gegru&#x0364;ndet. Das gegenteil bewei&#x017F;et<lb/>
das bei&#x017F;pil in Frankreich, allwo die fru&#x0364;chte zu den<lb/>
zeiten des herzoges regentens, ungeachtet der law<lb/>
oder lau, durch den acrien-handel das gelt in eine<lb/>
er&#x017F;taunende ho&#x0364;he gebracht hatte, nicht &#x017F;tigen; &#x017F;on-<lb/>
dern mehr filen, und der preiß wurde geringer, als<lb/>
vorher. Di&#x017F;es wird auch in hi&#x017F;igen gegenden<lb/>
durch die erfarung be&#x017F;ta&#x0364;rket. Denn als 1757<lb/>
die Franzo&#x017F;en hereinkamen, galt das mo&#x0364;tt kornes<lb/>
4 fl. 4 und einen halben fl. Das gelt war in &#x017F;ei-<lb/>
nem ordentlichen wehrte. Nachher kam die frucht<lb/>
herunter auf 2 und zwei drittel fl. &#xA75B;c. wie aber kei-<lb/>
ne frucht mehr zu haben war, dann &#x017F;tige &#x017F;ie frei-<lb/>
lich hoch genug. Hiraus erbricht &#x017F;ich: daß der<lb/>
fruchtpreis mit dem gelte nicht &#x017F;teige; folglich der<lb/>
pacht aus dergleichen rechtma&#x0364;ßigen ur&#x017F;achen auf-<lb/>
gehoben werden ko&#x0364;nne. Denn weder der ver-<lb/>
pachter, noch der pachter &#x017F;ind allezeit vermo&#x0364;gend,<lb/>
vorauszu&#x017F;ehen: daß die 2 drittel &#x017F;tu&#x0364;cke in kurzen<lb/>
jaren &#x017F;o hoch im aufwech&#x017F;el &#x017F;teigen wu&#x0364;rden, noch<lb/>
ko&#x0364;nnen &#x017F;ie vermuten, daß &#x017F;ie durch die verwande-<lb/>
lung in 4-8 gl. &#x017F;tu&#x0364;cke &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;elten machen du&#x0364;rften.<lb/>
Di&#x017F;em nach &#x017F;chla&#x0364;get bei &#x017F;otanen um&#x017F;ta&#x0364;nden der be-<lb/>
kannte rechts&#x017F;az an: wenn die &#x017F;ache in eben den<lb/>
um&#x017F;ta&#x0364;nden nicht verbleibet; &#x017F;o a&#x0364;ndert &#x017F;ich die ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#fr">Teil.</hi> N n n n</fw><fw place="bottom" type="catch">troffe-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1297/1321] von pachten, verpachten ꝛc. 1760 aber 56 vom hunderte. Es war allſo bei uns die frage: ob diſes den pacht aufhebe? Nach den roͤmiſchen rechten wird mit nein! geantwortet. Vermoͤge der natuͤrlichen, und teutſchen rechte aber gehet es an. Denn, da man dergleichen erhoͤhung des geltes damals nicht wiſſen konnte; ſo wuͤrde man wider alles recht, und billigkeit handeln, falls man ſolches behaubten wollte. Da ſaget aber nun der verpachter; wenn das gelt ſtige; ſo erhoͤhe ſich auch der fruchtpreiß; mithin haͤtte auf diſe wei- ſe der pachter keinen verluſt. Allein diſes iſt nicht hinlaͤnglich gegruͤndet. Das gegenteil beweiſet das beiſpil in Frankreich, allwo die fruͤchte zu den zeiten des herzoges regentens, ungeachtet der law oder lau, durch den acrien-handel das gelt in eine erſtaunende hoͤhe gebracht hatte, nicht ſtigen; ſon- dern mehr filen, und der preiß wurde geringer, als vorher. Diſes wird auch in hiſigen gegenden durch die erfarung beſtaͤrket. Denn als 1757 die Franzoſen hereinkamen, galt das moͤtt kornes 4 fl. 4 und einen halben fl. Das gelt war in ſei- nem ordentlichen wehrte. Nachher kam die frucht herunter auf 2 und zwei drittel fl. ꝛc. wie aber kei- ne frucht mehr zu haben war, dann ſtige ſie frei- lich hoch genug. Hiraus erbricht ſich: daß der fruchtpreis mit dem gelte nicht ſteige; folglich der pacht aus dergleichen rechtmaͤßigen urſachen auf- gehoben werden koͤnne. Denn weder der ver- pachter, noch der pachter ſind allezeit vermoͤgend, vorauszuſehen: daß die 2 drittel ſtuͤcke in kurzen jaren ſo hoch im aufwechſel ſteigen wuͤrden, noch koͤnnen ſie vermuten, daß ſie durch die verwande- lung in 4-8 gl. ſtuͤcke ſich ſo ſelten machen duͤrften. Diſem nach ſchlaͤget bei ſotanen umſtaͤnden der be- kannte rechtsſaz an: wenn die ſache in eben den umſtaͤnden nicht verbleibet; ſo aͤndert ſich die ge- troffe- III. Teil. N n n n

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1321
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1321>, abgerufen am 22.11.2024.